Das Leben auf der Alpe hat Bernadette und Max Kotz aus Hinterstein nie losgelassen. Seit Kindertagen sind die beiden mit der Alpwirtschaft im Allgäu verbunden. Kein Wunder, dass es das Ehepaar nach Jahren im Tal wieder zurück an den Berg zog. Genauer gesagt auf die Zipfelsalpe (1.526 Meter) zwischen Hinterstein und Schattwald.
Als 2018 bekannt wurde, dass der vorherige Pächter der Zipfelsalpe aufhört, zögerte das Ehepaar nicht lange und bewarb sich bei der Alpgenossenschaft. Allein waren sie dabei nicht: "Das hat schnell die Runde gemacht", sagt die 32-jährige Bernadette Kotz. Deshalb seien die beiden überrascht gewesen, als sie einige Wochen später die Zusage bekamen. "Die Freude war riesig", sagt die Hüttenwirtin.
Für das Ehepaar, das seit einem Jahr auch Eltern des kleinen Magnus ist, ist mit der Zipfelsalpe ein Traum in Erfüllung gegangen. Gleichzeitig ist es auch eine Reise in die Vergangenheit. Denn Bernadette Kotz ist auf der Alpe Plättle bei Bad Hindelang groß geworden, "mir wurde das in die Wiege gelegt", sagt sie. Auch ihr 32-jähriger Ehemann Max half im Jugendalter schon auf Alpen, beispielsweise im Lechtal. "Auf der Alpe oder unten im Tal - das sind zwei Welten", sagt die Hintersteinerin.

Leben auf der Zipfelsalpe ist (arbeits)intensiv
Das wissen die beiden nur zu gut, denn sie verbrachten einige Jahre im Tal. Bernadette, die gelernte Arzthelferin ist, war zehn Jahre als solche tätig, ehe sie noch eine Weile in der Tourismus-Branche arbeitete. Ihr Mann ist gelernter Elektriker. 2018 nahm das Leben der beiden mit dem Pachtvertrag eine entscheidende Wendung. Die Arbeitstage auf der Zipfelsalpe sind lang. Um 6.30 Uhr geht es für die beiden in den Stall, um dort die Kühe zu melken. Anschließend gibt es ein gemeinschaftliches Frühstück mit den Kleinhirten. Diese kümmern sich bis Mittag ums Vieh.
Parallel bereiten die Hüttenwirte alles für die Gäste vor. Die Hütte hat von Juni bis Ende Oktober täglich ab 10 Uhr geöffnet. Die ersten Gäste kommen meist gegen 11 Uhr auf die Zipfelsalpe. "Wenn aber jemand schon um 8 Uhr nach einem Kaffee fragt, kriegt er auch einen", sagt Bernadette Kotz. Gastfreundschaft ist den Wirten sehr wichtig, zumal viele Gäste nach der Bergtour für ein Mittagessen auf die Zipfelsalpe zurückkehren.

Wirte stellen Quark und Butter selbst her
Dann bietet das Ehepaar beispielsweise die "Zipfelsalp-Brotzeit" an - eine bunt gemischte Platte. Der Renner ist zudem das Quarkbrot mit Tomate. "Den Quark mache ich selber und habe dafür eine besondere Würzung. Die halte ich geheim", sagt die 32-Jährige. Außerdem wird auf der Alpe auch Butter hergestellt. Bis Ende der 60er-Jahre war die Zipfelsalpe eine Sennalpe. Gäste können sowohl eines der selbst gemachten Rohmilchprodukte bestellen oder Produkte aus der Region. Denn die Wirte sind im Verein Alpgenuss und verpflichten sich somit dazu, nur regionale Lebensmittel anzubieten.
Neben Regionalität setzt das Wirte-Ehepaar auch auf Tradition und hofft, dass die Alpwirtschaft im Allgäu weiter Bestand hat. "Das Leben auf der Alpe entschleunigt und man kann zusehen, wie sich die Natur und das Vieh den Sommer über entwickeln", sagt Bernadette Kotz. Außerdem schätzen die beiden die Begegnungen mit den verschiedensten Menschen auf der Zipfelsalpe.

Auf der Terrasse haben wir aber Platz für gut 70 Gäste", sagt Kotz. Und: "Wir haben sehr zufriedene und fitte Gäste". Denn um die Zipfelsalpe zu erreichen, ist eine gewisse Grundkondition erforderlich. "Sie ist nur für jemanden zugänglich, der sich gern bewegt", sagt Kotz. Wer den Aufstieg meistert, wird auch belohnt: "Die Zipfelsalpe liegt in einem wunderschönen malerischen Kessel."

Wege zur Zipfelsalpe
"Bei den Wegen zu uns ist für jeden etwas dabei", sagt die Wirtin. Und welchen besonders schönen Platz empfehlen die Pächter in der Nähe? "Richtig toll ist es auf dem Gipfel vom Bschießer, da gibt es den schönsten Ausblick", sagt die Hintersteinerin.
- Familien mit Kindern empfiehlt die Wirtin, die Wannenjochbahn von Schattwald aus zu nehmen und von der Bergstation zur Alpe zu laufen.
- Wer es mittelmäßig anstrengend mag, ist bei der Wanderung über den Iseler zur Zipfelsalpe richtig.
- Für heiße Tage empfiehlt sich der Wanderweg von Hinterstein aus am Wasserfall entlang.
- Die anspruchvolle Route führt über die Willersalpe über den Ponten und Bschießer zur Zipfelsalpe.
Öffnungszeiten auf der Zipfelsalpe
Von Anfang Juni bis Ende Oktober hat die Alpe von Montag bis Sonntag zwischen 10 Uhr und 17 Uhr geöffnet. Einen Ruhetag gibt es nicht. Im Oktober ist die Alpe allerdings nur bei guter Witterung geöffnet.
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