Frage: Mit der DLRG verbindet man Rettungseinsätze im Wasser. Wie kam's dazu, dass Sie jetzt sozusagen auf gefrorenem Wasser gefordert waren und Schnee von Dächern in Traunstein schippen mussten?
Tobias Eßmann: Wir haben den Einsatz kurzfristig am Samstagabend bekommen. Am Sonntag frühmorgens um vier Uhr sind wir von Memmingen nach Traunstein aufgebrochen. Wir waren zu viert und haben unterwegs noch andere DLRGler aufgesammelt. Unser Auftrag lautete, die örtlichen THW-Helfer zu ersetzen, die im Dauereinsatz waren und dringend eine Pause benötigten. Deshalb wurden aus ganz Bayern sechs Wasserrettungszüge der DLRG mit über 300 Personen ins Katastrophengebiet entsandt.

Wie haben Sie die Lage vor Ort wahrgenommen? Lag wirklich so viel mehr Schnee als bei uns im Allgäu?
Eßmann: Es war viel Schnee - mehr als bei uns. Das große Problem aber: Es war sehr schwerer Schnee! Es hatte bereits zweimal draufgeregnet und der Schnee hatte entsprechend viel Wasser gezogen. Das Zeug musste also dringend runter von den Dächern.
Die Lage:
Schnee, viel Schnee hat's im Allgäu rund um das vergangene Wochenende gegeben. Doch trotz
Lawinenabgang in Balderschwang
und
Dauerbereitschaft der Winterdienste
kam unsere Region glimpflich davon. Nicht so das Berchtesgadner Land oder die Landkreise Miesbach und Traunstein. Sie wurden zu Katastrophengebieten erklärt - der Kampf gegen die Schneemassen auf Dächern war ein Wettlauf gegen die Zeit. Der war nur zu gewinnen, weil auch ehrenamtliche Helfer aus dem Allgäu angepackten. Außer den Memminger DLRGlern waren unter anderem Kräfte aus dem Oberallgäu und das Technische Hilfswerk aus der Region vertreten. Allein das THW Füssen schickte sieben seiner Mitglieder ins Berchtesgadner Land.
Und dann hieß es schippen. Welche Gebäude mussten Sie von der Schneelast befreien?
Eßmann: Wir von der DLRG waren auf Gaststätten und einem Hotel im Einsatz. Die Feuerwehr hat uns mit der Drehleiter rauf aufs Dach befördert und dann ging's los. Auf dem Hotel haben wir vier Stunden lang geräumt - und weil es weiter geregnet hat, war ich bald komplett durchnässt. Trotzdem war es ein tolles Erlebnis...
Was ist das Besondere an solch einem Einsatz?
Eßmann: Zum einen ist es nicht alltäglich. Es wurde ehrenamtlich Leute zum Schneeschaufeln gesucht, und wir waren verfügbar und haben uns gerne bereit erklärt. Es ist auch ein Erlebnis, gesichert dort oben auf einem Dach zu stehen. Wie ein Strömungsretter im Wasser waren wir mit spezieller Sicherungstechnik an einem Seil befestigt. Außerdem hat die Abstimmung mit den Behörden und anderen Organisationen sehr gut funktioniert.
Wie haben die Leute auf Ihre Hilfe im Winterchaos reagiert?
Eßmann: Sehr gut. Wir wurden auch rundum gut versorgt und verpflegt durch die Gastwirte, deren Dächer wir vom Schnee befreit haben. Auch der Hotelier, auf dessen Dach ich im Einsatz war, zeigte sich sehr dankbar. Das ist im Ehrenamt leider nicht immer selbstverständlich...

Wann ging es für Sie zurück ins Allgäu?
Eßmann: Am späteren Abend. Gegen Mitternacht und nach rund 20 Stunden auf den Beinen waren wir wieder zurück in Memmingen.
Zu guter Letzt: Einsätze bei Kälte oder gar im eiskalten Wasser sind Sie ja gewohnt. Wie schützt man sich am besten, wenn man derzeit länger draußen sein muss?
Eßmann: Am besten durch gute Kleidung. Wenn man viel draußen unterwegs ist, härtet man mit der Zeit auch ab. Wir machen viel Schwimmtraining und jedes Jahr eine Eisrettungsübung. Im Laufe der Zeit kann man die Kälte dann ausblenden. Wirklich der Atem stockt mir nur noch beim Eistauchen (lacht)...
Im vergangenen Jahr war allgaeu.life bei einer Eisrettungsübung der Unterallgäuer DLRG dabei - sieh hier unser Video: