Armin Lang hat seinen Absprung genau geplant. Der 62-Jährige wünschte sich nichts mehr, als nach der Schlüsselübergabe einfach in den Zug nach München zu steigen und ins Theater zu gehen. So hat es der Schwangauer Ende vergangenen Jahres auch gemacht. Lang war 34 Jahre Besitzer des Kiosks unterhalb von Schloss Neuschwanstein und hat diesen kurz vor Jahreswechsel an seinen Nachfolger übergeben.
Keine leichte Aufgabe, schließlich hat sein Opa den Kiosk 1934 übernommen und seitdem war das Geschäft ein Familienbetrieb. „Ich bin in den Laden reingewachsen, da war es selbstverständlich, dass ich ihn mal übernehme“, sagt Lang.
Ich fand ihn so bodenständig, der hatte überhaupt keine Starallüren.Armin Lang über seinen "Stargast" Felix Magath
Erlebt hat er viel in dieser Zeit. Da war beispielsweise eine Kanadierin, die über die Maßen eingekauft hatte und die Rechnung in acht verschiedenen Währungen bezahlte. Oder Felix Magath, ehemaliger Trainer des FC Bayern München, der kurz nach seinem Ende beim FCB mit seinem Sohn den Laden betrat, um ein Puzzle zu kaufen – natürlich mit dem Schloss als Motiv. „Ich fand ihn so bodenständig, der hatte überhaupt keine Starallüren“, sagt Lang. Er habe Magath noch alles Gute für die persönliche Zukunft gewünscht.
Eine andere Geschichte, an die er sich heute noch gut erinnert, ist ein Kioskbesuch Ende der 1960er Jahre von Semjon Zarapkin, damaliger sowjetischer Botschafter. Lang war als Zehnjähriger gerade mit seiner Mutter aus den Bergen gekommen, als sein Vater schwer beschäftigt den Politiker bediente. Mein Vater flüsterte nur: „Das war der Zarapkin“, sagt Lang. Das sei zu Zeiten des Kalten Krieges gewesen. „Die Sowjetunion galt damals als das große Ungeheuer“, betont der gelernte Kaufmann. Am Schloss sei alles für den Besuch vorbereitet gewesen, aber Zarapkin habe sich als normaler Bürger unter die Führungen gemischt. „So hat das am Schloss gar keiner mitbekommen“, erinnert sich Lang.

Fast hätte Lang auch eine Statistenrolle in dem Kinofilm „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“, durch den Schloss Neuschwanstein erst so richtig weltbekannt wurde, bekommen – „wäre ich damals ein paar Zentimeter größer gewesen“, erinnert sich Lang.
Er hat Millionen Touristen rein- und rausgehen sehen. Gekauft haben sie viel. „Schneekugeln, die sind früher schon gut gegangen, die gehen auch heute noch“, weiß Lang. Ein Dauerbrenner seien auch Rindenbilder, also bemalte Birkenholzscheiben. „Die hat mein Opa schon im Sortiment gehabt“, sagt Lang. In den vergangenen Jahren sei vor allem die Nachfrage nach Magneten gestiegen. 1.500 Produkte von Neuschwanstein hatte er im Sortiment.
Schneekugeln, die sind früher schon gut gegangen, die gehen auch heute noch. Armin Lang über seinen Touri-Verkaufsschlager
Als Kind war er total begeistert vom Schloss. Aber es ist schon eine Weile her, dass der 62-Jährige die Räume von innen gesehen hat. „1980 war ich mit Freunden bei einer Führung dabei. Da war ich so enttäuscht, weil es so dunkel in den Räumen war, dass ich seitdem nicht mehr drinnen war“, sagt Lang. Interessieren würden ihn vor allem die Räume, die nicht mehr fertiggestellt wurden.
Aufhören wollte Lang eigentlich schon mit 56. Damals habe er dann aber die Zusage von der Schlossverwaltung bekommen, einen neuen, etwas größeren Laden aufmachen zu können. „Darauf wollte ich mich dann noch mal konzentrieren“, sagt Lang. Sechs Jahre hat er noch weiter gemacht. „Den neuen Laden auf Vordermann zu bringen, ist ja auch mein Lebenswerk“, resümiert er.
Im Juli vergangenen Jahres hatte er dann genug. „Da gab es plötzlich diesen Knackpunkt, dass ich es nicht mehr erwarten konnte, dass Schluss ist“, erinnert sich Lang. Er möchte jetzt sein Haus herrichten, in dem die Familie 70 Jahre lang auch die Ware für den Kiosk gelagert hatte. „Als ich die Sachen an meinen Nachfolger übergeben hatte, war das ein urkomisches Gefühl“, sagt Lang. Keine richtige Erleichterung, keine Freude - und vor allem auch kein Wehmut. Armin Lang hat abgeschlossen - im doppelten Sinn.