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Allgäuer Fierantin verrät: Das macht erfolgreiche Marktleute aus

Seit 32 Jahren dabei

Allgäuer Fierantin verrät: Das macht erfolgreiche Marktleute aus

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    Seit 32 Jahren ist Anneliese Nowotny mit ihrem Kult-Stand "Zum Wurzelsepp" auf dem Memminger Jahrmarkt. Die 64-Jährige ist auch Hüttenwirtin am Mittag bei Immenstadt.
    Seit 32 Jahren ist Anneliese Nowotny mit ihrem Kult-Stand "Zum Wurzelsepp" auf dem Memminger Jahrmarkt. Die 64-Jährige ist auch Hüttenwirtin am Mittag bei Immenstadt. Foto: Daniel Halder

    1. Angebot & Nachfrage: Biete nur an, was die Leute wirklich wollen

    Vieles, was auf Messen und Märkten angeboten wird, benötigt man ja nicht wirklich: Der supertolle Gurkenhobel, der einzigartige Fensterreiniger - nice to have, aber kein Muss. Bei den Waren von Anneliese Nowotny ist das nicht anders: Ihre Brotzeitbrettl, Schlüsselanhänger, Fliegenklatschen oder Ansteckklammern - allesamt aus Holz - BRAUCHEN die Leute nicht, aber sie WOLLEN sie haben! Denn es sind nette Souvenirs, die perfekt zum Allgäu passen und die von Standinhaberin auf die individuellen Wünsche der Kundschaft ausgerichtet werden. Und damit sind wir schon beim zweiten Punkt

    2. Biete das Besondere

    Anneliese Nowotny graviert eine Liebesbotschaft in ein Holzherz. So bekommt jedes Geschenk eine persönliche Note.
    Anneliese Nowotny graviert eine Liebesbotschaft in ein Holzherz. So bekommt jedes Geschenk eine persönliche Note. Foto: Daniel Halder

    Einen flotten Spruch, den eigenen Namen, eine süße Liebesbotschaft: Anneliese Nowotny graviert auf Wunsch jeden ihrer Holzartikel am Stand vor den Augen ihrer Kunden. Beim Besuch des allgaeu.life-Reporters lässt gerade ein junger Mann ein Herz aus Holz mit der Botschaft versehen: "Bleib für immer bei mir." Da wird sich die Liebste freuen! "Die Leute finden es toll, wenn sie etwas Persönliches schenken können", sagt die Marktfrau. Der große Renner bei den Viehscheiden in Oberstaufen, Immenstadt, Maierhöfen und Thalkirchdorf, auf denen sie ebenfalls vertreten ist, sind Ansteckklammern für die Tracht. Die gehen auf dem Memminger Jahrmarkt etwas weniger gut, hier gibt es kein Festzelt. "Dafür kaufen die Leute andere Mitbringsel", sagt die 64-Jährige. Übrigens: Die Gravur beim "Wurzelsepp" ist kostenlos, man bezahlt nur für den Artikel.

    3. Suche Dir Stammplätze

    Die Westallgäuerin ist seit 32 Jahren auf dem Memminger Jahrmarkt, ebenso ist sie mit ihrem Stand eine feste Institution auf dem Augsburger Christkindlesmarkt und den oben genannten Viehscheiden. Früher fuhr sie auf Märkte in ganz Deutschland, heute konzentriert sie sich auf ausgewählte Veranstaltungen. So schafft sie Kundenbindung und einen hohen Bekanntheitsgrad. "In Memmingen und Augsburg habe ich viele Stammkunden, die jedes Jahr zu mir kommen und immer wieder was kaufen."

    4. Sei authentisch

    Gewohntes Bild auf dem Memminger Jahrmarkt: Der "Wurzelsepp" steht schon seit Jahren an gleicher Stelle am Schweizerberg.
    Gewohntes Bild auf dem Memminger Jahrmarkt: Der "Wurzelsepp" steht schon seit Jahren an gleicher Stelle am Schweizerberg. Foto: Daniel Halder

    Freundlich, geduldig, hilfsbereit - Anneliese Nowotny hat für jeden Besucher ein offenes Ohr. Egal, ob der schließlich was kauft oder sich nur umschaut. Was sie aber nie machen würde: marktschreierisch ihre Waren anpreisen. "Das wäre mir zu anstrengend", sagt sie lachend. "Außerdem passt das auch nicht zu mir, das wäre nicht authentisch." Lieber hilft sie in einem persönlichen Gespräch weiter.

    5. Liebe Deine Arbeit und Dein Produkt

    Im Alter von 21 Jahren hat Anneliese Nowotny geheiratet, wenig später übernahm sie die Alpe Obere Kalle bei Immenstadt. Es folgten Stationen als Hüttenwirtin auf der Oberstiegalpe in Steibis und als Betreiberin eines Gasthauses in Scheidegg. Schon in dieser Zeit entdeckte sie ihre Leidenschaft für Holzkunst. Ihr inzwischen verstorbener Mann fertigte viele Werke selbst und verkaufte sie an Touristen. So entstand die Idee, einen Marktstand mit Deko- und Geschenkartikeln aus Holz zu betreiben. "Da ist auch ein Stück Idealismus dabei", sagt die Fierantin. Reich macht der "Wurzelsepp" nicht, aber Anneliese Nowotny hat Spaß bei der Arbeit, mag ihre Produkte und schätzt den Umgang mit Kunden und Kollegen.

    6. Jammern gilt nicht

    Diese Klammern (noch ohne Gravur) sind besonders auf den Viehscheiden der Renner.
    Diese Klammern (noch ohne Gravur) sind besonders auf den Viehscheiden der Renner. Foto: Daniel Halder

    Die Arbeit auf einem Markt ist anstrengend. Von vormittags um elf bis abends um 22 Uhr steht die Marktfrau in ihrem Stand, ist den ganzen Tag auf den Beinen. "Außerdem sind wir extrem wetterabhängig", sagt sie. Regnet es die ganze Woche oder ist es zu kalt, brechen ihre Umsätze ein. "Dann haben die Leute ihre Hände in den Hosentaschen oder an der Glühweintasse, aber kaufen nichts." Abgesehen davon ist es alles andere als angenehm, wenn man selbst bei niedrigen Temperaturen oder pfeifendem Wind elf Stunden im Freien steht. Abhilfe schafft ein Gasofen im Stand und eine Portion Pragmatismus. Jammern gilt nicht, ein guter Markthändler nimmt es, wie es kommt.

    7. Pflege gute Kontakte zu den Behörden

    Die Standplätze auf dem Memminger Jahrmarkt oder dem Christkindlesmarkt in Augsburg sind begehrt: Bis zum 30. November dieses Jahres muss sich Anneliese Nowotny bereits wieder bewerben, will sie auch kommendes Jahr in Memmingen vertreten sein. Ihr Vorteil: Nach 32 Jahren ist sie auch bei den Behörden bestens bekannt, man vertraut ihr. "Ich habe mir nie was zu Schulden kommen lassen, das hilft." Denn die Stadtverantwortlichen schauen genau hin, ob die Vorschriften wie Öffnungszeiten etc. eingehalten werden.

    8. Vertraue auf Deine Prinzipien

    Spaß bei der Arbeit: Die Markfrau steht gerne in ihrem Stand und spricht mit den Besuchern.
    Spaß bei der Arbeit: Die Markfrau steht gerne in ihrem Stand und spricht mit den Besuchern. Foto: Daniel Halder

    Da das Geld bei den Leuten nicht mehr locker sitzt, achtet die Standbetreiberin auf faire Preise. Die kleine Holzfigur darf gerade so viel kosten, dass Papa oder Mama nicht zögern, wenn ihr Sprößling darauf zeigt. Wer zu teuer ist oder abzocken will, hat zumindest auf den Märkten im Allgäu keine Chance. Einem weiteren Prinzip bleibt die Fierantin treu: Gefeilscht wird bei ihr nicht. "Manche Kunden versuchen es schon, aber auch das passt nicht zu mir. Ich setze auf Verlässlichkeit."

    9. Schaffe Dir ein weiteres Standbein

    Seit fünfeinhalb Jahren betreibt Anneliese Nowotny mit ihrem Partner Benno die Hütte an der Mittelstation am Mittag südlich von Immenstadt. Nachdem sie viele Jahre hauptberuflich auf den Märkten in ganz Deutschland unterwegs war, fasste sie 2011 den Beschluss: "Ich will unbedingt noch mal als Hüttenwirtin arbeiten." Lustiger Zufall: Auf einem Markt in Hochheim am Main erfuhr sie von ihrem Standnachbarn, dass in ihrer Allgäuer Heimat am Mittag ein Wirt gesucht wird. Die Westallgäuerin erhielt den Zuschlag und bekocht und bewirtet seitdem Wanderer, Mountainbiker und Ausflügler. "Mir machen beide Jobs gleich viel Spaß, auch wenn man sie nicht miteinander vergleichen kann", sagt sie. Ist sie auf den Märkten unterwegs, kümmert sich ihr Lebensgefährte alleine um die Hütte.

    10. Kenne Deine Grenzen

    Bei aller Liebe zum Beruf: In wenigen Wochen wird Anneliese Nowotny die Arbeit auf dem Mittag aus Altersgründen aufgeben. Auch auf den Märkten will sie kürzer treten, künftig wird sie noch mehr auf Ansteckklammern als Produkt setzen. Die sind handlicher und nicht so schwer zu transportieren wie die größeren Artikel. "Ich bin jetzt 64 und will die nächsten Jahre noch mehr zum Wandern gehen und die Zeit hier im Allgäu genießen." Trotzdem wird man sie mit ihrem "Wurzelsepp"-Stand auch künftig auf ihren Stamm-Märkten antreffen: "Solange es Spaß macht und ich fit bin. Gesundheit ist das Wichtigste..."

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