Globalisierung, Internationalisierung, Interdisziplinarität, Digitalisierung: Die Welt wird immer komplexer. Das gilt nicht nur für die Industrie, sondern auch für das Handwerk und sogar für soziale Berufe. Die Veränderungsprozesse erfolgen in großer Geschwindigkeit. Da besteht die Gefahr, den Überblick zu verlieren. Deshalb ist die Zusammenarbeit zwischen Bildung und Wirtschaft unverzichtbar, hieß es gestern bei der 19. Allgäuer Hochschulmesse in Kempten. Dementsprechend lautete das Motto diesmal auch „Vernetzung als Zukunftskonzept.“
Die Anziehungskraft der Allgäuer Hochschulmesse ist ungebrochen. 140 Aussteller waren diesmal wieder dabei – aber doppelt so viele Anfragen nach einem Standplatz hatten vorgelegen. „Aufgrund von Sicherheitsauflagen können wir aber nicht mehr Firmen und Organisationen aufnehmen“, sagte Hochschul-Pressesprecherin Sybille Adamer.

Groß war der Zulauf auch unter den Besuchern. Nicht nur tausende Schüler, die sich für ein Studium interessieren, informierten sich auf dem Kemptener Campus. Auch die Studierenden selbst schauten sich um, vor allem, was die anderen Fakultäten zu bieten haben. Das war auch ganz im Sinne der Organisatoren, wie bei einer Podiumsdiskussion zu Beginn der Hochschulmesse zu hören war.
Präsident Professor Dr. Robert F. Schmidt, der seit 30 Jahren an der Kemptener Wissenschmiede wirkt, erinnerte daran, dass früher die Fakultäten „relativ isoliert“ gewesen seien. Jedes Fachgebiet lehrte und forschte so vor sich hin. Das habe sich inzwischen deutlich verändert. Die Fakultäten vernetzten sich zunehmend und der interdisziplinäre Austausch schreite voran. „Denn neben einem fundierten Fachwissen sind heute für die Absolventen viele andere Fähigkeiten notwendig. Etwa soziale Komponenten, Teamfähigkeit, Flexibilität“, sagte Schmidt.
Das sah auch Dr.-Ing. Rainer Stetter, Geschäftsführer des Münchner Software-Spezialisten ITQ so. „Ein guter Koch braucht von allem ein bisschen was“, sagte Stetter. Das gelte auch für andere Berufe. Und genauso wichtig ist laut des ITQ-Chefs die Fähigkeit, miteinander umgehen zu können. Das spiele besonders in der Zusammenarbeit mit Menschen aus anderen Kulturkreisen eine Rolle: „In China reicht es eben nicht, nur die Visitenkarten auszutauschen ...“.
Auf die Frage von Moderator Christian Dosch (Projektleiter von Allgäu Digital), was denn die Region für die Vernetzung von Bildung und Wirtschaft tut, antwortete der Aufsichtsratsvorsitzende der Allgäu GmbH Anton Klotz: „Wir haben schon vor Jahren das Kirchturmdenken in der Region überwunden. Und unser Ziel ist es, alle Schultypen bis hinauf zur Hochschule zu vernetzen.“ Denn kein junger Mensch, kein Talent dürfe durchs Raster fallen und der Region verloren gehen. Dazu sei der Fachkräftebedarf viel zu hoch.
Den Nachwuchs für das eigene Unternehmen zu sichern, war denn auch das große Anliegen aller ausstellenden Firmen. So wurden an den Ständen Praktika und Themen für Bachelor- oder Masterarbeiten ebenso angeboten, wie Stellen für die Hochschul-Abgänger. Und den vollen Durchblick gab es bei der Allgäuer Hochschulmesse natürlich auch: Auf dem Freigelände durften Besucher bei der Fakultät Maschinenbau eine Umkehr-Brille aufsetzen, die alles spiegelverkehrt und auf dem Kopf stehend zeigte.
Umdenken und Neuorientierung war dabei gefragt. Ziel dieser spielerischen Übung sei, wie Professor Dr. Thomas Eimüller erklärte, die Erkenntnis zu gewinnen, dass das Gehirn umschalten kann. Auch wenn das einige Zeit dauere. Ganz im Sinne von Flexibilität, Interdisziplinarität und Veränderung des Blickwinkels für ein Problem.