Während eines Spaziergangs Mitte November sah sie ihn am Straßenrand liegen. Einen kleinen Igel, zu dünn und völlig unterkühlt. Ingeborg von Rumohr war gleich klar, dass sie ihn mit nach Hause nehmen muss. Dort wärmte sie ihn auf, gab ihm Fressen und wollte ihn über den Winter bei sich behalten. Doch der Kleine überlebte nicht. "Es ist nicht ganz so einfach", sagt von Rumohr über die Pflege der stacheligen Tiere. Daher möchte sie nun anderen zur Seite stehen, wenn sie Igeln helfen.
"500 Gramm sind die Schallgrenze", betont der Tierarzt Martin Schwarz. Daher gilt: Wer einen Igel findet, sollte ihn erst mal wiegen. Liegt sein Gewicht unter diesem Wert, hat er nicht genügend Fettreserven für den Winterschlaf angesammelt und braucht Hilfe. Gleichzeitig können auch noch gesunde, wohlgenährte Igel im Winter unterwegs sein, "gerade in Zeiten, in denen wenig Schnee liegt". Ihren Winterschlaf unterbrechen sie hin und wieder, um sich auf die Suche nach Futter zu machen, erklärt Schwarz. Ein solcher Igel gehört als Wildtier nicht ins Haus.
Unter 500 Gramm ist der Igel unterernährt
Ganz anders sieht es hingegen bei den unterernährten Tieren aus. "Wenn man sie nicht mit nach Hause nimmt, sterben sie", betont von Rumohr. Wegen des anfangs milden Wetters, vermutet sie noch viele hilfsbedürftige Igel im Freien. In der näheren Umgebung gibt es jedoch keine Stellen, die Igel aufnehmen könnten. Weder Tierheime noch Tierärzte verfügen über die nötigen Kapazitäten. "Momentan ist man auf sich selber angewiesen", bedauert Schwarz.
Ein Raum im Tierheim reiche nicht aus, betont er, vielmehr bräuchte es mehrere Zimmer, um die Igel getrennt zu pflegen. Ansonsten könnten sich Krankheiten leicht verbreiten. Nur bei der ersten Versorgung, dem Entwurmen und anderen Untersuchungen können die Ärzte weiterhelfen. Schwarz verlangt dafür kein Geld. Das sei aber jedem Arzt freigestellt. Viele berechneten für die Behandlung nichts, jedoch für etwaige Mittel. "Man kann ihm ja auch beispielsweise kein billiges Mittel gegen Lugenwürmer geben", sagt Schwarz - das helfe dem Tier schlicht nicht weiter.
Wärme, Futter, Tierarzt
Rund 30 Jahre lang hat Lieselotte Adrian Igel über den Winter gebracht. Aus gesundheitlichen Gründen muss sie dieses Jahr pausieren. Doch Ratschläge gibt sie nach wie vor gerne. "Man braucht keine großen Kenntnisse", betont sie. Ist ein Igel unterkühlt, muss er zuerst auf eine Wärmequelle gesetzt werden, beispielsweise auf eine abgedeckte Wärmflasche. Anschließend sollte der Finder ausprobieren, ob er Futter annimmt. Adrian selbst setzt dabei etwa auf Katzenfutter, Rinderhackfleisch oder Rührei mit etwas Salatöl. Bei Trockenfutter sollte immer genügend Wasser dabei sein.
Nach dem Besuch beim Tierarzt gilt es, ein temporäres zu Hause für den stacheligen Gast zu schaffen. Ein Karton sollte reichen, jedoch groß genug und mindestens 40 Zentimeter hoch sein, meint Adrian. Sie selbst legt diesen mit Zeitungspapier aus, Schwarz empfiehlt hingegen Laub. Während der Tierarzt 15 Grad für "vernünftig" hält, haben die Tiere bei Adrian im Zimmer bei Raumtemperatur gewohnt. Zeigt der Igel keine Anzeichen für eine Krankheit, findet Schwarz einen Schlafplatz im Keller völlig in Ordnung. "Wenn man sie zu warm hält, bekommt man sie später nicht mehr raus", warnt er.
Genauso wichtig wie die Hilfe beim Überwintern, sind naturbelassene Gärten, da sind sich von Rumohr, Adrian und Schwarz einig. Denn nur so finden die Igel unter Reisig-und Laubhaufen einen Platz für ihren Winterschlaf. Gepflegte Gärten, in denen Pflanzen- oder Schneckengifte zum Einsatz kommen, bedeuten für die Igel hingegen das Aus. Adrian empfiehlt zudem, nach der Auswilderung noch einige Tage Futter bereitzustellen.
Ansprechpartner Ratschläge für die Igelpflege geben Ingeborg von Rumohr unter 08346/1472 (12 bis 18 Uhr) und Lieselotte Adrian unter 08341/12713. Marlene Müller aus Mindelheim nimmt zudem auch Tiere auf, erreichbar ist sie unter 08261/9785.