Es gibt sie noch, die Menschen, die heute dazu stehen, dass sie früher mal Fans der Kelly Family waren. Eine davon ist Manuela Klotz aus Memmingen. Die 38-Jährige war im März 1996 dabei, als die Iren an einem Samstag bei zwei Konzerten innerhalb eines Tages über 10.000 Menschen (!) in die Memminger Eissporthalle lockten. Bei uns spricht sie über den damaligen Hype, verrät weshalb sie Kelly-Fan wurde und setzt sich tapfer gegen den nicht wohlgesonnenen Fragesteller durch ...
Frage: Erst mal vielen Dank, dass Du bei unserem Interview mitmachst. Ist es Dir denn echt nicht peinlich, dass Du früher Kelly-"Ultra" warst...?

Manuela: (lacht) Naja, es hat ja jeder so seine Jugendsünden. Es gibt Schlimmeres... Lieber ging ich zu den Kellys, als mich jedes Wochenende zu besaufen...
Also ich hätte dann ja eher... Lassen wir das. Aber ich muss Dich warnen: Ich war totaler Kelly-Hasser! Sie haben extrem polarisiert: Entweder man liebte sie, oder man konnte sie auf den Tod nicht ausstehen...
Manuela: Genau das ist es. Sie waren so anders als alle anderen Stars damals, echte Außenseiter. Und da die Kellys bei den „Nicht-Fans“ so verschrien waren, sich alle Welt über die 'Assis' und 'Flohträger' lustig machte, hat mich das nur noch mehr bestärkt. Dieses Außergewöhnliche hat mich angezogen.
Okay, dass "Stars" außergewöhnlich sein müssen, verstehe ich ja. Aber die Kellys waren nicht außergewöhnlich, sondern einfach nur mittelmäßig, spießig und höchst gewöhnlich. Wenn ich nur an diese dicke Maite denke. Und dann diese Klamotten...
Manuela: Damit konnte ich mich auch nicht so wirklich identifizieren und fand es auch teilweise schrecklich, wie sie rumgelaufen sind. Aber ich mag es, wenn Menschen ihren eigenen Stil haben und dazu stehen. Und sie haben damals ihre Flohmarkt-Klamotten mit Stolz und Überzeugung getragen.
Das scheint mir eine sehr "weibliche" Sichtweise zu sein. Wie bist Du überhaupt zu den Kellys gekommen?
Manuela: Eine Freundin hat mir einen Fernsehauftritt vorgespielt. Angelo und Paddy sangen das Lied "An Angel". Da habe ich Gänsehaut bekommen...

Was für ein übler Schmalzsong! Auf so was stehst Du...?
Manuela: Normalerweise überhaupt nicht! Ich stand schon immer auf richtigen Rock und habe damals sogar Metal gehört. Die Kellys haben eigentlich so gar nicht in meine Musikschiene gepasst. Sie waren wohl eine Art Ausgleich... Ich erinnere mich: Ich hatte damals einen Roller. Auf der einen Seite klebte ein Kelly-Sticker, auf der anderen einer von "Moonspell". Das ist eine portugiesische Black-Metal-Band.
Das wird ja immer besser! Auf wie vielen Kelly-Konzerten warst Du denn?
Manuela: Auf insgesamt acht! Da durfte ich von meinen Eltern aus komischerweise hin, obwohl ich noch minderjährig war. Wahrscheinlich waren die Kellys ihnen tausendmal lieber als Bands wie
Moonspell und Crematory, die ich sonst so hörte. (lacht)
Das wiederum verstehe ich. Hast Du eine Lieblingserinnerung an die Zeit damals?
Manuela: Ja, das Konzert in Memmingen 1996 war krass. Wir saßen schon in der Früh um 6 vor der Eissporthalle, sind auf das Nachmittagskonzert - und als das aus war, sind wir beim Ausgang raus und vorne sofort wieder für das Abendkonzert angestanden.
Verrückt! Hast Du in der Zeit auch Freundschaften mit anderen Hardcore-Fans geschlossen?
Manuela: Klar! Man hat bei den Konzerten ja immer dieselben Mädels getroffen. Wir saßen gemeinsam schon früh morgens vor den Toren, um die besten Plätze zu ergattern, haben zusammen gesungen, Bilder getauscht und über Kelly-Neuigkeiten geplaudert. Ich habe über 500 Zeitungsartikel aus dieser Zeit noch in einer Kiste im Keller. Ich kann mich auch noch erinnern, dass ganz krass mit Fotos gehandelt wurde. Einige Erwachsene haben sich mit Nahaufnahmen von den Kellys bei Konzerten eine goldene Nase verdient.

Coole Geschäftsidee! Und wie blieb die Kelly-Fangemeinde untereinander in Kontakt?
Manuela: Das Internet gab es damals noch nicht und Handys hatten wir auch keine, aber ich hatte bestimmt 20 Brieffreundinnen, mit denen ich mich auf den Konzerten immer wieder getroffen habe. Ein Mädchen, meine damals beste Brieffreundin aus Hessen, hat beim Konzert in Memmingen auch bei mir übernachtet.
Hast Du Deine Idole dann eigentlich auch mal persönlich getroffen. Und Hand aufs Herz: Wer war Dein Lieblings-Kelly?
Manuela: Getroffen habe ich sie leider nie. Die wurden damals von endlos vielen Bodyguards abgeschirmt. Mein Liebling war Joey, der Rocker unter den Kellys! Und Angelo, weil er damals vor dem Stimmbruch eine faszinierende Stimme hatte und ich neidisch auf seine tollen blonden, lockigen Haare war...
Nicht Dein Ernst! Bei dem Kind bekam ich damals immer unterschwellig Aggressionen... Wie lange hat diese "Phase" denn bei Dir angehalten?
Manuela: Das kann ich gar nicht mehr genau sagen, vielleicht so zwei Jahre... Mehr bestimmt nicht. Ich war damals ja schon 16 oder 17 Jahre alt und bin dann aus dem extremen Fan-Sein rausgewachsen.
Dann gibt es ja noch Hoffnung... Aber jetzt, da das Grauen wieder da ist: Würdest Du heute noch in ihr neues Album reinhören?
Manuela: Nicht nur reinhören, ich habe es mir schon auf iTunes vorbestellt. Schon allein der guten alten Zeiten wegen! Und ich würde mir sogar noch ein neuntes Konzert gönnen...
Ich geb's auf! Aber Danke, dass Du Dich so tapfer meinen Fragen gestellt hast...