Mit Sand hat der Allgäuer in der Regel wenig zu schaffen. Sand gibt's am Meer. Wir haben Berge. Vielleicht übt Sand ja gerade deshalb solch eine Faszination auf uns aus. Wir träumen von endlosen Stränden, vom nächsten Sommerurlaub - davon, die Beine endlich mal wieder im warmen Sand auszustrecken. Irgendwo in Griechenland und so, Ihr wisst schon...
Dabei kann man mit dem feinkörnigen Material noch so viel mehr anstellen. Was, das bewies die russische Sandmalerin Irina Titova am Donnerstagabend in der Memminger Stadthalle. Mit ihrer Show "Sandsation" entführte sie das Publikum auf eine heitere Reise: In 80 Bildern um die Welt - frei nach Jules Verne.
Schon vor Beginn der Show begrüßte die rund 300 Besucher ein opulentes Gemälde auf der Leinwand auf der Bühne. Unschwer zu erkennen: das Memminger Rathaus - kunstvoll gestaltet aus unzähligen winzigen Sandkörnern. Man könnte sich das Motiv auch in einem Rahmen an den Wänden der Rathaushalle vorstellen, doch hier liegt der Knackpunkt an Titovas Bildern. Sie sind vergänglich - kaum vollendet, werden sie quasi im Handumdrehen wieder weggewischt.
Rathaus mit der Kehrschaufel entsorgt
Mit einer Kehrschaufel wurde das Memminger Rathaus also entsorgt, Titova brauchte die unterleuchtete Glasplatte für bedeutendere Motive - für weltbekannte Wahrzeichen, Wunder und Traumwelten - die sie in der knapp 90-minütigen Show an die Leinwand projizieren ließ.
Das Prinzip der Show ist einfach, aber wirkungsvoll: Vom Band erzählte die angenehme Stimme von Synchronsprecher Joachim Kerzel die Geschichte von "In 80 Tagen um die Welt". Titova stand ganz am Rand der Bühne, ließ mit filigranen Gesten den Vulkansand auf die Glasplatte rieseln und erweckte daraus mit schnellen Handbewegungen Eiffelturm, Big Ben und ihre Protagonisten Phileas Fogg und Passepartout zum Leben.

In den Bann zog die Zuschauer vor allem die atemberaubende Geschwindigkeit, in der Russin ihre durchdachten und ausgefeilten Motive entstehen ließ. Dass es dennoch in jedem Gemälde etwas zum Entdecken und zum Schmunzeln gab, ist der Detailversessenheit der Künstlerin zu verdanken. Als etwa aus einem Kirchturm mit wenigen Fingerstrichen ein Heißluftballon wurde, ging ein Raunen durchs Publikum.
Noch schneller, wie die Gemälde entstanden, waren sie aber wieder zerstört. Eine Armbewegung, und die Szenerie im Hafen war Brindisi ist ausgelöscht. "Das ist ja das Schöne an diesen Sandbildern. Du kannst sie nicht behalten. Sie sind dadurch immer anders. Es ist so ähnlich wie bei Schmetterlingen. Sie leben nicht lange, aber sie sind wunderschön", erklärt Titova.
"Mal was ganz anderes..."
Nach der Pause entfaltete das Zusammenspiel aus Erzählung, Sandmalerei und augenzwinkerndem Humor noch mehr seine Wirkung. Nun passte auch die Musik besser - für einen Überraschungsmoment sorgte etwa die Titanic-Szenerie, in der die Künstlerin Fogg und seine Angebetete Aouda zu den Klängen von Celine Dion auf den legendären Ozeandampfer zauberte. Und als die Reise um die Erde in San Francisco Station machte, ließ Cat Stevens "Peace Train" das Publikum mit den Füßen mitwippen.
Keine Sensation, wie der Titel anklingen ließ, aber ein überaus kurzweiliger und unterhaltsamer Abend. "Das war mal etwas ganz was anderes", lautete auch das meistgehörte Fazit der Zuschauer am Ende der Show.
