Allgäu Dolly hat noch nie Weihnachten gefeiert. Für sie ist es dieses Jahr das erste Mal. Sie hat im Advent ihre ersten Plätzchen gebacken, den ersten Adventskranz gebastelt und an Heiligabend wird sie ihre ersten Geschenke auspacken.
Dolly ist Au-pair und seit drei Monaten bei Katharina Zinnecker und Norbert Bechteler in Betzigau. Dort passt sie auf deren Kinder Moritz (7), Felix (2) und Alexander (sechs Monate) auf. Sie kommt aus der Mongolei und heißt eigentlich auch nicht Dolly, sondern Dolgursuren Enk-Amgalan.
„Aber das können wir einfach nicht aussprechen, deshalb der Spitzname“, erklärt Zinnecker. Im Gegensatz zu ihren Landsleuten, die überwiegend buddhistisch leben, fühlt sich die 23-jährige Dolly keiner Religion zugehörig. Trotzdem freut sich schon auf das deutsche Weihnachtsfest. Sie hat in ihrem Heimatland Journalismus studiert und dort deutsch gelernt. „Das möchte ich hier verbessern“, sagt sie. Während des au-pairs lernt sie auch die deutsche Kultur kennen, die „so ganz anders ist als die mongolische“, findet sie. Besonders gefällt ihr hier das Wetter: „In meiner Heimat haben wir auch mal minus 40 Grad Celsius. Hier ist es im Vergleich richtig warm.“ Ihre Gasteltern bemühen sich, Dolly das Allgäu näher zu bringen. „Dorffeste stehen fest bei uns im Kalender und manchmal schauen wir uns auch etwas gemeinsam an“, sagt Zinnecker.
Familie Elci aus Kaufbeuren wiederum hat es nicht so mit Allgäuer Kultur. „Wir sind in Deutschland aufgewachsen, kommen aber aus der Türkei“, sagt Yeliz Elci. Die Familie wollte für ihren Sohn Aras, der inzwischen drei Jahre alt ist, ein Au-pair – und fanden nach zwei Fehlversuchen die Kolumbianerin Kimie Zambrano. Inzwischen ist sie längst mit ihrer Au-pair-Zeit fertig und macht ein Freiwilliges Soziales Jahr. Statt ihr ist jetzt Natali Renteria, ebenfalls aus Kolumbien, bei Familie Elci. Sie alle stehen aber noch in Kontakt. Wegen Kimie und Natali möchte die Familie sogar zum ersten Mal Weihnachten feiern. „Wir sind Muslime und normalerweise über die Feiertage in die Türkei geflogen“, erzählt Elci. Doch heuer haben sie eine Hütte gemietet, um die Festtage mit den beiden Mädchen zu verbringen. Denn in deren Heimat sei Weihnachten ein traditionelles, großes Fest, sagt Kimie. „Wir gehen zum Beispiel im Advent jeden Tag auf die Straße und singen zusammen.“ Hier sei die Atmosphäre distanzierter. Die Weihnachtsmärkte treffen aber die Erwartungen der jungen Frauen. „Die warmen Getränke und die Atmosphäre sind sehr schön“, findet Natali.
Für Djeneba Tou ist Weihnachten wiederum Neuland. Die 26-Jährige kommt aus dem afrikanischen Burkina Faso, ist Muslima und seit fast sechs Monaten in Deutschland. Lange war sie das Au-pair von Stephanie Steiner, Gründerin der Isnyer Allgäu Aupair Agentur, der einzigen mit Sitz im Allgäu. Inzwischen unterstützt Djeneba die Familie Burkhard Munera Cepeda in Frauenzell (Oberallgäu), in der vier Kinder leben. Allerdings macht sie das nur noch bis Ende des Jahres, denn im Januar beginnt sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau. „Ich möchte hier bleiben, Arbeit finden und eine eigene Familie gründen“, sagt sie. Dafür sei das Au-pair-Programm eine gute Option, bestätigt auch Stephanie Steiner.
Doch bevor die studierte Germanistin ihre Ausbildungsstelle antritt, steht Weihnachten bevor. Sie freut sich darauf: „Für mich ist das eine Überraschung“, sagt sie und ergänzt: „Die Leute sprechen immer davon, das finde ich schön – und es gibt Geschenke für die Kinder.“