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Auch mit 70 noch am Start: "Ich bin die Allgäuer Fasnets-Omi!"

"Bucki" gibt Gas

Auch mit 70 noch am Start: "Ich bin die Allgäuer Fasnets-Omi!"

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    Bei Marie-Therese Guthmann aus Memmingen dreht sich alles um Hexen: Die 70-Jährige ist das älteste Mitglied der Narrenzunft "Stadtbachhexen" (ca. 135 Mitglieder) und noch immer schwer aktiv.
    Bei Marie-Therese Guthmann aus Memmingen dreht sich alles um Hexen: Die 70-Jährige ist das älteste Mitglied der Narrenzunft "Stadtbachhexen" (ca. 135 Mitglieder) und noch immer schwer aktiv. Foto: Daniel Halder

    Hexen genießen auch in modernen Zeiten nicht den besten Ruf. Bösartig seien sie und hinterlistig. Da nimmt man sich besser in Acht, wenn man das Haus von Marie-Therese Guthmann in Amendingen bei Memmingen betritt.

    Hinter der Glastüre im Eingangsbereich wird der Besucher von einem schaurig-garstigen Hexengesicht empfangen. Dicke hervorquellende Wangen, weit aufgerissene Augen, im Mund nur noch ein einzelner Zahn. In der Ecke steht ein krumm gebogener Besen aus dürrem Holz. Drinnen in der Wohnung ein ähnliches Bild: An den Wänden und von der Decke, überall baumeln kleine, kunstvoll gestaltete Hexenfiguren. Wo zum Teufel – oder besser: zur Hex – ist man hier gelandet? "Bucki" Guthmann lacht. Kein schauriges Hexengelächter, sondern ein freundlich, verschmitztes Lächeln: "Ein bisschen verrückt muss man halt sein…"

    Bei "Bucki" Guthman wird sich auch weiterhin alles um ihre (Stadtbach-)Hexen drehen.
    Bei "Bucki" Guthman wird sich auch weiterhin alles um ihre (Stadtbach-)Hexen drehen. Foto: Daniel Halder

    Die 70-Jährige ist das älteste Mitglied der Memminger Narrenzunft "Stadtbachhexen". Seit 1997, also seit 22 Jahren, ist sie ununterbrochen dabei. Zwischen all den Jungen - den Hästrägern, Gardemädels und Guggenmusikern - die sich im Fasching tummeln, sticht sie sofort ins Auge. "Bucki" ist eine Ausnahmeerscheinung, und das weiß sie: "Ich bin die Fasnets-Omi von Memmingen und dem Unterallgäu", sagt sie und kramt eine rot leuchtende Tasse hervor, auf der es in großen Lettern geschrieben steht: "OMI".

    Der Becher mit der Aufschrift "Omi" muss immer mit!
    Der Becher mit der Aufschrift "Omi" muss immer mit! Foto: Daniel Halder

    Bis vor kurzem nahm sie jedes Jahr an weit über der Hälfte aller Veranstaltungen teil, die die Memminger Stadtbachhexen während einer Fasnetssaison absolvieren. Und das sind eine Menge: an die 20 Umzüge – vom Oberallgäu bis nach Ulm – Narrenbaumstellen, Hexentaufe und vieles mehr. Doch vergangenes Jahr wurde ihr Zwergrauhhaardackel Merlin krank. Jetzt muss "Bucki" auf ihn aufpassen, weshalb sie heuer nicht überall am Start sein kann.

    Irgendwann werde ich auf den Umzügen halt mit einem 'AOK-Porsche' daherkommen. Alles kein Problem.Bucki Guthmann (70)

    Dennoch: Ans Aufhören denkt die gebürtige Amendingerin auch mit 70 nicht. "Ich glaube, ich nehm' mein Häs mit ins Grab. Irgendwann werde ich auf den Umzügen halt mit einem 'AOK-Porsche' daherkommen. Alles kein Problem", nimmt sie ihr Alter lächelnd auf die Schippe. Dass sie irgendwann wirklich ein Gehwägelchen braucht, glaubt keiner, der die flotte Rentnerin sieht.

    Als junges Mädchen: Guthmann kam im Januar zur Welt, ihre Geburtstagspartys waren immer auch Faschingsfeiern.
    Als junges Mädchen: Guthmann kam im Januar zur Welt, ihre Geburtstagspartys waren immer auch Faschingsfeiern. Foto: privat/Repro: Halder

    Vielen jüngeren "Zunftis" nötigt so viel Einsatz Respekt ab: "Die Jungen kommen auf mich zu, wollen mit mir reden oder geben mir sogar ein Bier aus", sagt sie. "Nur einmal wollte mir einer 'nen dummen Spruch reindrücken: 'Das Altersheim ist woanders…' Ich habe ihn nur gefragt, ob der Kindergarten auch schon Ausgang hat und die Sache war gegessen", erzählt die Allgäuerin schmunzelnd.

    Die ganze Familie ist eingebunden

    "Ihre" Stadtbachhexen und die Fasnet sind für "Bucki" weit mehr als ein Hobby. "Mich fasziniert die Gemeinschaft, wenn Klein bis Groß zusammen feiern. Die Zunft ist meine Familie", erzählt sie. Was oft schnell mal dahingesagt wird, ist bei Guthmann wörtlich zu nehmen. Ihre beiden Töchter Nicole (37) und Jeannette (29) und Sohn Michael (27) sind ebenfalls in Zünften und der Fasnet aktiv. "Mein Sohn hat seine Jahresarbeit an der Waldorfschule in Ulm über Narrenzünfte geschrieben. Und die eine Tochter hat ihren Mann auf dem Umzug in Tannheim kennengelernt. Man sieht schon: Wir sind keine ganz normale Familie", lacht die Memmingerin.

    An der Narrenmütze hat "Bucki" die Namen von Tochter und Sohn aufgenäht. Beide sind auch bei den Stadtbachhexen aktiv.
    An der Narrenmütze hat "Bucki" die Namen von Tochter und Sohn aufgenäht. Beide sind auch bei den Stadtbachhexen aktiv. Foto: Daniel Halder

    Doch woher kommt ihre Begeisterung für die Fasnet? "Ich bin im Januar geboren. Meine Geburtstagspartys waren schon in frühester Jugend immer zur Faschingszeit. Alle kamen verkleidet", erzählt sie. Die Faszination ist geblieben, inzwischen hat sie vor allem ein Faible für die Hexen- und Teufelsmasken der schwäbisch-alemannischen Fasnet. Ihre Wohnung gleicht deshalb einem kleinen Museum mit Utensilien und Mitbringseln aller Art: Abzeichen befreundeter Zünfte, Miniatur-Masken, alte Narrenmützen mit den Erinnerungen an vergangene Umzüge und Feste. "Jeder weiß, dass ich Hexen sammle, also bringen mir Besucher öfter mal eine mit."

    Noch mehr in ihrem Element ist "Bucki" nur, wenn sie ihre eigene Hexenmaske aufsetzt und sich ins bunte Treiben stürzt. Sie wird es weiter leben, das bekannte Fasnachtsmotto "Viele Narren, eine Fasnet" - egal woher oder wie alt man ist. Und falls es doch mal einer genau wissen will, dafür haben sich Bucki und ein paar – wesentlich jüngere – Freundinnen der Zunft einen neuen Narrenpulli drucken lassen: "Golden Girls - still alive". Mitten im Leben - und schwer aktiv!

    Sieh hier die Bilder vom Memminger Nachtumzug 2019!

    Narrenumzug in der Memminger Altstadt, 1-Hauserner-Guggenmusik
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