Babyboom in Kempten: Nachdem 2015 mit 1880 Kindern bereits zum fünften Mal in Folge mehr Neugeborene zur Welt kamen, könnte es heuer deutlich mehr als 2000 im Kemptener Klinikum, der Hebammenpraxis Erdenlicht und in Kemptener Wohnungen werden. Bis Mitte September registrierte das Standesamt 1415 Geburten.
Claudia Corsten beispielsweise hat in Kempten entbunden, ihren dritten Sohn brachte sie im Klinikum in der Robert-Weixler-Straße zur Welt. Nicht nur dort, auch in den Geburtsabteilungen der umliegenden Klinken (beispielsweise Immenstadt) gebe es heuer mehr Babys, sagt Chefarzt Professor Ricardo Felberbaum. In Kempten entsteht bis Endes des Jahres sogar ein weiterer Kreißsaal. Schlägt das Geburtenplus andernorts durch - braucht Kempten nun mehr Krippen- und Kindergartenplätze?
Mit 2000 Geburten rechnen auch Felberbaum und Oberarzt Dr. Alexander Puhl - legt man die Zahlen des Kemptener Standesamts zugrunde, dürften sie damit nicht falsch liegen. Rein rechnerisch kamen 2016 fünf Kinder pro Tag zur Welt, beziehungsweise mehr als 176 im Monat. Die Ursache dafür liege nicht vorrangig in der Flüchtlingswelle und dem Anstieg an neugeborenen Flüchtlingskindern, sagt Felberbaum.
Generell gebe es eine Trendwende hin zu wieder mehr Kindern, eine regelrechte Verhaltensänderung. 70 bis 80 Babys gibt es allein durch das „Kinderwunschzentrum“ der Klinik. Dort lassen sich ungewollt kinderlose Paare behandeln. Etwa die Hälfte aller Frauen, die dorthin geht, wird am Ende der Behandlung auch schwanger, sagt Felberbaum. Künstliche Befruchtung bleibe eine „schwierige Behandlung“. Neben Kempten bieten sie auch Kliniken in Ulm, Bregenz und Augsburg. München hingegen sei Allgäuer Paaren oft zu weit zu fahren, sagt Felberbaum. Die Behandlungen seien letztlich für viele Mehrlingsgeburten verantwortlich, sorgen für Zwillinge und Drillinge. Frauen, die auf diesem Weg Kinder bekommen, sind häufig Mitte 30, sagt Felberbaum. Noch etwas kann er über die Mütter im Kemptener Klinikum sagen: Schwangere wollten ihre Kinder lieber auf natürlichem Weg entbinden, Wunschkaiserschnitte seien seltener Thema, was sich auch an den Kaiserschnittraten zeige. Vor Jahren hatten Patientinnen die Raten als zu hoch kritisiert, zu häufig werde in Kempten zum Skalpell gegriffen. Derzeit liegt die Kaiserschnittrate bei 30 Prozent (2015: 29, 2014: 34,5, 2013: 34,9 und 2012 bei 33,6 Prozent).
Situation in Kempten:
Seit 2011 gehen die Geburtenzahlen in der Stadt nach oben - von damals 1406 auf zuletzt 1880 im vergangenen Jahr.
Situation im Oberallgäu:
Mehr Geburten gibt es seit einigen Jahren beispielsweise in der größten Gemeinde des nördlichen Landkreises: In Altusried steigt die Zahl der Neugeborenen seit 2012 - von damals 78 auf zuletzt rund 100. Frauen aus dem südlichen Oberallgäu entbinden häufig in der Geburtsabteilung in Immenstadt. Dort stiegen die Geburtenzahlen von 459 im Jahr 2009 auf 495 in 2015.
Benötigt es nun mehr Betreuungsplätze?
Die Neugeborenen von heute sind die Krippen-, Kindergarten- und Schulkinder von morgen. Wie reagiert Kempten auf den Babyboom? Zunächst einmal geht es darum, wie viele Neugeborene tatsächlich aus Kempten sind. Der Großteil der Stadt geborenen Kinder kommt aus dem Umland, sagt Marion Haugg vom Amt für Kindertagesstätten, Schulen und Sport.
Alle drei Jahre ermittelt die Stadtverwaltung, wie viele Plätze in welchem Stadtteil und in welcher Betreuungsart benötigt werden - Anfang 2017 ist es wieder so weit. Eine komplexe Aufgabe, denn alle Eltern von Über-Einjährigen haben einen Rechtsanspruch auf Betreuung - wie viele ihn dann aber tatsächlich in Anspruch nehmen, ist die andere Frage. Ausgebaut hat Kempten zuletzt im Kindergartenbereich. In Sankt Mang hat der Bambini-Park eine neue Gruppe eröffnet. Auch die Kotterner Flohkiste baut aus, weil das Personal fehlt, wird es aber vermutlich etwas später, sagt Marion Haugg, Leiter des Amts für Kindertagesstätten, Schulen und Sport. Ausgebaut wird auch die Betreuung im Kindergarten Nikolaus in der Innenstadt.