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Berge?! "Nichts mit am Hut." Warum diese Allgäuerin in Hamburg glücklich wurde

Auch das gibt's

Berge?! "Nichts mit am Hut." Warum diese Allgäuerin in Hamburg glücklich wurde

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    Die gebürtige Allgäuerin Julia will nicht mehr weg aus Hamburg.
    Die gebürtige Allgäuerin Julia will nicht mehr weg aus Hamburg. Foto: Peter Luley

    Der Keim ihrer Hamburg-Liebe wurde früh eingepflanzt: „Als Teenager bin ich mit meinem Vater oft nach Ganderkesee gefahren, da wohnt mein Onkel, und mit dem haben wir dann Touren gemacht hier im Norden, nach Bremen, nach Hamburg. Und in Hamburg habe ich mich irgendwie verguckt“, erzählt Julia (31). In den Norden gezogen ist sie dann mit 18: zunächst ins schleswig-holsteinische Elmshorn, wo ihr damaliger Freund wohnte, dann nach Hamburg-Harburg, inzwischen lebt sie im Stadtteil Neugraben.

    Ich mag dieses Gefühl, dass alles lebt, und nicht, dass ab 18 Uhr nichts mehr los ist. Julia (31) über Hamburg

    Was sie an der Hansestadt mag? „Hamburg ist halt so ganz anders als ein Dorf. Wenn man hier dienstagabends noch Bock hat wegzugehen, kann man das, und das gefällt mir.“ Zwar zieht die Single-Mutter zweier Mädchen (sechs und sieben) heute nur noch selten los; mittlerweile sind „eher Sit-ins bei Freunden“ angesagt. „Aber allein die Möglichkeit: dass man weiß, wenn man wollte, könnte man“, ist ihr wichtig. Früher sei sie viel in der Gegend um Sternschanze und Reeperbahn unterwegs gewesen, „halt nicht direkt Reeperbahn, sondern mehr so die Nebengässchen, Silbersackstraße, Hans-Albers-Platz, lieber die kleineren Kneipen.“ Sie schätzt die „Vielfältigkeit“ der Großstadt, „und man braucht keinen Führerschein wie auf dem Dorf. Ich mag dieses Gefühl, dass alles lebt, und nicht, dass ab 18 Uhr nichts mehr los ist.“

    Geboren in Kempten, ist die gelernte Kauffrau für Büromanagement „in einem extrem kleinen Dorf“ aufgewachsen: in Immenhofen, „einer Abzweigung zwischen Marktoberdorf und Kaufbeuren“. Die Erinnerung an die Abgeschiedenheit lässt sie schaudern. „Wenn ich länger unten bin, im Urlaub oder so, krieg ich echt 'nen Dorfkoller.“

    Und was ist mit der berühmt-schönen Bergwelt des Allgäus, vermisst sie wenigstens die? „Nichts mit am Hut“, erklärt Julia trocken. „Mein Vater hat mich früher immer auf Berge hochgezwungen, davon hatte ich eh die Nase voll. Und Wintersport interessiert mich nicht, auch wenn ich mir als Kind immer Biathlon angucken musste.“

    Für die Allgäuer Bergidylle (hier Eckarts im Bergstättgebiet) mit Alpenpanorama hat Julia nicht allzu viel übrig...
    Für die Allgäuer Bergidylle (hier Eckarts im Bergstättgebiet) mit Alpenpanorama hat Julia nicht allzu viel übrig... Foto: Ralf Lienert

    Kein Wunder, dass sie die Frage, wo ihre gefühlte Heimat sei, ohne Zögern und eindeutig beantwortet: „Hier, definitiv. Das wird zwar nicht gut angkommen in der eigentlichen Heimat, aber ich hab mich da nie wirklich zu Hause gefühlt. Zumal ich als Teenager ein bisschen links war, da war man auch nicht überall gerne gesehen. Das war hier schon anders. Ich hab ich mich in der Sternschanze akzeptierter gefühlt als in Bayern. Auch der FC St. Pauli ist mir immer näher gewesen als der FC Bayern.“

    Einmal in Fahrt, möchte sie gleich noch mit einem anderen Vorurteil aufräumen: „In Bayern heißt es ja immer, dass im Norden die Leute so kühl wären. Ich find’s aber genau umgekehrt. Ich finde, hier sind die Leute weitaus offener, wenn wirklich mal was ist. Wenn man Fragen hat oder Hilfe braucht, sind die Leute sofort da. In Bayern wird man erst mal komisch angeguckt: Was will der, kenn ich den überhaupt?“

    Trotzdem versuche sie einmal im Jahr hinzufahren, um ihre Eltern zu besuchen, erzählt Julia. „Wobei ich jetzt eine neue Stelle angetreten habe, bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, und gerade in der Probezeit bin, da geht es natürlich nicht.“ Zuletzt sei ihr Vater bei ihr zu Besuch gewesen: „Da waren wir im Hafen, auch hier auf der Elphi-Plaza, und an den Landungsbrücken. Nächstes Mal, wenn er hochkommt, will er in den Stadtpark und ins Planetarium.“

    Beim Stichwort Stadtpark fällt ihr die dortige Freilichtbühne ein und die tollen Konzerte, die man dort erleben kann – wie auch die Option, einfach nebenan im Park zu grillen und der Musik von außen zuzuhören. Als eines ihrer persönlichen Konzerthighlights nennt sie Bonaparte in der Großen Freiheit 36; im Februar will sie zu Deichkind nach Kiel. Fast logisch, dass Julia ihrer Wahlheimat auch beim Musikgeschmack treu ist: „Schon als Teenager war ich großer Fan der Hamburger Schule: Tocotronic, Tomte – die liebe ich heute noch abgöttisch. Und natürlich 'Landungsbrücken raus' von Kettcar.“

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