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"Biber zerstören mein Naturparadies - und ich darf nichts dagegen tun"

Kemptener verzweifelt

"Biber zerstören mein Naturparadies - und ich darf nichts dagegen tun"

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    Peter Wörner zeigt die Biberschäden auf dem Grundstück seiner Familie bei Ottobeuren. Sein Vater hat den Weiher samt Waldstück 1992 erworben und mit seiner Familie als Erholungsort genutzt. Die Wörners begeistern sich für Tiere und Pflanzen. Das Treiben der Biber sehen sie jedoch kritisch.
    Peter Wörner zeigt die Biberschäden auf dem Grundstück seiner Familie bei Ottobeuren. Sein Vater hat den Weiher samt Waldstück 1992 erworben und mit seiner Familie als Erholungsort genutzt. Die Wörners begeistern sich für Tiere und Pflanzen. Das Treiben der Biber sehen sie jedoch kritisch. Foto: Tobias Schuhwerk
    Mehrere Höhlen gruben Biber in die Uferböschung.
    Mehrere Höhlen gruben Biber in die Uferböschung. Foto: Schuhwerk

    ++++ Dieser Artikel stammt aus dem Jahr 2016 aus dem Archiv von allgaeu.life +++

    "Früher herrschte hier Ruhe und Frieden. Heute ist es ein Ort der Verwüstung", sagt der 43-Jährige, der den derzeitigen Anblick kaum ertragen kann. Wörner musste vor zwei Wochen den See ablassen, weil mehrere Biber hier ihr Unwesen treiben. "Wir wurden der Lage einfach nicht mehr Herr. Wir brauchen eine Verschnaufpause", sagt der Industrie-Designer.

    An dem Moorweiher beobachtete er früher schon Blesshühner, Libellen und sogar Eisvögel, während sich im Wasser Karpfen, Forellen und Teichmuscheln tummelten. Doch dieses Paradies gibt es nicht mehr.

    "Ich hätte nie gedacht, dass es so weit kommt. Meine Familie und ich haben dieses Ökosystem bewundert und geliebt", sagt Wörner.

    Doch er sah keine andere Möglichkeit, als den Weiher abzulassen, um die - derzeit vermutlich vier - Biber somit zu vertreiben.

    Längst geht es seiner Meinung nach nicht mehr "nur" um Flurschäden, sondern um ernsthafte Gefahren, die die Nager auf dem privaten Grundstück verursachen.

    So sah der Moorweiher der Familie Wörner früher aus.
    So sah der Moorweiher der Familie Wörner früher aus. Foto: Peter Heidel

    Denn die unter Schutz stehenden Nager gruben unter Wasser ein knappes Dutzend Höhlen in die Uferböschung. Diese "Wohnungen" hatten teils eine Länge von zwei bis drei Metern. Das Wasser in den Hohlräumen unterspülte den Boden - und machten ihn zu einer unkontrollierbaren Falle für Fußgänger, sagt Wörner.

    Zudem verstopften die Biber den Abfluss des Weihers mit Geäst und Schlamm. Das Gewässer sei an einer Stelle schon über das Ufer getreten. Das Betreten der Uferzone oder gar der Einsatz von Maschinen sei zur Gefahr geworden.

    Dabei mussten Peter Wörner und seine hilfsbereiten Nachbarn häufig mit schwerem Gerät ausrücken: Um die vom Biber gefallenen Baumstämme aus dem Wasser zu ziehen.

    Seit der erste Biber vor neun Jahren auf dem etwa ein Fußball-Feld großen Grundstück auftauchte, fielen dem Nager und seinen Artgenossen 20 bis 30 Bäume zum Opfer, schätzt Wörner. Darunter über 20 Meter hohe Buchen und Erlen. 30 weitere Bäume haben Verbissschäden - obwohl sie eingezäunt sind. Auch Haselnusssträucher und Weiden in direkter Ufernähe zerbissen sie.

    Süß oder bedrohlich? Beim Thema Biberschutz gehen die Meinungen auseinander.
    Süß oder bedrohlich? Beim Thema Biberschutz gehen die Meinungen auseinander. Foto: Peter Roth

    Damit nicht genug: Weil der Biber den Wasser-Zulauf verstopfte, habe sich die Wasserqualität verschlechtert - und zahlreiche Karpfen seien gestorben.

    Trotz des von Wörner beschriebenen Chaoses sieht die Untere Naturschutzbehörde keine Chance, den Bibern auf den Pelz zu rücken (siehe Nachgefragt am Ende des Textes).

    Wörner nimmt es kopfschüttelnd hin: "Die Gesetze akzeptiere ich natürlich. Aber eine ganz andere Frage ist doch, ob der Biberschutz in diesem Ausmaß Sinn macht. Es kann doch nicht sein, dass alle anderen Arten darunter leiden."

    Einen Plan für den Moorweiher hat er bereits: Er will ihn mindestens ein Jahr austrocknen, um ihn dann auszubaggern - und das momentan naturbelassene Ufer mit schweren Granitsteinen und Stahlbetonmatten befestigen. Die Kosten, auf denen er sitzenbleiben wird, schätzt er auf 15.000 Euro. Die Eigenarbeit ist dabei nicht eingerechnet. "Die Biber können dann zwar in unserem Weiher keine Höhlen mehr errichten. Aber damit ist das Problem ja nicht gelöst", sagt Wörner. "Die Biber werden dann halt an einem Bach oder in einem Gewässer in der Nachbarschaft ihr Unwesen treiben."

    Nachgefragt bei der Unteren Naturschutzbehörde

    Mit den Biberschäden am privaten Weiher von Peter Wörner hat sich auch schon der Sachgebietsleiter der Unteren Naturschutzbehörde in Mindelheim, Wolfgang Schweiger, beschäftigt. Da Schweiger derzeit im Urlaub ist, fragten wir seinen Kollegen Bernd Nothelfer zur Biber-Problematik im Allgemeinen.

    Kann man Biber auf einem privaten Grundstück jagen?

    Nothelfer:

    Grundsätzlich nicht. Biber sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Es ist verboten, ihm nachzustellen, ihn zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Genauso ist es verboten, ihn zu stören oder seine Baue und Dämme zu zerstören. Es gibt aber Ausnahmetatbestände. Beispielsweise, wenn ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden durch die Biber entsteht. Das wäre der Fall, wenn etwa bei gewerblich betriebenen Fischteichen die Fische abhauen, weil der Biber den Damm beschädigt. Dieses Argument zählt für einen kleinen, privaten Weiher aber nicht.

    Was wäre ein weiterer Ausnahmetatbestand?

    Nothelfer:

    Wenn die öffentliche Sicherheit durch Biber gefährdet ist, also beispielsweise ein Weg einbrechen könnte und damit Radler oder Autofahrer zu Schaden kommen könnten. Oder an Kläranlagen oder an Hochwasserschutzanlagen. Wenn solche Gefährdungen festgestellt werden, dürfen Berechtigte auf Antrag und zu bestimmten Zeiten Biber fangen und töten. Ansprechpartner sind die Unteren Naturschutzbehörden oder Stadtverwaltungen. Wir haben im Unterallgäu beispielsweise 25 Gemarkungen, in denen eine so genannte Allgemeinverfügung gilt und Biber abgefangen oder geschossen werden dürfen. Aber nicht während der Schonzeit vom 1. September bis einschließlich 15. März.

    Was raten Sie einer Privatperson mit Biber-Problemen?

    Nothelfer:

    Das Tier zu akzeptieren ist sicher wichtig. Zusammen mit unseren Biberberatern helfen wir bei konkreten Problemen. Mit kleineren Hilfsmitteln, wie Elektrozäunen oder Stahlmatten, lässt sich die Situation meist entschärfen.

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