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Blinder Musiker: Dieser Allgäuer begeistert Jung und Alt am Akkordeon

Walter Bannert (75)

Blinder Musiker: Dieser Allgäuer begeistert Jung und Alt am Akkordeon

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    Walter Bannert tritt Anfang April in Krugzell auf. An seiner Seite ist seine Frau Erika, die den 75-Jährigen immer unterstützt.
    Walter Bannert tritt Anfang April in Krugzell auf. An seiner Seite ist seine Frau Erika, die den 75-Jährigen immer unterstützt. Foto: Markus Noichl

    Volkslieder und alte Schlager zum Mitsingen: Bereits zum 40. Mal geht diese Veranstaltung in Krugzell mit Walter und Erika Bannert über die Bühne. Das Besondere daran: Walter Bannert ist blind, von Geburt an. Was ihn aber nicht daran hindert, in die Tasten seines Akkordeons zu greifen und mit Musik Freude unter die Menschen zu bringen. Mit dabei ist auch Gitarrist Herbert Rott.

    „Wenn wir in Rente sind, greif mer an.“ Diesen Vorsatz befolgten die Bannerts: Sie stellten ein Textbuch zusammen mit alten Volksliedern – von „Hoch auf dem gelben Wagen“ bis „Zum Tanze da geht ein Mädel“ – und ließen davon 100 Exemplare drucken, in seniorenfreundlichem Großdruck. Hinzu kam inzwischen ein Band mit den alten Schlagern.

    Erst eine Stunde Volkslieder und nach der Pause eine Stunde Oldies – das ist die Mischung ihres Programms. Bis zu 120 Besucher kommen regelmäßig zum Singen.

    Das Mitsingkonzert am Donnerstag 2. April, beginnt um 14.30 Uhr im Gasthof Hirsch in Krugzell.

    Seit er 16 Jahre alt ist, steht Walter Bannert mit seinem Akkordeon in der Öffentlichkeit, pflegt die integrierende Kraft der Musik und hat ein riesiges Repertoire im Kopf. Derzeit ist er sogar dabei, obwohl er es mit Klassik eigentlich nicht so hat, für eine Feier den Gefangenenchor aus Verdis Nabuco abzuhören und in die Finger zu kriegen. „Puh, das ist kompliziert. Vor allem die Einleitung. Viele schwierige, verminderte Akkorde.“

    Neben seinem Beruf in der Telefonzentrale großer Firmen steckte Bannert als junger Mann viel Zeit in seine Tanzmusik-Besetzungen, spielte bei Hochzeiten und anderen Festen. Als seine Familie allerdings auf vier Töchter wuchs, musste er das reduzieren. Doch dann kam die Rente – und es ging wieder los.

    Seit März 2016 steht das Singen in Krugzell auf dem Programm.

    Mit einer speziellen Schreibmaschine oder von Hand, mit einer Schablone und Stichel, notiert der 75-jährige sich in Blindenschrift die Titel – und dazu die Tonarten. Der Redakteur, als Musiker durchaus Feinmotoriker, berührt die Schriftzüge, und ist verblüfft: „Unfassbar, wie das Gefühl in den Fingerspitzen solch kleine Punkte präzise erspüren kann.“

    Menschen zusammenbringen

    Egal ob in seiner ehrenamtlichen Arbeit im bayerischen Blindenbund, im Kontakt mit Schulklassen oder eben über Musik: Bannert will Menschen zusammenbringen – Blinde und Sehende. Dafür wurde er übrigens ausgezeichnet mit dem bayerischen Ehrenzeichen und dem Bundesverdienstkreuz.

    Bannert lernte noch die Zeiten kennen, als Blinde beruflich nicht viele Möglichkeiten hatten – außer Bürsten und Körbe zu fertigen. Gerade für Blinde sei die technische Entwicklung ein Segen, sagt er und zeigt sein sprechendes I-Phone: Es kann Sprache in Texte umwandeln und umgekehrt. So kann Bannert sich sogar täglich die Allgäuer Zeitung vorlesen lassen. Die wichtigste Unterstützung in seinem Leben allerdings, „das ist meine Frau“, sagt Bannert. Sie sei durch nichts zu ersetzen.

    Helfen ist den Bannerts bis heute wichtig: Die Spendeneinnahmen der Veranstaltung gehen an den Hospizverein.

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