"Haben sich die Kinder verändert in all den Jahren?", fragte ich vor Kurzem einen altgedienten Schwimmtrainer. "Sind sie schlimmer als früher?" Nach kurzem Überlegen schüttelte er den Kopf: "Nein, die Kinder sind nicht schlimmer geworden", sagte er und wurde mit einem Mal richtig schlecht gelaunt: "Dafür aber ihre Namen. Die kann ich mir kaum noch merken!" Jetzt begann er den Kopf immer heftiger zu schütteln – aus purer Abneigung. "Ich wette mit Dir, dass die Hälfte später mal ihre Eltern verklagen wird. Und zwar mit Recht."
Er nannte danach noch einige Beispielnamen wie Don Hugo oder Mo Vito. Sie erinnerten mich an Cocktails am Swimmingpool. Die letzte Assoziation ist auch nicht ganz falsch: Der ehemalige Schwimmstar Franziska van Almsick hat ihre beiden Söhne so benannt. Wünschen wir ihr, dass es der Nachwuchs in der Pubertät nicht danken wird: "Boaaah, Eltern, ist das peinlich!"

Wobei van Almsick ja noch gnädig war mit ihren Bälgern. Stell Dir vor, Du wärst die jüngste Tochter von Schauspielerin Uma Thurman. Dann hättest Du einen Namen, der so lang ist wie ein surrealistisches Gedicht: Rosalind Arusha Arkadina Altalune Florence…. dann lieber gleich Lady Gaga. Das schlimme ist ja: Kinder können nichts für ihre Vornamen. Sie sind absolut unschuldig. Genau wie mein Großvater, dessen Eltern ihm die Unschuld gleich ins Stammbuch schrieben. Sie nannten ihn Innozenz. Klingt heutzutage auch irgendwie ungewohnt. Es ist eben ein ständiges Auf und Ab mit den Namen.
Mein Vater zum Beispiel erzählt gerne, dass ihm die heutigen Mädchennamen wie Lena, Lara oder Frieda sehr bekannt vorkommen. So nannte man in seiner Jugend die Schumpen auf dem Hof.
Der Name unserer Tochter (Linda) war vermutlich auch darunter. Wir haben uns dennoch dazu entschieden. Sicherheitshalber wählten wir aber noch einen Zweitnamen, nachdem im tiefgläubigen Allgäu garantiert keine Kuh benannt wird: Maria.
Auf ein anderes vielverbreitetes Ritual haben wir indes verzichtet: nämlich dem Kind den Vornamen eines Elternteils zu geben. Das hat mir noch nie so richtig eingeleuchtet. Wie soll man eigene Persönlichkeit entwickeln, wenn man heißt wie seine Mutter oder sein Vater? Der Zusatz Junior macht es auch nicht besser…
Wobei es eine einzige Ausnahme gibt. Von der hat mir kürzlich ein alter Kindergartenkumpel erzählt, der mittlerweile in Australien lebt. Die Geburt seines Sohnes grenzt an ein Wunder. Der Kleine hatte es so eilig, dass nicht einmal der Notarzt es rechtzeitig schaffte. Mein Kumpel geriet in unglaubliche Panik. Doch dann behielt er einen klaren Kopf: Er wählte die Notfall-Nummer und ließ sich binnen Sekunden erklären, was er als Geburtshelfer zu tun hätte.
Die Beratung zeigte Wirkung: Mit zitternden Händen half er seiner Frau im Ehebett, einen gesunden Sohn auf die Welt zu bringen! Der Kleine trägt seither als Zweitnamen den Namen seiner Hebamme: Martin.
Egal wie er diesen Namen einmal findet: Auf die Idee, seine Eltern zu verklagen, wird zumindest dieser kleine Erdenbürger garantiert nie kommen…