
Mit einem Mythos räumt Walter Egen gleich zu Beginn des Ausflugs auf. „Lamas spucken keine Menschen an. Sie spucken sich nur untereinander an, wenn es Streit gibt“, erklärt Egen. Gespannt lauschen die Kinder, als Egen bei der AZ-Ferienaktion auf der Wiese vor seinem „Pichincha-Llamas-Hof“ in Oberbeuren den richtigen Umgang mit den Tieren erklärt und dabei auf die Eigenheiten und Verhaltensweisen der Tiere eingeht.


Die Kinder legen ihre Scheu im Stall schnell ab, striegeln und streicheln die Lamas, als sie auf den Ausflug zum Kemnater Römerturm vorbereitet werden. Nach und nach werden die Vierbeiner zum Fressen auf die Wiese vor dem Stall geführt. „Die Tiere haben vor den Ausflügen einen riesen Appetit“, sagt Egen. „Ich hab das Gefühl, die sind nur am Essen“, sagt der neunjährige Patrick.

Gemächlich setzt sich die Karawane in Bewegung. Die elf Lamas folgen den Kindern ohne Murren vom Hofgelände in Oberbeuren auf die Straße – einige der elf Kinder müssen dabei kräftiger an der Leine ziehen. Walter Egen schaut dem Treiben gelassen zu.
„Die Kinder müssen die Oberhand gewinnen“, sagt er. An der Spitze des Zuges läuft mit Aldo das älteste Lama. Stolze 19 Jahre hat er auf dem Buckel, in diesem Alter liegt laut Egen die Lebenserwartung der Tiere. „Er hat schon viel mitgemacht“, sagt Egen, der schüchterne Kinder gern mit dem zahmen Aldo aus der Reserve lockt.
Unterdessen wollen die Mädchen und Buben mehr von Egen über die Tiere erfahren. Aus welchem Land kommen sie? Was essen sie? Wie viele Tiere gibt es hier? Wie schnell sind die Lamas? Geduldig beantwortet Egen die Fragen, währen die kleine Karawane ihren Weg zum Römerturm fortsetzt. Aldo, der Senior unter den Lamas, wurde im Jahr 1999 aus Chile importiert.
Die anderen zehn Lamas sind in Deutschland zur Welt gekommen. Insgesamt hat Egen 65 Lamas auf dem 16 Hektar großen Hof unter seinen Fittichen. Aber wie kam Egen eigentlich zu seinem Lama-Hof? „Früher hatte ich Milchkühe. 1990 bin ich dann in einer Fernsehsendung auf Lamas aufmerksam geworden“, erzählt Egen, der seine Tiere und ihre Vorlieben in- und auswendig kennt.
Gemeinsam auf dem „Lama-Klo“
Auf dem Feldweg hat der zwölfjährige Jamie mit Ernesto ein paar Schwierigkeiten – denn das 180 Kilo schwere Lama bleibt öfters unvermittelt stehen. Aber Egen hat auch für dieses Problem eine Lösung: „Kräftiger ziehen und immer in Bewegung bleiben“, ruft er. Bevor es zum Römerturm geht, bereitet Egen die Gruppe auf einen speziellen Zwischenhalt vor. In einem kleinen Waldstück unterhalb des´Turms befindet sich das „Lama-Klo“. „Die Tiere essen gemeinsam und gehen gemeinsam zur Toilette“, erklärt Egen. Kleine Waldstücke eignen sich gut, denn die Wiederkäuer brauchen dabei Ruhe. „Sie machen ihr Geschäft nicht einfach am Wegesrand oder in den Wiesen“, sagt Egen. „Das ist wichtig für das gute Verhältnis zu den Nachbarn.“
Als die Lama-Gruppe am Römerturm ankommt, lassen die Kinder die Tiere los, rennen die Stufen auf die Aussichtsplattform hinauf und toben sich am nahe gelegenen Spielplatz aus. Egen behält die Situation im Auge, während seine Tiere im Schatten wieder einmal ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen – Gras fressen.
Nach der Pause machen sich die Lamas gelassener auf den Rückweg, auch Ernesto folgt Jamies Anweisungen ohne Murren. Auf die Alpakas, einer verwandten Lama-Art angesprochen, erklärt Egen den Unterschied. Ein Alpaka habe er beim Ausflug dabei, um diesen Unterschied zeigen zu können. Während Alpakas eher Wollproduzenten sind, wurden Lamas bevorzugt als Lastentiere eingesetzt.
Bei der Rückkehr auf dem Hof stürzen sich die Lamas sofort wieder auf das frische Gras. Der Abschied fällt einigen Kindern schwer. „Charlie ist mir richtig ans Herz gewachsen“, sagt Elias über sein Lama. „Er lässt sich super streicheln.“ Einige wollen wiederkommen und etwas mit „ihren“ Lamas unternehmen. Aber bis dahin dürften die Tiere erst einmal ihre wohlverdiente Ruhe genießen.
Mit dem Ausflug auf den Lama-Hof endet die AZ-Ferienaktion. Zuvor waren die jungen Gäste zu Gast beim städtischen Bauhof, besuchten das Feuerwehrmuseum, gingen auf Entdeckungstour im Corona-Kino und blickten hinter die Kulissen des Crescentia-Klosters.
Für die AZ-Ferienaktion hatte Walter Egen, Betreiber des Lama-Hofes in Oberbeuren, einen Ausflug zum Kemnater Römerturm geplant.