Längst vorbei sind die Zeiten, in denen die Bundesbahn (später Deutsche Bahn) als - damals noch - staatlicher Monopolist den Schienenverkehr komplett besorgte. 2003 änderte sich das: Der Allgäu-Express „Alex“ nahm in der Region Fahrt auf. Inzwischen schreibt die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) regelmäßig sogenannte Lose auf Zeit für bestimmte Strecken aus - und Anbieter können sich für diese Aufgaben bewerben. Es ist die zentrale Aufgabe der BEG, eine 100-prozentige Tochter des Freistaats, den Personennahverkehr auf der Schiene zu organisieren. Das Ergebnis: Eine Art Fleckerlteppich des Bahnverkehrs wird im Allgäu entstehen (siehe Grafik oben). Wir fragten bei der BEG nach, wozu das gut sein soll und ob sich daraus Konsequenzen für die Fahrgäste ergeben.
Jüngst hat die BEG einen Vertrag mit der Länderbahn, die den Alex betreibt, verlängert. Demnach wird die Länderbahn von Dezember 2017 bis Dezember 2020 die Strecken München-Oberstdorf bzw. München-Lindau versorgen. Welcher Anbieter fährt nun in den kommenden Jahren konkret wo?
Antwort: Die Länderbahn fährt im Allgäu aktuell und bis Ende 2020 den zweistündlich verkehrenden Alex von München über Kempten nach Lindau oder Oberstdorf. Die Deutsche Bahn (DB) erbringt alle übrigen Verkehrsleistungen. Ende 2018 übernimmt dann die Transdev GmbH von der DB die Verkehre von München/Augsburg nach Füssen und von Augsburg nach Landsberg. Die Transdev GmbH ist eine Tochter der französischen Transdev - der nach eigenen Angaben weltweit führende private Betreiber von öffentlichen Verkehrsmitteln. Voraussichtlich Ende 2019 geht zudem das Dieselnetz Ulm mit den Vorortverkehren von Ulm nach Memmingen und Weißenhorn sowie der Mittelschwabenbahn in Betrieb. Der zukünftige Betreiber steht aber noch nicht fest. Sobald die Elektrifizierung der Strecke Geltendorf-Memmingen-Lindau - voraussichtlich Ende 2020 - fertiggestellt ist, wird die Länderbahn den Alex-Verkehr einstellen. Diese Linie wird dann von der DB mit Neigetechnikfahrzeugen übernommen.

Gibt es nicht angesichts dieser verschiedenen Anbieter Überschneidungen?
Antwort: Nein. In den Verkehrsverträgen ist genau geregelt, welche Leistung in welchem Zeitraum von welchem Betreiber erbracht wird. Manche Strecken werden von zwei Anbietern gleichzeitig bedient - natürlich zu unterschiedlichen Uhrzeiten. Das gibt es jetzt schon auf der Strecke nach München, auf der sich DB und Alex untertags abwechseln.
Was bringt das den Fahrgästen?
Antwort: Wettbewerb führt in der Regel zu deutlich besseren Leistungen für die Fahrgäste - zum Beispiel durch neue oder modernisierte Fahrzeuge, verbesserte Fahrpläne und mehr Qualität.
Müssen Fahrkarten an unterschiedlichen Stellen gekauft werden? Oder sind sie weiterhin einheitlich an den Bahnhöfen erhältlich? Wie ist es bei Online-Buchungen?
Antwort: Grundsätzlich gilt jede Fahrkarte - egal wo gekauft - in jedem Regionalverkehrszug (für Intercity-Züge gibt es zum Teil andere Tarife). Das heißt: Ein beispielsweise im Alex gekaufter Fahrschein gilt auch in einem Zug der DB, der auf der gleichen Strecke fährt. Wie die Fahrkarten verkauft werden, ist weitgehend Sache der Unternehmen. So verkauft der Alex Fahrkarten ohne Aufpreis auch im Zug. Bei der DB gibt es das nicht. Auch die Frage, ob und wie online verkauft wird, regeln die Unternehmen in eigener Zuständigkeit. Die Fahrkarten müssen aber ansonsten überall gleich viel kosten, egal, bei wem man die Tickets kauft.

Macht das Sinn, so viele unterschiedliche Anbieter in einer Region fahren zu lassen?
Antwort: Ja. Wettbewerb führt - wie bereits ausgeführt - in aller Regel zu besseren Leistungen für die Fahrgäste. Und er schafft darüber hinaus mehr Wirtschaftlichkeit und damit geringere Kosten für den Freistaat. Dank des Wettbewerbs konnte die BEG in Vergangenheit zusätzliche Züge bestellen und bezahlen.
Führt dies nicht zu Abstimmungsproblemen?
Antwort: Es ist eine zentrale Aufgabe der BEG, die Abstimmung zwischen verschiedenen Unternehmen sicherzustellen - zum Beispiel dass die Fahrpläne zusammenpassen oder in allen Zügen der gleiche Fahrpreis gilt.
Warum haben die Lose so unterschiedliche Laufzeiten?
Antwort: Wettbewerbsverfahren sind für die BEG und die Unternehmen recht aufwendig. Sie müssen deshalb zeitlich gestaffelt werden. Außerdem müssen wir Rahmenbedingungen berücksichtigen. Wenn die Strecke München-Memmingen-Lindau elektrifiziert worden ist, werden völlig neue Fahrzeuge gebraucht. Das führt wieder zu neuen Ausschreibungen. Die Elektrifizierung wird die Pläne zum einen verändern, weil Dieselbetrieb unter Fahrdraht, also unter den Stromleitungen, vermieden werden soll. Zum anderen werden sich die Fahrzeiten verkürzen. Dann wird ein neues Fahrplankonzept für das gesamte Allgäu nötig - weil Anschlusszüge neu geordnet werden müssen.