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Das denkt "die Bäuerin von Akams" wirklich über die Zeitung

Blattkritik mit allgaeu.life

Das denkt "die Bäuerin von Akams" wirklich über die Zeitung

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    Gabi Kirchbihler lebt als Bäurin in Akams. Mit ihrem Mann betreibt sie einen Bioland-Hof. Wie denkt sie über die Zeitung und zum Beispiel englische Begriffe im Lokalteil? Wir haben sie gefragt.
    Gabi Kirchbihler lebt als Bäurin in Akams. Mit ihrem Mann betreibt sie einen Bioland-Hof. Wie denkt sie über die Zeitung und zum Beispiel englische Begriffe im Lokalteil? Wir haben sie gefragt. Foto: Schuhwerk, Fotomontage: Naomi Ungar

    Das geflügelte Wort von "der Bäuerin von Akams" existiert bei der AZ seit gut und gerne 30 Jahren, wie sich verdiente Kollegen erinnern. Zugeschrieben wird es dem damaligen Redaktionsleiter Helmut Hojer. Er bemühte den Begriff immer wieder, um seinen Redakteuren einzutrichtern, dass sie sauber und verständlich formulieren sollen. Dass sie keinen abgehobenen Jargon aus ihrem Fachressort verwenden, sondern die Dinge auf den Punkt bringen. Die Bäuerin von Akams hat schließlich viel zu tun auf ihrem Hof. Sie will gut informiert werden, ohne ständig im Lexikon nachblättern zu müssen (Richtig: Internet gab's damals keines).

    Bis heute hat die fiktive "Bäuerin von Akams" einen beachtlichen Stellenwert in der AZ-Redaktion. Sie wird oftmals liebevoll und augenzwinkernd, manchmal aber auch vehement ins Spiel gebracht. Manch einem Kollegen (der Autor gesteht...) half der Verweis auf sie sogar schon aus der Patsche, wenn er eine Formulierung eines Kollegen aus der Kommunalpolitik überhaupt nicht begriff: "Ob das jetzt die Bäuerin von Akams verstanden hätte?"

    Doch wie denkt die Bäuerin von Akams wirklich? Wie bewertet sie Zeitung? Und was hält sie von der immer wieder kehrenden Diskussion um englische Begriffe im Blatt? Das haben wir Gabi Kirchbihler gefragt.

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    Die 57-Jährige ist eine von 15 Bäuerinnen in Akams (Oberallgäu). Sie muss herzhaft lachen, als ich ihr am Telefon von der Legende und unserem Vorhaben erzählen: "Kommen's einfach vorbei", sagt die Mutter von vier erwachsenen Kindern. Mit ihrem Mann Helmut (61) betreibt sie einen Biohof (28 Kühe) mit Ferienpension in Akams, das früher eine eigenständige Gemeinde war und heute zu Immenstadt gehört. Den Besucher empfängt sie im Stallhäs', in dem sie aber nicht fotografiert werden will: "Das tät euch so passen, weil's dem Bauern-Klischee entspricht", sagt sie lachend.

    Schnell sind wir per Du und diskutieren über die Zeitung, die Gabi seit ihrer Kindheit liest. Vom Allgäuer Anzeigeblatt, einer Heimatausgabe der Allgäuer Zeitung, fühlt sie sich gut informiert. "Ich lese die Zeitung immer von hinten, fange mit den Todesanzeigen und dem Lokalteil an", erzählt Gabi, die kaum im Internet surft. Lieber greift sie morgens nach der Stallarbeit zum bedruckten Papier.

    Und was findet sie gut, an "ihrer" Zeitung?

    Die lokalen Nachrichten, die sie direkt betreffen. Zum Beispiel Informationen zu Baustellen oder Straßensperrungen. "Die Grafiken dazu sind sehr hilfreich."

    Berichte über Vereine. "Ich bin zwar selbst nicht so der Vereinsmeier. Aber ich finde es wichtig, dass die Vereine ihren Platz in der AZ haben. Sie leisten tolle Arbeit! Und wenn es den eigenen Ort betrifft, lese ich sie auch immer."

    Die Karikaturen: Egal ob auf der zweiten Seite oder im Regionalteil. Über die Karrikaturen kann Gabi herzhaft lachen. "Das ist eine eigene Kunstform." Der Balthes aus der Feder von Manfred Küchle ist ihr ans Herz gewachsen. "Der ist genial. Er stellt den Allgäuer so dar, wie er ist."

    Fundierte Artikel: Gabi liest gerne die Texte auf der dritten Seite. Wichtig findet sie zum Beispiel auch, dass fundiert über die Landwirtschaft berichtet wird. "Das fördert das Verständnis", sagt sie. Wenngleich sie als Leserin natürlich schnell merkt, ob die Autoren Ahnung haben ("die gibt es") oder nicht ("die gibt es manchmal auch").

    Aktionen: Die AZ-Podiumsdiskussion "Toleranz statt Kollisionskurs" zum Streit um Mountainbiker in den Alpen hat Gabi gefallen. Aufmerksam hat sie die Berichte über die Diskussion vor 300 Zuhörern in Sonthofen gelesen. "Ich find's gut, dass die AZ Leute an einen Tisch brachte, die sonst eher übereinander als miteinander reden."

    Was gefällt ihr nicht an "ihrer" Zeitung?

    Themen-Wiederholungen: Gabi findet, dass manche Themen zu sehr aufgebauscht werden. "Da liest man dann tagelang nichts anderes, obwohl es eigentlich kaum etwas wirklich neues gibt." Als Beispiel nennt sie die Dikussion um die angeblichen Reichsbürger-Aktivitäten der Bolsterlanger Bürgermeisterin. "Klar muss man darüber berichten, wenn es so war und es harte Fakten dazu gibt. Aber ich fand es gab zu viele Berichte, die schwammig geblieben sind." Besser gefällt es ihr, wenn statt vieler Meldungen zu einem Thema, ein großer Bericht erscheint. So wie in der aktuellen Ausgabe auf der Dritten Seite zum Riedberger Horn.

    Überflüssige Politiker-Fotos: Speziell im Regional-Teil könnte man ihrer Meinung nach öfter auf Politiker-Fotos verzichten. "Namen will ich jetzt aber keine nennen", sagt sie schmunzelnd.

    Täter-Perspektive: Kritisch sieht Gabi, dass sich viele Berichte, zum Beispiel nach terroristischen Anschlägen, um die Täter drehen. "Damit spielt man denen in die Karten. Die wollen ja möglichst viel Aufmerksamkeit." Andererseits sei das öffentliche Interesse an den Hintergründen natürlich verständlich. "Es ist für die Redaktion sicher jedes Mal eine Gratwanderung. Manchmal gelingt sie. Manchmal würde ich mir wünschen, dass die Opfer nicht in den Hintergrund rücken."

    Intime Details in Berichten: Sauer wurde Gabi bei manchen Berichten über den Doppelmord von Gersthofen-Hirblingen. Dass die beiden getöteten Frauen ein lesbisches Paar waren, sei viel zu oft geschrieben worden. "Das ist für mich ein privates Detail, das nichts mit dem brutalen Mord zu tun hat und das man nicht ständig betonen muss. Das fand ich boulevardmäßig", urteilt Gabi.

    Keine Frage: Die echte "Bäuerin von Akams" hat eine fundierte Meinung zur AZ. Ihre Anregungen werden uns in den nächsten Konferenzen garantiert beschäftigen. Vielen Dank dafür!

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