Stadt vs. Dörfer
Wenn man von Stuttgart ins Allgäu fährt, kann man regelrecht verfolgen, wie die Landschaft immer ländlicher wird. So werden die Städte zum Beispiel immer kleiner, bis man im Allgäu ankommt, das gefühlt nur noch aus Dörfern besteht. Was kompliziert ist, denn hier kennt Jeder Jeden. Eine wirklich große Umstellung für mich. In Stuttgart (630.000 Einwohner) ist man schon froh, wenn man seine Nachbarn beim Namen kennt. Im Allgäu muss man nicht nur sie kennen, sondern am besten alles und Jeden. Sonst kann man nicht mitreden. Noch ein Unterschied: In Stuttgart haben viele Supermärkte bis 22 Uhr geöffnet. Im Allgäu dagegen ist spätestens um 20 Uhr zappa. In meiner ersten Woche im Allgäu wollte ich um 20:30 Uhr noch schnell etwas zum Vespern - äh, tschuldigung: zur Brotzeit - kaufen, stand dann jedoch vor geschlossenen Ladentüren. Meine erste Lektion: Im Allgäu ticken die Uhren anders.
Kässpatzen vs. Saure Kutteln
Apropos Essen! Da muss man den Allgäuern ein Kompliment machen. Allgäuer Kässpatzen schmecken mir mindestens so gut wie Maultaschen - und garantiert besser als ein weiteres Traditionsgericht aus dem Stuttgarter Raum: Saure Kutteln, dieses „leckere“ Gericht besteht hauptsächlich aus Innereien.

Auch was das Bier betrifft, sehe ich leichte Vorteile auf Allgäuer Seite: „Meckatzer“ und „Zötler“ haben mich bislang am meisten überzeugt!
Trachtler vs. Kehrwoche
Früher habe ich beim Wort „Tradition“ immer an Leute in alten und schönen Kleidern gedacht, mit richtig schwerem Dialekt und mit stolzem Blick auf ihre Vergangenheit. Dann bin ich ins Allgäu gezogen und habe festgestellt: die gibt's wirklich! Davon zeugen die vielen Geschäfte für Trachtenmode und die Trachtler, die an Festtagen auf den Dörfern zu sehen sind. Dazu kommen zahlreiche traditionelle Berufe wie Schnitzer, Älpler oder Bauer. Die einzige wirkliche Tradition, die mir aus Stuttgart bekannt ist, heißt Kehrwoche. Die aber wird umso ernster genommen und darf auf keinen Fall ausfallen darf.
Geizhals vs. Grantler
Fragt man den Allgäuer, was den Schwaben ausmacht, bekommt man fast immer die gleiche Antwort. „Er ist geizig und sparsam.“ Stimmt! Wir sind emsige Schaffer („Schaffe, schaffe Häusle baue“) und bei jedem selbstverdienten Groschen überlegen wir dreimal, ob wir ihn wieder ausgeben (meistens nicht). Dreht man den Spieß um und fragt Stuttgarter, wie denn die Allgäuer so ticken, kommt wenig bis gar nichts. Die meisten haben bei ihrem Besuch nur auf die wunderschöne Landschaft geachtet. Hier und da wird der Allgäuer auch als grantig bezeichnet. Doch das kann ich, bisher zumindest, nicht bestätigen. Liegt vielleicht auch daran, dass ich nicht in Touri-Klamotten unterwegs bin...
VfB vs. Bayern, Augsburg, Nürnberg
Ja, ich bin VfB Stuttgart-Fan. Und nein, es ist nicht immer leicht. Gerade hier im Allgäu, umgeben von lauter Bayern- und Augsburg-Fans, muss man sich schon einige Kommentare anhören. Andererseits: Wo steht der beste Allgäuer Verein noch mal? (Meine Kollegen erklären mir gerade, dass er FC Memmingen heißt und in der Regionalliga Bayern spielt).

Aber die Welt besteht ja nicht nur aus Fußball. Im Allgäu ist das Angebot an Outdoor-Aktivitäten riesengroß. Für einen Zugereisten ist das gewöhnungsbedürtig. In Stuttgart fällt es mir leicht, einen Tag lang mal die Beine hochzulegen und nix zu tun. Hier im Allgäu ist das deutlich schwerer. Man hat ständig den Drang, auf einen Berg zu kraxeln und das Rad oder im Winter die Ski rauszuholen.
Weckle vs. Semmel
Um es klar zu stellen: Man versteht sich schon! Trotzdem gibt es im Alltag Stolpersteine. An meinem ersten Tag habe ich in einer Bäckerei zum Beispiel voller Überzeugung ein "Leberkäs-Weckle" bestellt. Von der Verkäuferin gab's dafür nur einen abschätzigen Blick. Und mein Kumpel aus Kempten hat sich fremdgeschämt: „Des heißt hier Semmel!“. So gibt es ein paar Wörter, die sich voneinander unterscheiden (z.B. Brezel-Brezen, Saitenwürstle - Wienerle, Vesper-Brotzeit,…)
Am Ende lässt sich aber festhalten: „Hochdeutsch schwätz‘ mer beide net!“