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Der Lebens-Rapper aus Kaufbeuren

Musik von 'Seom'

Der Lebens-Rapper aus Kaufbeuren

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    "Das Leben ist bunt und schön!" Auf seinen Reisen holt sich 'Seom' Inspiration.
    "Das Leben ist bunt und schön!" Auf seinen Reisen holt sich 'Seom' Inspiration. Foto: Johanna Heizmann

    Patrick grinst. Über beide Ohren. Unentwegt. Eine ganze Herde von Honigkuchenpferden würde nicht gegen ihn anstrahlen: "Meiner besten Freundin geht meine gute Laune sogar auf den Keks", sagt er und lacht (... natürlich lacht er!). "Besonders gerade gehts mir gut. Ich hab die 1-Million-Views-Marke auf YouTube geknackt", erzählt er. Ein Meilenstein nach dem anderen.

    Geh' mal zu Deinen Gangster-Rapper-Kumpels und sag': Ich texte jetzt über Selbstverwirklichung und Dankbarkeit... 'Seom'

    Patrick ist angekommen - spirituell, wie auch musikalisch, so scheint es. Seit drei Jahren spielt er 'Spiritual Hip-Hop', wie er es nennt. Vorher veröffentlichte er in Eigenregie 15 Alben in ganz unterschiedlichen Stilrichtungen.

    "Ich traue mich jetzt einfach, das zu machen, was ich wirklich will. Das war schon eine krasse Überwindung. Geh' mal zu Deinen Gangster-Rapper-Kumpels und sag': Ich texte jetzt über Selbstverwirklichung und Dankbarkeit. Dann sagen die halt: F*ck dich", erzählt der Kaufbeurer und grinst. Dass er heute Theatersäle füllt, auf großen Seminaren über die Liebe und das Leben spricht, ja sogar bis Ende Dezember an jedem Wochenende komplett ausgebucht ist, entschied sich 2014.

    "Ich hatte nie Kohle, hatte kein Auto, musste für meine Ausbildung (Patrick war Logopäde) sogar Schulden aufnehmen", erzählt er. Und dann bekam er ein irres Angebot: Ein ehemaliger Patient, ein reicher aber cholerischer Mann, der von Patricks Arbeit fasziniert war, wollte ihm eine Praxis in Kaufbeuren finanzieren.

    Sein neues Album Sternenstaub vertreibt 'Seom' rein über seinen

    Online-Shop

    . Sein Ziel: 20.000 verkaufte Exemplare.

    "Ich war völlig von den Socken - meine Eltern haben gejubelt! Ich wäre gesetzt gewesen, gefestigt. Aber ich hätte keine Musik mehr machen können und hätte mich voll der Logopädie verpflichten müssen", sagt er - und lehnte ab. Seine Freunde fragten ihn, ob er bescheuert sei, und sein Vater zitierte den Propheten Mohammed: Vertraue auf Gott, aber binde zuerst dein Kamel an!

    "Um im Bild zu bleiben: Ich hatte ja nicht mal ein Kamel", erzählt Patrick. "Aber da wurde mir bewusst: Ich muss jetzt genau das machen, was ich will." Es war die Zündung für seinen Motor, wenn es jetzt nicht los geht - dann gar nicht mehr.

    Kurz darauf bekam er seinen ersten Plattenvertrag und nahm das Album 'Spirit' auf, das erste Mal spielte er 'Spiritual Hip-Hop'. Während andere also über Bitch Digge-Digge, yeah rappten, hörte man bei 'Seom': Du entfaltest pure Schönheit durch die Knospe deiner Seele!

    Ist das nicht ein bisschen arg kitschig? "Ha! Meine Texte könnten zum Teil auf Buddah-Statuen stehen, die man im Ramschladen kaufen kann! Aber was soll ich machen? So fühle ich einfach und das will ich weitergeben - will meinen Hörern Mut machen", sagt er.

    Patrick entwaffnet mit Ehrlichkeit. Was soll man schon die Augenbrauen runzeln, wenn er textet: Finde deine Traumfabrik in jedem kleinen Augenblick und Dein Leben wird zu einem Zaubertick - und es genau so meint? Und damit Menschen Kraft gibt? Hunderte Mails in der Woche von Konzert- und Seminar-Besuchern bestätigen ihn. Da schreibt der ausgebrannte Manager, die traurige Mutter, der Suchtkranke: "Viele sagen einfach nur: Danke", erzählt Patrick stolz. Ähnlich sieht es auf seiner Facebook-Seite aus: Kritik an seinen Werken findet man kaum - dafür viele Herz-Smilies und Lob.

    Auch auf seinen Konzerten will Patrick sein Wissen weitergeben.
    Auch auf seinen Konzerten will Patrick sein Wissen weitergeben. Foto: Karina M.Bschorr

    Weniger 'Bling, Bling' mehr 'Thermomix'

    Nicht nur er selbst ist untypisch für einen Hip-Hopper. Auch sein Publikum würde man weniger bei einem Rap-Konzert suchen. "Zu meinen Konzerten kommen etwa 70 Prozent Frauen. Viele Mütter, die sich für ihre Kinder etwas zu sehr aufgeopfert haben und jetzt eine gewisse Leere spüren. Oder auch Männer, mitten in der Midlife-Crisis, die sich Zufriedenheit nicht mit einem Porsche erkaufen wollen." Patrick will als 'Seom' den Menschen helfen, die Freude ins Leben zurückbringen. Und - da kann man so skeptisch sein, wie man möchte - Man nimmt es ihm ab: Real bleiben, true bleiben, also authentisch sein - dieses große Leitmotiv in der Hip-Hop-Kultur - erfüllt er.

    Wem jetzt übrigens das Bild von einem völlig vergeistigten Musiker vorschwebt, der von Karma statt von Pizza lebt, liegt aber nicht ganz richtig. "Bei allem inneren Frieden braucht man etwas zu Essen. Und ein Auto ist auch cool. Und eine schöne Wohnung."

    Er macht keinen Hehl daraus, dass er mit seiner Musik Geld verdienen, von seinem Schaffen leben will: "Kohle alleine macht kaum glücklich, aber in der spirituellen Community wird oft vernachlässigt, dass man Geld einfach braucht. Und ein bisschen Luxus auch einfach nicht schadet", sagt Patrick. Das andere Extrem - die Geldmacherei in der Szene - ärgert ihn dagegen wirklich: "Wenn's in die Richtung Esoterik geht, hab ich auf Tagungen schon wirklich Unglaubliches gesehen. Da werden tausende Euro für eine 'Aura-Reiningung' verlangt - das ist doch irre", meint Patrick.

    "Alles, was man zum Glücklichsein braucht, tragen wir in uns. Wer ein wenig dankbarer und demütiger ist, der braucht keine Chakra-Reinigung, keinen Kongress, auch keinen Spiritual Hip-Hop. Ich freue mich aber natürlich trotzdem über jeden, der auf meine Konzerte kommt!" Das nächste Mal im Allgäu spielt 'Seom' am 29. September bei einem Charity-Konzert in Bad Wörishofen. Seine Tour-Daten findest Du hier.

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