„Ich selber würde mir nie ein Tattoo machen lassen“, sagt Dr. Jochen Vogel. Dennoch ist seine Begeisterung für diese Körperkunst groß. „Menschen, die unzufrieden sind, helfe ich, es richtig zu stellen.“ Vogel ist Röntgen-Facharzt (Radiologe) und war bis vor wenigen Monaten noch für die Brustkrebs-Früherkennung in der Radiologie-Praxis am Klinikum Kempten zuständig. Nun ist er einen Stock höher gezogen und hat als Untermieter der chirurgischen Praxisklinik von Anja Dörrler-Behrendt und Dr. Svenja Schinkel das „Tattoo-Laserzentrum Kempten“ eingerichtet.
Die Beliebtheit von Tattoos scheint ungebrochen. Laut Vogel sind zehn Prozent aller Menschen in Europa tätowiert, bei den 25- bis 30-Jährigen sind es 30 Prozent. Aber es gibt auch eine Kehrseite. „Zehn Prozent wollen ihr Tattoo innerhalb der ersten zehn Jahre, nachdem sie es stechen ließen, wieder weg haben.“
Mit Strahlenkunde ist Vogel als Radiologe vertraut. „Ich wollte etwas Neues, etwas Anderes“, sagt er. Also wanderte sein Blick in Richtung Lasertechnik und Tattoo-Entfernung. Er machte einen Kurs zum Laserschutz-Beauftragen und bildete sich in Sachen Laserbehandlung weiter – etwa an der Universitäts-Hautklinik Düsseldorf und im Studio „Tattoolos“ in Hamburg, das seit zehn Jahren auf Tattoo-Entfernung spezialisiert ist.

Bisher hat Vogel 24 Kunden. „Das ist viel mehr als ich dachte“, sagt er. Zwischen 20 und 50 Jahren sind sie alt, haben die unterschiedlichsten Lebenshintergründe – und jeder bringt eine Geschichte mit in die Praxis. „Das ist auch das Schöne daran.“ Da ist die Polizei-Anwärterin, die aufgrund ihres Berufs ein Tattoo am Arm entfernen lassen will, oder ein Mann, dem seine „Jugendsünde“ einfach nicht mehr gefällt. Manchen schlägt ihr Tattoo aber auch auf die Stimmung oder – der Klassiker – sie wollen den Namen ihres Ex-Partners loswerden. Nach Vogels Erfahrung wird die komplette Entfernung aber gar nicht so oft gewünscht wie die Vorbereitung für ein „Cover-Up“. Der Arzt entfernt dafür vorwiegend die dunklen Farben aus dem Tattoo, so dass ein Neues gestochen werden kann, welches das alte überdeckt.
„Risiken gibt es bei sach- und fachgerechter ärztlicher Anwendung kaum“, sagt Vogel, mit Ausnahme der Narbenbildung. Aber auch die sei mit dem Picosekunden-Laser, den er verwende, unwahrscheinlich, denn Verbrennungen könnten kaum entstehen. Der Lichtblitz sei im Vergleich zu bisher verwendeten Nanosekunden-Lasern kürzer. Dadurch würden die Farbpigmente in der Haut besser zertrümmert, die Hitzewirkung indes sei geringer. Mindestens vier Sitzungen
„Unter vier Sitzungen lässt sich aber nichts machen“, betont Vogel. Mit vier bis zwölf Sitzungen in einem Zeitraum von neun bis zwölf Monaten müsse man rechnen – abhängig von der Größe des Tattoos, der Stechtiefe und der verwendeten Farben. Eine Garantie, dass danach überhaupt nichts mehr zu sehen ist, gibt es aber nicht. „Manche Tattoos sprechen nicht so gut auf die Behandlung an.“
Sind die Farbpigmente zertrümmert, werden sie über die Gewebeflüssigkeit und die Lymphknoten abtransportiert, bleiben jedoch zum Teil im Körper. Das ist bei der eigentlichen Tätowierung auch so, erklärt Vogel. Auch hier werden bereits bis zu 30 Prozent der Farbe aus der Haut auf gleichem Wege ausgeschwemmt. Normal ist, dass sich nach der Behandlung Blasen und Krusten bilden können. „Wenn der Kunde das gut pflegt, geht das komplett wieder weg“, sagt der Arzt. Pflege heißt in diesem Fall Wundsalbe, Wundkompressen, die Blasen nicht aufstechen und in keinem Fall kratzen. Außerdem kann die behandelte Haut dunkler oder auch heller werden, „White Ghost“ genannt. Auch diese Effekte verschwinden nach einiger Zeit wieder.
Um für seine neue Aufgabe gewappnet zu sein, hat Vogel auch mit Tätowierern gesprochen und die Tattoo-Conventions in Kempten und Lindau besucht. „Um die verschiedenen Stile kennenzulernen und zu sehen, wie die das machen“, sagt er. „Man muss sich mit den Tattoos beschäftigen, wenn man sie wegkriegen will.“
P.S.: Eine Geschichte über eine Tätowiererin aus Kempten liest Du hier.