Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Ein echter 'Nasenbär' im Allgäu

Faszination Fendt

Ein echter 'Nasenbär' im Allgäu

    • |
    • |
    Was. Für. Ein. Gerät! Der Fendt Favorit 626 LS macht schon von außen richtig was her. Links im Bild: der stolze Georg Angerer.
    Was. Für. Ein. Gerät! Der Fendt Favorit 626 LS macht schon von außen richtig was her. Links im Bild: der stolze Georg Angerer. Foto: Andreas Filke

    Von Bayerisch-Schwaben aus in die süditalienische Provinz Apulien und über Umwege in den Marktoberdorfer Stadtteil Thalhofen: Die Reise des Nasenbären war abenteuerlich. Und überall, wo er zu sehen war, wurde er bestaunt. Denn Nasenbären sind selten und lassen bei jedem Traktor-Fan die Augen leuchten. Georg Angerer hat bis vor kurzem gemeinsam mit einem Freund sogar einen solchen Fendt Favorit 626 LS besessen.

    Die Kabine war so groß wie ein Tanzsaal und von seiner Technik her war der Traktor der Konkurrenz 20 Jahre voraus.Georg Angerer

    Der Schlepper aus den 1980er Jahren gehörte damals mit seinen 252 PS zu den stärksten Traktoren der Welt. Er war das Flaggschiff der Baureihe Favorit 600 und glänzte nicht nur im Prospekt von damals mit seinen Vorzügen: MAN-Motor, Tri-Power-Lastschaltgetriebe, Motor vor der Vorderachse – weshalb er eine längere Schnauze besitzt und so seinen Spitznamen Nasenbär erhielt –, kleiner Wendekreis, serienmäßig Klimaanlage, die Kabine war nicht auf Gummi, sondern auf Stoßdämpfern gefedert. Auch Angerer schwärmt: „Die Kabine war so groß wie ein Tanzsaal und von seiner Technik her war der Traktor der Konkurrenz 20 Jahre voraus.“ Er wurde nur 62 Mal (andere Quellen sprechen von 66 Mal) gebaut.

    Außer einem Laster oder einem Panzer gibt es kaum was Größeres.Georg Angerer

    Die meisten fuhren dank Unterstützung des Königs in Saudi-Arabien. „Das war wohl ein Hobby von ihm.“ Falls es jemandem gelingt, von dort ein Exemplar zu exportieren, dann ist es meist sehr restaurierungsbedürftig. „Und dann wird’s richtig teuer“, sagt Angerer. Ersatzteile gibt es so gut wie gar nicht. Sie müssen eigens gefertigt werden. Besonders anfällig ist das Armaturenbrett, „der alte Kunststoff springt manchmal wie Glas“.

    Angerer und sein Freund hatten Glück: „Unserer war in einwandfreiem Zustand.“ In Fachkreisen habe es sogar geheißen, es sei der weltweit noch am besten Erhaltene. Davon überzeugten sich im vergangenen Jahr bei einer Oldtimerschau in Weibletshofen viele Zuschauer. „Der Nasenbär war ein richtiges Arbeitstier für schwere Böden“, sagt Angerer. „Der musste laufen.“ Auch in Italien, wo er zu einem Großbetrieb gehörte, war er bis zum Verkauf im Einsatz.

    Einmal hat Angerer den Nasenbären gefordert, als er auf einem Feld den Boden bearbeitet hat, was wiederum der eigentliche Beruf des 61-Jährigen ist. Er ist landwirtschaftlicher Lohnunternehmer, macht Begrünungen und Winterdienst. „Der ließ sich wunderschön fahren“, schwärmt er noch heute. Nun gut, etwas unübersichtlich sei er auf der Straße wegen seiner überlangen Haube schon gewesen. Und wegen der Größe: „Außer einem Laster oder einem Panzer gibt es kaum was Größeres.“

    Angesichts solcher Erlebnisse hat der Thalhofener natürlich viel zu erzählen, wenn sich der Nasenbär-Stammtisch trifft. Einmal im Jahr kommt der in Marktoberdorf zusammen. Zu der losen Runde finden sich aus dem In- und Ausland nicht nur Fans des Schleppers ein, sondern auch Personen, die damals im Werk Asbach-Bäumenheim in Handarbeit direkt an dessen Produktion beteiligt waren, Konstrukteure zum Beispiel und Mechaniker.

    Detektivarbeit geleistet

    Auch an solchen Abend wird Detektivarbeit geleistet. Es wird versucht zu erforschen, wo sich noch Nasenbären befinden. Denn seit einigen Jahren gibt es einen Trend, die heiß begehrten Stücke wieder nach Deutschland, besser noch nach Bayern, zurückzuholen. Wohl nur in diesem Kreis wird auch über Preise gesprochen, in der Öffentlichkeit nie. Man gewinnt aber eine Vorstellung davon, was sie kosten mögen, wenn Angerer es umschreibt: „Da muss auch ein Bankdirektor schon Geld übrig haben.“

    Den Nasenbär, den sein Freund und er besessen haben, haben sie ins Oberbayerische verkauft. „Du musst ihn bewegen und mit ihm arbeiten. Wenn du nur mal zum Oldtimertreffen fährst, ist der Motor schnell kaputt“, sagt Angerer.

    Und ob sich das bei einem Verbrauch von rund 30 Litern Diesel pro Betriebsstunde bei den heutigen Preisen rechnet? Er verneint das. Doch wer sich den Traktor leisten kann, der verfügt auch über das nötige Kleingeld für den Kraftstoff. Trotzdem will manch einer nur einfach einen Nasenbären besitzen und sich an seinem Anblick erfreuen, ihn aber nicht fahren. Auch das gibt es.

    Für Angerer ist der Verkauf nicht mit sehr viel Herzschmerz verbunden gewesen. „Ich habe Traktoren, aber brauche keine Oldtimer.“ Nur bei alten Autos, speziell mit dem Stern, wird er dann doch schwach.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden