Für so manchen war es ein Kindheitstraum: Wer den Film „Bambi“ sah, wünschte sich nichts mehr, als so ein Rehkitz in den Arm zu nehmen, es zu streicheln und zu füttern. Tiermedizinische Fachangestellte Stephanie Schwarz und ihre Freundin Barbara Mägdefrau aus Blaichach haben das alles in den letzten fünf Monaten täglich erlebt, denn sie ziehen ein Kitz groß.
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Ein Jäger kam im Juni in die Klinik, in der Schwarz arbeitet. Er erzählte von einem jungen Reh, das bei ihm vorbeigebracht worden war und fragte die Tiermedizinische Fachangestellte, ob sie geeignete „Erzieher“ in der Umgebung kennen würde. Ab da war für Stephanie Schwarz alles klar: Die 33- Jährige nahm das Tier bei sich zu Hause auf. Sie hat Erfahrung, denn sie kümmerte sich auch in der Vergangenheit bereits um Wildtiere, die verletzt oder ausgesetzt worden waren. Ihre Freundin unterstützte sie.
Rehe sind wirklich keine Haustiere
Mit diesem „Bambi“ aber war die Anfangszeit gar nicht so leicht. „Es war den Sauger der Flasche nicht gewohnt. Ich habe die ersten Tage quasi von Mund zu Maul mit Tee gefüttert, weil es keine Milch wollte“, sagt Schwarz und fügt an. „Experten empfehlen, ein wenige Tage altes Reh alle zwei Stunden zu füttern, weil es sonst verhungern könnte.“ Dieses Bambi aber hatte wohl keinen so großen Hunger. „Wir haben nach einigen Anstrengungen fünf Fütterungen am Tag geschafft und es so durch die schwierige Startphase gebracht.“
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Doch wie lange wollen die beiden das Reh behalten? Das sei nicht wirklich ihre freie Entscheidung. Jäger machten darauf aufmerksam, dass das Tier den Winter im Gehege nicht überleben würde, weshalb es seit wenigen Tagen Freigang hat und sich beliebig draußen bewegen darf. Spätestens zum ersten richtigen Wintereinbruch müsse es aber wirklich ausgewildert werden.
Ernste Bedenken, dass das Kitz immer wieder zurückkehren oder ihm etwas zustoßen könnte, haben die beiden Frauen nicht. Es sei anderen Menschen und Tieren gegenüber viel zu scheu, um belebte Orte aufzusuchen. Und obwohl man nie ausschließen könne, dass etwas passiert, halten sie es für unwahrscheinlich. Örtliche Jäger und Förster seien bereits benachrichtigt. Schwarz und Mägdefrau haben dem Reh auch bereits Ohrmarken angebracht, damit die Jäger das zahme Tier erkennen und nicht sofort erlegen.
Bloß nicht nach Hause nehmen
Die Pflege eines Wildtiers sei immer eine Sache für Fachkundige und nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Man muss sich definitiv mit den Tieren auskennen. Nicht jeder darf sich Experte schimpfen und ein einfach ein Reh aufziehen wollen.“
Sollte man tatsächlich ein Wildtier finden, dürfe man es unter keinen Umständen mit zu sich nach Hause nehmen. Am besten sei es, sofort die Polizei zu verständigen. Die Beamten könnten das Tier dann an Förster, Tierärzte oder andere Sachverständige weiterleiten und ihm somit die bestmögliche Behandlung ermöglichen.
Viele machten sich auch keine Gedanken darüber, wie kostenintensiv eine solche Tierversorgung sein kann. Trotz aller Schwierigkeiten im Großziehen des Kitzes betrübt die beiden Freundinnen der baldige Abschied auch ein wenig. Schließlich ist ihnen „Bambi“ ans Herz gewachsen und hat ihnen viel Freude bereitet in den vergangenen Monaten.