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Eine Passion: Waal spielt den Brandner Kaspar im Allgäuer Dialekt

Ostallgäuer Bühnenspiel

Eine Passion: Waal spielt den Brandner Kaspar im Allgäuer Dialekt

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    Ein bisschen Schnaps, ein Kartenspiel - schon war's um den Tod geschehen: Dietmar Ledel als Boindlkramer (links) und Helmut Greisl als Brandner in einer zentralen Szene der „G’schicht vom Brandner Kasper“ im Passionsspieltheater Waal.
    Ein bisschen Schnaps, ein Kartenspiel - schon war's um den Tod geschehen: Dietmar Ledel als Boindlkramer (links) und Helmut Greisl als Brandner in einer zentralen Szene der „G’schicht vom Brandner Kasper“ im Passionsspieltheater Waal. Foto: Mathias Wild

    Wer würde dem Tod nicht gerne ein Schnippchen schlagen und den Zeitpunkt selbst bestimmen, wie in der „G’schicht vom Brandner Kasper“? Ursprünglich die literarische Figur aus einer Kurzgeschichte von Franz von Kobell aus dem Jahr 1871 wurde die Geschichte des Brandner Kaspar mehrfach fürs Theater adaptiert und verfilmt. Doch anders als in der 1975 von Kurt Wilhelm entstandenen Fassung hielt sich die Passionsspielgemeinschaft Waal mit ihrem Regisseur Florian Martin Werner nicht nur dichter am Original, sondern übersetzte den Stoff zusätzlich aus dem ursprünglich oberbayerischen in den örtlich passenderen Allgäuer Dialekt.

    Bei der Premiere mit vielen Ehrengästen bekamen die Zuschauer im Waaler Passionsspielhaus gleich Einblick in die Stube der Brandners. Todkrank vertraut Kaspers Ehefrau (Lucia Kellner) in ihren letzten Zügen das Wohl ihres Ehemanns dem Pfarrer (Werner Demmler) an. In großer Trauer, doch mit Fassung trägt Kasper (Helmut Greisl) seinen Verlust.

    Hauptprobe Der Brandner Kasper Waal Passionstheater
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    Dem "Boindlkramer" trotzen...

    Doch ein Jahr später wird ihm auf einmal „ganz koiz“ zumute, als er während eines Wettschießens mit dem Bürgermeister (Franz Barta) eine dunkle Gestalt wahrnimmt. Diese offenbart sich ihm später daheim als „Boindlkramer“ (Dietmar Ledel). Der Tod möchte den Brandner in in die Ewigkeit holen. Alles andere als bereit zeigt sich jedoch Sturkopf Kasper, der zu keiner der entgegenkommend angebotenen Jahreszeiten sein irdisches Dasein verlassen will.

    Listig verführt er die bleiche Gestalt zum Mittrinken und etliche Schnäpse später auch zu einer für den Tod fatalen Wette: Wer beim Kartenspiel den Gras-Ober in seinem Päckchen hat, gewinnt. Nicht ahnend, dass der Kasper besagte Karte vorher in seinem Ärmel verschwinden ließ, freut sich der Boindlkramer über sein größeres Päckchen Karten und die damit vermeintlich höhere Gewinnchance. Doch am Ende muss er einsehen, dass sich der Kasper mit dem falschen Spiel ein Leben bis zum 90. Geburtstag herausgeschunden hat. Und er selbst sich einem Problem gegenübersieht, das ihn sehr bald einholen wird.

    Schwaben, Franken, Allgäuer - und ein Preuße

    Anders als in späteren Versionen der Erzählung gibt es in der Waaler Aufführung keine Wilderertragödie, sondern - wie im Original von Franz von Kobell - zwei Söhne der Brandners, die in den Tiroler Kriegen gegen die Anhänger Andreas Hofers kämpfen. Diesen Stoff nahm auch Spielleiter Florian Werner zur Grundlage für die Nebenhandlung und die unerlaubte Liebschaft zwischen Toni Brandner (Benedikt Hornung) und Margret (Kathrin Völk), einer jungen Tirolerin.

    Nicht nur daraus ergibt sich eine interessante sprachliche Mixtur. Auch die Szenen im Himmel zeigen eine beeindruckende Vielfalt an schwäbischen, fränkischen und Allgäuer Dialekten. Sogar ein Preuße (Michael Klein) spielt darin eine zentrale Rolle. Regisseur Werner inszenierte dies lustvoll zugespitzt wie eine Mischung aus Bauernschwank und Jahrmarktrevue. Prall und derb vermitteln die Figuren darin zwischen Tragik und Komik einen augenzwinkernden Blick auf Leben und Tod.

    Brandner Kasper Premiere Waal, Reden vor Beginn auf dem Theater-Vorplatz.
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    Helmut Greisl spielt den in die Jahre gekommenen, taktierenden Brandner mit unbändiger Energie und verzweifelter Bitterkeit. Berührend gelingt ihm die schwierige Balance zwischen derber Sturheit und selbstzweifelnder Verletzlichkeit.

    Sein Gegenspieler ist mit Dietmar Ledel großartig besetzt. Lustvoll agiert er grimassierend und mit wilden Verrenkungen als Tod und verlorene Seele, dem es „aufgesetzet ist“, seine Aufträge zu erfüllen. Dabei wäre diese nestroyhafte Randexistenz doch selber gern einer von denen, die er holen muss.

    Die Inszenierung der Waaler Passionspielgemeinschaft geht in ihrer gelungenen Fassung weit über einfaches Lachtheater hinaus. Sie überzeugt in ihrer grotesken Handlung mit vielen witzigen Einfällen, dialektfarbigem Wortwitz, hintergründigen Anspielungen und hält mühelos über zweieinhalb Stunden die Spannung. Die zünftigen Musikeinlagen der Waaler Kapelle, die Spielfreude der 80 Akteure, das zwischen Himmel und Erde wechselnde Bühnenbild (Jeanette Arndt) machen die Aufführung zu einem besonderen Erlebnis, welches das Publikum bei der Premiere begeistert feierte.

    Zu sehen ist das Stück bis 1. Juli (immer samstags um 19.30 Uhr und sonntags um 16 Uhr). Spielpause während der Pfingstferien (19. Mai bis 3. Juni).

    Karten im Vorverkauf gibt es bei der Passionsspielgemeinschaft unter Telefon 08246/96 90 01 sowie bei den Service-Centern der Allgäuer Zeitung und online unter www.allgaeuticket.de

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