Während die Armen und Machtlosen früher für wenige Tage Narrenfreiheit genossen und die hohen Herren verspotteten, sind die Angeprangerten heute vielerorts dabei: Die Faschingsumzüge läuten alljährlich die letzten Tage gelebter Disziplinlosigkeit ein, bis am Aschermittwoch alles vorbei ist.
Am "Unsinnigen Donnerstag" (16. Februar) wollen heuer wieder mehrere Tausend Schaulustige den beliebten Chinesenfasching in Dietfurt an der Altmühl verfolgen. Pandemiebedingt fiel er zuletzt aus, normalerweise geht das Spektakel mit einer mehr als 90-jährigen Geschichte am Donnerstag vor dem Rosenmontag über die Bühne.
Mit Schellen und teils auch mit Kuhglocken lärmend ziehen traditionell am "Unsinnigen Donnerstag" zudem Maskierte mit historischen geschnitzten Holzmasken - "Maschkera" - durch Orte in Oberbayern, etwa durch Mittenwald. Nach altem Brauch läuten sie damit den Frühling ein und vertreiben die Dämonen der dunklen Jahreszeit.

Bayernweit werden zwischen Unterfranken und Schwaben bis Faschingsdienstag in vielen Gemeinden Vereine und Karnevalsgesellschaften durch die Straßen ziehen, oft ausgerüstet mit Süßigkeiten, Stofftieren und Blumen. Das Wurfmaterial ist vielfach unter dem Begriff Kamelle bekannt, obgleich das eigentlich kleine Kaubonbons meint, die beim Essen bisweilen hartnäckig an den Zähnen kleben.
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Bevor die Narren am Aschermittwoch zur alten Artigkeit zurückkehren, drehen sie bei den traditionellen Umzügen erstmal richtig auf. Ausgetobt wird sich vor allem in Franken, allen voran in Würzburg, wo an diesem Sonntag (19.) der laut Eigenwerbung größte Faschingsumzug in Süddeutschland "rechts des Rheins" stattfindet. In Vor-Corona-Jahren schauten bis zu 100 000 Menschen dem bunten Treiben in der Mainstadt zu. Das Motto lautet heuer: "Würzburg spart Strom und Gas, aber nicht am Faschingsspaß". Laut Veranstalter haben sich etwa 150 Gruppen mit rund 3500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern angemeldet.

Aber auch in Nürnberg, Bayreuth und Coburg soll am Sonntag kräftig geschunkelt und gefeiert werden - die Zeit, wo Delta, Omikron und Co. die Laune verdarb, ist vorbei. "Gerade in diesen unruhigen Zeiten vieler schlechter Nachrichten wollen wir mit dem Gaudiwurm zeigen, all unsere Vereine und Gruppierungen nach der Corona-Zeit noch da sind", sagte der Coburger Zugmarschall Thorsten Krauß. Monatelang haben die Tanzmariechen eifrig trainiert und Garden an ihren aufwendigen Choreographien gearbeitet. Spielmannszüge sollen die Besucher am Straßenrand in Stimmung bringen.
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Am Rosenmontag wird es in Nürnberg auch wieder einen Kinderfaschingszug geben, zum 43. Mal mittlerweile. In München wollen am Faschingsdienstag die Marktweiber am dem Viktualienmarkt tanzen - vergangenes Jahr und 2021 war der traditionelle Höhepunkt des Faschings in der Landeshauptstadt ausgefallen. Der Brauch geht auf den Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Die Damen von Obst-, Gemüse-, Käse- oder Brotzeitstandl sorgen mit Tanzeinlagen zu bekannten Hits für gute Laune.
Auch für viele Behörden in Bayern hat das ausgelassene Treiben der Jecken am Faschingsdienstag Auswirkungen. Vor der Pandemie durften Mitarbeiter beispielsweise der Wertstoffhöfe, Müllabfuhr oder im Gesundheitsamt nachmittags frei machen, in Würzburg und anderen Städten haben viele Geschäfte zu.