Strom in Deutschland ist teuer, und im Süden des Landes könnte er sogar noch teurer werden. Schuld daran ist vor allem der dringend nötige Netzausbau, der mit dem Zubau von Solar- und Windkraftanlagen nicht Schritt hält. Die drohende Überlastung des Übertragungsnetzes, also der Leitungen, die den Strom über weite Strecken transportieren, macht auch den Netzbetreibern in anderen europäischen Ländern Probleme. EU-Partner wie Schweden fordern lautstark, Deutschland müsse seinen Strommarkt in mehrere Preiszonen aufteilen. Denn die Begrenzungen des deutschen Netzes sorgen auch dafür, dass physisch verfügbarer Strom nicht für den europäischen Handel zur Verfügung steht. Das verfälscht die Preise.
Bislang wird der Börsenpreis für Strom einheitlich für ganz Deutschland gebildet. Doch der Markt spiegelt die Realitäten der Stromerzeugung nicht mehr wider. Zu Zeiten, in denen an der Küste viel Wind weht, fließt dort so viel Strom ins Netz, dass die Anlagen zum Teil abgeregelt werden müssen, damit das Netz nicht zusammenbricht. Der phasenweise Energieüberschuss wirkt sich dann auch auf die Nachbarländer aus. Hinzu kommt: Weil der Strom wegen der fehlenden Leitungen nicht im energiehungrigen Süden ankommt, müssen dort konventionelle Kraftwerke einspringen und zu höheren Preisen Strom erzeugen.
Bis 2019 gehörte auch Österreich zur deutschen Strompreiszone
Über drei Milliarden Euro mussten die Stromkunden laut Bundesnetzagentur allein im Jahr 2023 für diesen sogenannten „Redispatch“ bezahlen. Im Jahr davor waren es sogar mehr als vier Milliarden Euro. Gäbe es in Deutschland zwei oder noch mehr Preisgebotszonen für Strom, so sagen Kritiker, würden die Strompreise die realen Preise besser widerspiegeln. Zum Nachteil Bayerns - im Norden könnte es dann zwar billiger werden, während die Verbraucher im Süden wohl mehr zahlen müssten. Unterschiedliche Strompreiszonen gibt es auch in anderen EU-Ländern: Schweden hat vier, Italien sieben und sogar das kleine Dänemark hat zwei. Auch die deutsche Strompreiszone, zu der noch Luxemburg zählt, wurde durch die Abspaltung von Österreich im Jahr 2019 bereits einmal geteilt.

Dennoch ist die deutsche Energiewirtschaft weitgehend einig in ihrer Ablehnung der Teilungspläne. Marian Rappl, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft, sieht die Forderung von der Realität überholt: „Der Ausbau der Leitungen vom Norden in den Süden läuft. Auch bei der besseren Anbindung der Netze an unsere europäischen Nachbarn sind wir im Plan“, sagt Rappl. Eine Aufteilung in mehrere Preiszonen sorge für neue Unsicherheiten und Verzögerungen.
Bayerns Wirtschaft kämpft gegen eine Aufteilung
Auch der Ausbau Erneuerbaren würde so gebremst, warnt Matthias Stark vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE): „Ein neuer Windpark mit 50 Megawatt hat in einer bundesweiten Preiszone keinen Einfluss, in einer kleinen Zone jedoch schon.“ Für Anlagenbetreiber werde es so zu einem Glücksspiel, ob sie ihre Anlagen gewinnbringend betreiben können, Investitionen blieben so aus.
Eine wichtige Weichenstellung im weiteren Verfahren ist die Veröffentlichung eines Marktberichts der europäischen Übertragungsnetzbetreiber. Die Untersuchung hat sich bereits mehrfach verzögert. Auch in Brüssel kämpfen Bayerns Wirtschaft und Politik gegen die Pläne. Die bayerische Europaabgeordnete Angelika Niebler (CSU) ist Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. Sie sagt unserer Redaktion: „Eine Aufteilung der deutschen Gebotszone in mehrere Zonen lehne ich entschieden ab. Würde die deutsche Gebotszone aufgeteilt werden, wäre das eine erhebliche Schwächung unseres bayerischen Wirtschaftsstandorts.“
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