Die während der großen Flüchtlingsbewegung 2015 zwischen Österreich und Slowenien eingeführten Grenzkontrollen dürften europarechtswidrig sein. Der Europäische Gerichtshof wies in einem Urteil vom Dienstag darauf hin, dass Staaten solche Kontrollen nur im Fall "einer neuen ernsthaften Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit" verlängern dürfen. "Im vorliegenden Fall scheint Österreich (...) nicht nachgewiesen zu haben, dass eine neue Bedrohung vorliegt." Eine abschließende Entscheidung liegt jedoch beim zuständigen Gericht in Österreich (Rechtssachen C-368/20 und C-369/20).
Konsequenzen für Deutschland werden geprüft
Die Bundesregierung habe das Urteil zur Kenntnis genommen, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mit. "Die Auswertung und Prüfung etwaiger Auswirkungen auf die von Deutschland angeordneten vorübergehenden Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze dauert an", fügte er hinzu.
Eigentlich gibt es im Schengen-Raum, dem 26 europäische Länder angehören, keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen. In den vergangenen Jahren hatten aber mehrere Staaten eine Ausnahmeregelung genutzt und wieder teilweise Grenzkontrollen eingeführt. Deutschland kontrolliert seit Herbst 2015 an der Grenze zu Österreich, nachdem sich Zehntausende Flüchtlinge und andere Migranten von Griechenland über die Balkan-Route auf den Weg nach Westeuropa gemacht hatten.
Slowene hatte wegen Grenzkontrollen geklagt
"Seit letztem Jahr steigt der Migrationsdruck auf Deutschland deutlich an, daher wäre es fahrlässig, die Kontrollen auslaufen zu lassen", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU). Zudem finde in Bayern dieses Jahr der G7-Gipfel in Elmau statt.
Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist ein Verfahren, bei dem sich ein Slowene nach Einführung der Kontrollen an der Grenze zu Österreich zweimal geweigert hatte, seinen Pass zu zeigen. Er erhielt dafür eine Geldstrafe von 36 Euro. Der Kläger war jedoch der Meinung, dass die Kontrollen gegen EU-Recht verstießen und klagte vor einem Gericht in Österreich.