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Petition gegen Exen: Schülerin Amelie N. stellt sich gegen Markus Söder

Bildung

Diese Schülerin stellt sich im Streit um Exen gegen Markus Söder

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    Die Schülerin Amelie N. stellt sich gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder: Sie will, dass Exen abgeschafft werden.
    Die Schülerin Amelie N. stellt sich gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder: Sie will, dass Exen abgeschafft werden. Foto: Christoph Soeder, dpa, Canva, Initiative „Schluss mit Abfragen und Exen!“, Montage AZ

    Würde man alle Unterschriften ausdrucken, die die 17-jährige Amelie N. gesammelt hat, man könnte mehrere Klassenzimmer damit tapezieren. Mehr als 52.000 Menschen haben im Internet ihre Petition zur Abschaffung unangekündigter Leistungsnachweise in Bayern unterschrieben. „Schluss mit Abfragen und Exen!“, fordert die Schülerin darin und trifft damit offensichtlich einen Nerv. Nächste Woche übergibt Amelie die Petition dem Bayerischen Landtag. Doch vorher zündet sie mit ihrer Initiative die nächste Stufe. Überall in München kleben die Plakate mit dem Hinweis auf die große Demonstration am kommenden Sonntag auf dem Wittelsbacher Platz. Amelie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter rechnen mit 1000 Teilnehmenden. „So viele haben wir jedenfalls angemeldet. Aber wir hoffen natürlich, dass noch viel mehr kommen“, sagt die Jugendliche ein paar Tage vor der Protestveranstaltung.

    „Bayern legt los“, so hat das Team um Amelie seine Demo betitelt. Das Problem nur: Der, der in Bayern bestimmt, wann losgelegt wird und wann nicht, bremst die Initiative bislang aus. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bereits zu Beginn des Schuljahres ein Machtwort gesprochen. „Exen und Abfragen werden natürlich bleiben“, sagte Söder im vergangenen September. Damals war nicht nur Amelies Petition im Netz immer erfolgreicher geworden. Auch Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hatte angekündigt, Leistungsnachweise an Schulen kritisch prüfen zu wollen.

    Amelie (Mitte) und ihre Initiative engagieren sich, damit Exen an Bayerns Schulen der Vergangenheit angehören.
    Amelie (Mitte) und ihre Initiative engagieren sich, damit Exen an Bayerns Schulen der Vergangenheit angehören. Foto: Initiative „Schluss mit Abfragen und Exen!“

    „Wir Schülerinnen und Schüler werden von Markus Söder nicht ernst genommen“, ärgert sich Amelie. „Wir werden von der Regierung überhaupt nicht gehört. Das ist ein fatales Signal - auch an alle anderen jungen Menschen, die versuchen, sich in irgendeiner Form zu engagieren.“ Söder solle „Anna Stolz einfach ihren Job machen lassen“, fordert die Münchnerin.

    Lehrkräfte in Bayern sind bereits jetzt nicht verpflichtet, Stegreifaufgaben und benotete Abfragen durchzuführen. Das Kultusministerium räumt ihnen einen pädagogischen Spielraum dabei ein, wie sie ihre Noten sammeln. Auch an Amelies Schule - sie besucht die Oberstufe eines Gymnasiums - sind die Exen mittlerweile weniger geworden. Und doch sei diese Prüfungsform für tausende Schülerinnen und Schüler immer noch Realität. „Für mich ist Schule dadurch zum Albtraum geworden“, sagt die Münchnerin. Der psychische Druck, das Gefühl des Ausgeliefertseins vor der ganzen Klasse, dazu die „Misstrauenskultur“, die sich zwischen Schülern und Lehrkräften entwickle: Argumente für ein Exen-Aus hat Amelie genug.

    Petition von Amelie N.: Warum Söder an Exen nicht rütteln will

    Und sie bekommt Unterstützung: Der Bayerische Elternverband wirbt ebenso für die Demo am Sonntagnachmittag wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und Bob Blume, der als „Netzlehrer“ mit fast 200.000 Followern einer der reichweitenstärksten Bildungsinfluencer Deutschlands ist. Kinder- und Jugendmediziner bewerten unangekündigte Tests als schädlich für die Psyche. Die Münchner Kinderärztin Dr. Dilek Önaldi-Gildein, die auch die Pressesprecherin ihres Berufsverbandes in Bayern ist, sagte jüngst unserer Redaktion: „Mit dem Leistungsdruck in der Schule kommen viele Kinder und Jugendliche nicht zurecht.“ Man habe in Bayern mit den Exen ein System geschaffen, das viele extrem stresse und zu einem negativen Leistungsdruck führe.

    Bayerns Ministerpräsident sieht das offensichtlich anders. Er begründete sein Machtwort im September damit, dass Bayern bei der Bildung seine Spitzenposition behalten wolle. Eine Abschaffung von Stegreifaufgaben würde Söder zufolge „die Leistungsdichte verschlechtern“. Auch Kultusministerin Stolz hat bislang nicht angekündigt, Exen komplett abschaffen zu wollen. „Es ist mein oberstes Ziel, dass wir die Kinder stark machen für die Arbeits- und Lebenswelt von morgen“, hatte sie als Reaktion auf Söder damals unserer Redaktion gesagt. „Das heißt, dass wir sie auch auf eine Leistungsgesellschaft vorbereiten wollen. Deswegen müssen wir sie auch dazu befähigen, mit Druck adäquat umzugehen.“ 

    „Ich finde, jeder sollte im Schulsystem eine faire Chance haben.“

    Amelie, Initiatorin der Petition

    Die Schülerin Amelie N. und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus der Initiative gegen unangekündigte Tests stehen gerade unter dem Druck, Schule und Demo-Vorbereitungen unter einen Hut zu bringen. Es fühle sich an wie ein ziemlich intensiver Nebenjob, sagt die Gymnasiastin. Ordner und Helferinnen suchen, Presseanfragen beantworten, mit Behörden kommunizieren: „Es sind gerade 1000 Dinge zu tun“, berichtet sie. „Aber man kann nicht immer wegschauen. Ich finde, jeder sollte im Schulsystem eine faire Chance haben.“ Und bis es soweit sei, müsse sich in Bayern noch vieles ändern. (mit huda)

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