„Falco hat nicht auf ängstlich und Mainstream gemacht, sondern er hat die Sau herausgelassen“, sagt Alexander Kerbst. Der 52-jährige Sänger, den viele auch aus dem Ludwig2-Musical kennen, schlüpft im Musical „Falco“ in die Fußstapfen des österreichischen Pop-Stars, der mit Hits wie Rock Me Amadeus, Der Kommissar und Jeanny unsterblich wurde.
Am 19. Februar würde Falco, der Johann „Hans“ Hölzel hieß, 60 Jahre alt werden, wäre er 1998 nicht bei einem Verkehrsunfall in der Dominikanischen Republik ums Leben gekommen. Die Uraufführung von „Falco – Das Musical“ war im Festspielhaus Füssen geplant, findet aber am Freitag in der Big Box in Kempten statt.
Herr Kerbst, 2002 gaben Sie in „Falco meets Amadeus“ erstmals den Pop-Star. 2005 und 2006 gingen Sie als Falco auf Tournee, 2013 waren Sie im Tanztheater „Falco – The Spirit never dies“ zu sehen und tourten durch Österreich. Zu dieser Rolle mussten Sie also nicht überredet werden, oder?
Kerbst: Eigentlich sind meine Kollegen schuld. Als das erste Musical um 2000 geplant wurde, da sagten die zu mir: Da musst du hingehen und dich bewerben, du siehst wie Falco aus.
Was fasziniert Sie an Falco?
Kerbst: Er war ein exzentrischer Künstler, der sich nicht darum geschert hat, was andere sagen. Er hat sein eigenes Ding durchgezogen, war einer, der großen Mut hatte, der sich immer was getraut hat. Er hat dabei natürlich auch viel Mist gebaut.
Wie sehen Sie das: Gibt es den Hans Hölzel auf der einen Seite und den Pop-Star Falco auf der anderen?
Kerbst: Zu Beginn waren beide Figuren eins. Das hat sich im Laufe der Jahre auseinanderdividiert. Im Grunde ist er an diesem großen Spagat zerbrochen. Die Kunstfigur Falco wurde immer übermächtiger. Alle wollten nur noch Falco sehen, den Exaltierten und nicht den kleinen schüchternen Hans. Der Hans wusste am Ende gar nicht mehr, wer er wirklich war. Er ist zerbrochen, weil sich diese Schizophrenie nicht mehr aufrechterhalten ließ.
Sie haben mit Ihrer Lebensgefährtin Stefanie Kock das Buch zum Falco-Musical verfasst. Welchen Falco bringen Sie auf die Bühne?

Kerbst: Wir begegnen Falco mit viel Respekt. Wir wollten Falco auf keinen Fall so einseitig zeigen, also als präpotentes Arschloch, wie er sich oft auch selber inszeniert hat. Wir zeigen stattdessen auch einen sensiblen Künstler, der vielleicht etwas zu sensibel ist, um mit dem ganzen Druck umgehen zu können und daran letzten Endes auch scheitert.
Wie erzählen Sie die Geschichte?
Kerbst: Wir haben das Ganze als Biopical, also als biografisches Musical angelegt. Wir erzählen die Lebensgeschichte Falcos weitgehend chronologisch. Dabei haben wir auch ein paar poetische, allegorische Momente eingebaut. So begleiten Ana Conda und Jeanny als Engelchen und Teufelchen Falco auf seinem Weg, symbolisieren quasi seine helle und seine dunkle Seite. Dazu kommt noch die Figur des Managers, der als Erzähler auftritt.
Falcos Sprache ist eine abenteuerliche Mischung aus Deutsch, Englisch und Wienerisch. Wie bekommen Sie als Thüringer das Kauderwelsch und den Wiener Slang hin?
Kerbst: Ich habe schon immer gern Leute persifliert. Unsere Band besteht komplett aus Wienern, und die helfen mir auch sprachlich auf die Sprünge. Aber der Dialekt ist nicht das Entscheidende. Falco gilt ja als derjenige, der als Erster deutsch gerappt hat. Das Wichtigste ist, dass die Sprache, der Gesang und die Figur authentisch rüberkommen.
Haben Sie einen Lieblingssong?
Kerbst: Das wechselt. Aktuell ist es „No time for Revolution“. Ein kraftvoller Song. Falco singt ihn im Musical an seinem 40. Geburtstag. Er hat keinen Bock mehr, irgendwelchen Menschen zu gefallen. Er hat dieses Gefühl „Leckt’s mi doch alle am Oasch!“ und sagt: „In der Karibik lebe ich sorgenfrei. Die Sonne scheint mir auf den Bauch und hinter mir die Sintflut“.
Das ist doch eine Zeile aus dem Song „Hinter uns die Sintflut“ …
Kerbst: Genau. Das ist ein kleiner dramaturgischer Kniff. Wir haben in den Dialogen auch Teile aus Songtexten verwendet. Falco ist also omnipräsent, nicht nur in den rund 22 Songs, die wir aufführen, sondern auch in den Texten.
Eine schillernde Figur wie Falco fehlt in der deutschsprachigen Pop-Szene.
Kerbst: Das finde ich auch. Produzenten, Plattenfirmen, Künstler haben Angst davor, etwas Radikales zu wagen, gehen nur noch auf Nummer sicher. Das führt dann zu diesem Mainstream-Brei. Unsere Tour umfasste zunächst 40 Termine, jetzt haben wir über 80. Falco hat nicht auf ängstlich und Mainstream gemacht, er hat die Sau rausgelassen. Das fasziniert die Leute wohl nach wie vor.
Sie gehörten mit Stefanie Kock zur Stammbesetzung des Ludwig2-Musicals in Füssen und in Kempten. Wie wichtig ist für Sie dieses Musical?
Kerbst: Es hat für uns einen sehr hohen Stellenwert. Auch einen emotionalen. Wir hatten uns zuvor kennengelernt und haben dann drei Jahre lang bis 2007 in Füssen gewohnt. Ludwig2 ist für mich eines der besten Musicals – auch wegen der Botschaft „Hör nicht auf zu träumen und schaffe etwas, was über dich hinausweist“. Dieses Musical spendet Kraft, Energie und Lebensfreude. Ich hoffe, dass es wiederkommt.
Karten für „Falco“ am Freitag, 20. Januar (20 Uhr), in der Big Box in Kempten gibt es in den Service-Centern der Allgäuer Zeitung, Telefon 0831/206 55 55, in der Big Box, Telefon 0831/570 55 33.
Am 16. April ist das Musical auch im Festspielhaus in Bregenz zu sehen.