Die Maskenpflicht im Nah- und Fern verkehr wird aufgehoben. Fällt die Maske in Krankenhäusern auch bald?
Bild: Felix Kästle, dpa (Symbolbild)
Die Maskenpflicht im Nah- und Fern verkehr wird aufgehoben. Fällt die Maske in Krankenhäusern auch bald?
Bild: Felix Kästle, dpa (Symbolbild)
In die Corona-Politik ist gewaltig Dynamik gekommen. Ab Anfang Februar wird die Maskenpflicht im Nah- und Fernverkehr fallen. Selbst der bisher sehr vorsichtige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sah sich zu diesem Schritt gezwungen. Aber wie geht es nun weiter? Ist es denkbar, dass alle Corona-Maßnahmen bereits deutlich vor dem Auslaufen des entsprechenden Infektionsschutzgesetzes am 7. April fallen? Mehr zur Corona-Pandemie im Newsblog der Allgäuer Zeitung.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat dies gegenüber unserer Redaktion schon gefordert. Die Entwicklung sei aktuell so positiv, dass man schneller aussteigen könne. Dies beträfe vor allem einen sensiblen Bereich: die Maskenpflicht (und Testpflicht) für Seniorenheime, Krankenhäuser und Arztpraxen. Zwar besteht Lauterbach darauf, dass die Schutzmaßnahmen in diesen Einrichtungen bestehen bleiben. Doch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek kann sich eine frühere Lockerung ebenfalls vorstellen. „In Bayern beobachten wir die Entwicklung auch im Hinblick auf Krankenhäuser, Seniorenheime und vulnerable Gruppen genau. Und wir passen die Regeln an, sobald es die Lage zulässt“, sagte Holetschek unserer Redaktion.
Der CSU-Politiker findet einen Vorschlag des Intensivmediziners Christian Karagiannidis durchaus „bedenkenswert“. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin will die Maskenpflicht in Krankenhäusern bis zum Ende des Faschings aufrechterhalten, um den Viruseintrag von außen zu begrenzen. Aschermittwoch ist am 22. Februar. Die Inzidenzwerte im Allgäu immer aktuell an dieser Stelle.
Seit Deutschlands bekanntester Virologe Christian Drosten an Weihnachten in einem Interview die Pandemie quasi für beendet erklärt hat, nimmt die Diskussion um das Ende der Corona-Regeln immer weiter an Fahrt auf. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist seither – bei aller Vorsicht hinsichtlich ihrer Aussagekraft – weiter gesunken. Sie liegt bei knapp über 100 und damit so niedrig wie seit Herbst 2021 nicht mehr. Die Bevölkerung hat nach Einschätzung der allermeisten Experten eine hohe Immunität aufgebaut.
Viele Bundesländer haben diese Entwicklung dazu genutzt, die Regeln in ihrem Verantwortungsbereich zu lockern. So hat Bayern Mitte November die Isolationspflicht für positiv Getestete abgeschafft und fordert dies nun bundesweit. Zudem fielen im Freistaat vor einem Monat schon die Masken im Nahverkehr – „ohne dass sich das negativ ausgewirkt hätte“, wie Gesundheitsminister Holetschek betont. Er plädiert nun dafür, auf mehr Eigenverantwortung und die hohe Sachkunde in Krankenhäusern und Pflegeheimen selbst zu setzen. „Die wissen am besten, welche Maßnahmen bei ihnen sinnvoll sind“, sagte der CSU-Politiker. Eine Empfehlung zum Tragen von Masken beispielsweise in Zügen gibt Holetschek aber weiterhin: „Die Maske hilft ja auch gegen Grippe.“
Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing, kritisiert dagegen die raschen Lockerungen: „In einer Saison, in der Viruserkrankungen ihren Höhepunkt haben, ist es sehr fragwürdig, Dinge zu schnell zu lockern“, sagte Wendtner im Interview mit unserer Redaktion. Aus seiner Sicht werden „irrationale und vorschnelle Entscheidungen“ getroffen.
Wendtner, dessen Team Anfang 2020 die ersten deutschen Corona-Patienten behandelte, warnt davor, sich zu sehr auf die Eigenverantwortung der Menschen zu verlassen: „Meine ernüchternde Erfahrung ist, dass Eigenverantwortung nur bedingt funktioniert. Und meistens auf Kosten der Schwächsten geht.“