In München ist in den vergangenen Tagen eine der größten Umzugsaktionen seit Langem abgelaufen. Mehr als 1000 geflüchtete Menschen mussten quer über die Stadt verteilt in neue Unterkünfte umziehen. Die betroffenen Flüchtlinge hatten bislang in Münchner Hotels gewohnt. Das aber hat das bayerische Innenministerium jetzt der Landeshauptstadt untersagt - aus Kostenspargründen. Auch in anderen Regionen Bayerns sollen die Ausgaben für die Unterbringung Geflüchteter sinken.
„Die seit Jahren kontinuierlich wachsenden Kosten im Asylbereich müssen gesenkt werden“, erklärt eine Sprecherin des Innenministeriums auf Anfrage unserer Redaktion; und die Unterkünfte nähmen den größten Teil der Asylausgaben ein. „Sie werden daher überprüft – nicht nur in der Landeshauptstadt München, sondern in ganz Bayern und betreffend alle Unterkunftsarten“, sagt die Sprecherin. Anders als in anderen Bundesländern trägt der Freistaat die Kosten für Wohnplatz und Versorgung von Asylbewerberinnen und -bewerbern, die Kommunen müssen sich nicht beteiligen.
Hotels für Flüchtlinge doppelt so teuer wie Gemeinschaftsunterkünfte
In München wurden jetzt die Verträge mit vier Hotels nicht verlängert. 96 Prozent der Menschen, die ausziehen mussten, sind aus der Ukraine geflohen. Die Hotelpreise betrugen dem Ministerium zufolge pro Bett im Monat zwischen 1000 und etwa 1700 Euro. Sie waren damit „in etwa zwei- bis dreimal so teuer wie die Unterbringung in regulären Gemeinschafts- oder dezentralen Unterkünften“, so die Sprecherin.
Hotelzimmer werden für Geflüchtete in Bayern nur im Ausnahmefall und als Übergangslösung angemietet, wenn keine anderen Plätze frei sind. Der letzte Ausweg quasi, damit niemand auf der Straße leben muss. Für München sieht das Innenministerium jetzt wieder andere Möglichkeiten, auch, weil in den vergangenen drei Monaten die Zahl der neu angekommenen Geflüchteten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum „deutlich gesunken“ sei.
„Es handelt sich ausdrücklich nicht um einen regulären Hotelbetrieb.“
Sprecher, Sozialreferat München
Der Hotelalltag eines Schutzsuchenden hat laut dem Münchner Sozialreferat nichts mit dem eines Touristen zu tun. „Es handelt sich dabei ausdrücklich nicht um einen regulären Hotelbetrieb“, heißt es von dort, „sondern um eine pragmatische Form der mittelfristigen Unterbringung“. Die Verpflegung durch Catering orientiere sich an den definierten Regelbedarfen. „Hoteldienstleistungen im klassischen Sinn - zum Beispiel tägliche Zimmerreinigung, Wäscheservice oder andere All-Inclusive Angebote - werden nicht erbracht.“
In der Landeshauptstadt stieß die Nachricht aus dem Ministerium sowohl bei der Stadtverwaltung als auch bei Wohlfahrtsverbänden auf Kritik. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bat beim Innenministerium vergeblich um mehr Zeit für die Suche nach neuen Wohnplätzen; Verbände beklagten vor allem, dass geflüchtete Kinder mitten im Schuljahr aus ihrer gewohnten Schule oder Kita herausgerissen würden. Vor einem betroffenen Hotel in Schwabing-Freimann demonstrierten Mitte April Dutzende Flüchtlinge gegen ihren Auszug.

Wie viele Zuwanderer insgesamt in bayerischen Hotels leben, dazu gibt es keine Statistik. In München wohnen mindestens 1200 von ihnen in sogenannten Beherbergungsbetrieben. Das ist bayernweit die Ausnahme. In Schwaben etwa sind nach Angaben der Bezirksregierung gar keine keine Asylbewerber oder ukrainische Flüchtlinge in Hotels untergebracht. Punktuell seien zwar auch ehemalige Hotels angemietet, so Pressesprecher Philipp Höß, „jedoch werden dabei lediglich die Räumlichkeiten genutzt und es wird eine Quadratmeter-Miete bezahlt“. Es handle sich also nicht um eine Hotelunterbringung im klassischen Sinne. Im Regierungsbezirk Schwaben lagen die Ausgaben für die Asylbewerberunterbringung im ganzen Jahr 2024 bei knapp 335 Millionen Euro.
In Augsburg werden die angemieteten Hotelzimmer für Geflüchtete derzeit nicht gebraucht
In Augsburg sind nach Angaben der Stadt noch 58 Pensionszimmer angemietet. In der Vergangenheit dienten sie „besonders vulnerablen“ Geflüchteten als Unterkunft, etwa Älteren oder Menschen mit Behinderung. „Sie werden derzeit nicht gebraucht und daher zum 30. Mai 2025 auslaufen“, teilt eine Stadtsprecherin mit.
Bayerns Staatsregierung beschloss im November 2024, dass im gesamten Freistaat die Kosten im Asylbereich reduziert werden müssen, besonders beim Wohnen. Deswegen wurden die Regierungsbezirke und Kreisverwaltungsbehörden aufgefordert, die Auslastung der einzelnen Unterkünfte zu prüfen und zu optimieren. In Schwaben läuft deswegen Sprecher Höß zufolge ein bestimmtes Prozedere ab. Sobald man neue Gemeinschaftsunterkünfte oder dezentrale Wohnstätten eröffnet, wird unter anderem geprüft, ob Menschen aus „besonders kostenintensiven Unterkünften“ dort einziehen und die teuren Heime dann geschlossen werden können. Allerdings sei in Schwaben diese „Anschlussunterbringung“ nach der Erstaufnahme von Asylbewerbern nach wie vor ausgelastet. Schwaben kann es sich also nicht erlauben, die Zahl der Wohnplätze in Summe zu reduzieren.
Geflüchtete aus der Ukraine sind teils sehr alt
Und in München? Von dort heißt es rund drei Wochen nach der Nicht-Verlängerung der Hotelverträge: „Alle betroffenen Personen wurden innerhalb des Stadtgebietes untergebracht.“ Das sei allerdings eine „komplexe Aufgabe“ gewesen. Im laufenden Betrieb habe man aus den vier Hotels insgesamt 1079 geflüchtete Personen „in das ohnehin schon hoch belastete System der dezentralen Unterbringung für Geflüchtete der Landeshauptstadt“ verlegt. In 20 Bustransfers wurden die Menschen an den unterschiedlichsten Adressen im Stadtgebiet verteilt. Obwohl die Mammutaufgabe vorläufig geschafft ist, bedauert man bei der Stadt die Umstände: Die Ex-Hotelbewohner sind demnach zum Teil hochbetagt, auch bei Kindern sei es nicht immer gelungen, dass sie ihre bisherige Schule oder Kita weiter besuchen können. Und schon im Juni sollen nach aktuellem Stand die nächsten Geflüchteten aus Hotelzimmern ausziehen.
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