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Geflügelte Patienten

Vogelkrankenhaus in Seeg

Geflügelte Patienten

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    Die Eule Luise hat in Riedegg bei Seeg bei Thomas und Melanie Reibl in der Auffangsation ein neues Zuhause gefunden.
    Die Eule Luise hat in Riedegg bei Seeg bei Thomas und Melanie Reibl in der Auffangsation ein neues Zuhause gefunden. Foto: Maria Sophia Völk

    Fütterungszeit in der Greifvogel- und Eulenauffangstation in Riedegg bei Seeg - nichts für empfindliche Mägen: Das Frühstücksangebot geht von Eintagesküken über Mäuse bis zu Ratten frisch aus der Tiefkühltruhe. Nachdem sie vom Falkner Thomas Reibl ausgenommen wurden, beginnt die Fütterung.

    Der Habicht Thor, mit dem Reibl auf die Jagd geht, darf sich als Erster ans Frühstück machen. Heute stehen vier frisch aufgetaute Küken auf dem Speiseplan. Nachdem Thor ganz zutraulich auf die Hand von Reibl steigt, setzt dieser ihn zuerst auf eine Küchenwaage.

    Tagtäglich wird der Habicht gewogen, damit Reibl sich anhand des Gewichtes über seinen Gesundheitszustand informieren kann. Mit seinen aktuellen 734 Gramm hat er sein Höchstgewicht erreicht. "Er braucht im Moment sehr viel Energie, da er sich mausert. Auf die Jagd gehe ich mit ihm auch erst wieder im September", sagt Reibl.

    Auch Vögel müssen fasten

    Thor wird einmal pro Tag gefüttert - 12 bis 16 Stunden dauert die Verdauung. Einen Fastentag gibt es einmal pro Woche, sonst würden die Greifvögel wegen mangelnder Bewegung verfetten. Auch in der freien Wildbahn würden sich Greifvögel nicht weiter als für die Nahrungsbeschaffung bewegen. Sei dies erledigt, gehe es auch bei ihnen in den entspannten Teil über, sagt Reibl.

    Die Reibls errichteten im vergangenen Sommer eine große Voliere im Garten und die ehemalige Werkstatt des Großvaters von Melanie Reibl wurde umgebaut in eine Erstversorgungsstation für verletzte Vögel sowie einen Küchenraum, in dem die Mahlzeiten für die Tiere zubereitet werden.

    Momentan leben 13 Tiere bei den Reibls

    Neben dem Habicht Thor, der einzige gekaufte Vogel hier, leben zur Zeit in der Auffangstation vier Waldkäuzchen, vier Bussarde, ein Rotmilan, ein Schwarzmilan, eine Waldeule und ein Uhu. Seit etwa einem Jahr betrieben die Reibls auf ihrem Grundstück in diesem Stil die Auffangstation für Greifvögel und Eulen.

    Über hundert Tiere sind innerhalb dieser kurzen Zeit von ihnen aufgenommen und wieder aufgepäppelt worden. "Ich hätte nie gedacht, dass so viele Vögel in Not sind", sagt Melanie Reibl. Die verletzten Tiere werden von der Polizei, Bürgern, Tierärzten oder direkt vom Landesbund für Vogelschutz weiter an die Reibls vermittelt.

    Erst wird gepflegt und anschließend wieder ausgewildert

    Diese fahren oft weite Strecken, um die Vögel zu holen, um sie dann bei sich Zuhause wieder gesund zu pflegen. Das Ziel ist die anschließende Wieder-Auswilderung der Vögel. Finanziert wird das Ganze größtenteils aus eigener Tasche und da kommt beim Futterkauf und bei Tierarztbesuchen einiges zusammen.

    Einen kleinen Zuschuss bekämen sie aus manchen LBV-Ortsgruppen und von den Landratsämtern. Neben den finanziellen Herausforderungen muss in die Auffangstation und Versorgung der Tiere sehr viel Zeit investiert werden. "Da steckt sehr viel Liebe und Freude dahinter - sonst macht man so etwas nicht", sagt Melanie Reibl.

    Bussard Butzl wird in der Auffangstation wieder aufgepäppelt und anschließend ausgewildert.
    Bussard Butzl wird in der Auffangstation wieder aufgepäppelt und anschließend ausgewildert. Foto: Maria Sophia Völk

    Die Pflege der Tiere übernehmen die Reibls zusasmmen

    Thomas Reibl ist sehr froh, dass seine Frau ganz hinter ihm steht. Die Tierheilpraktikerin hegt und pflegt die Vögel mit gleicher Hingabe wie ihr Mann. "Es fasziniert mich immer wieder, wie unterschiedlich die Tiere sind von ihrem Wesen - unabhängig von der Art", sagt Thomas Reibl.

    Es entstehe eine richtige Beziehung mit großem Vertrauen zwischen Mensch und Vogel. Auch Gefühle wie Eifersucht, Liebe und Freude seien deutlich zu spüren bei den gefiederten Wesen.

    Uhu Luise bleibt Dauergast

    Der 13-jährige Uhu Luise ist seit zwei Jahren in Riedegg. Dieses Frühjahr sollte sie gemeinsam mit der Uhudame Selma ausgewildert werden. Doch dies war zumindest bei Luise nicht erfolgreich, da sie nicht in der Lage sei, sich selbstständig zu versorgen, und somit verhungern würde.

    Für Selma hingegen ist der Flug in die Freiheit geglückt, während und Luise vorerst in Riedegg bleibt. "Bei der Auswilderung spielt das Alter der Tiere eine Rolle", sagt Melanie Reibl. Jungvögel könnten sie direkt vor Ort fliegen lassen, da die Eltern sie unter natürlichen Umständen im Herbst ebenfalls aus dem Revier verweisen würden.

    Es gibt auch Dauergäste

    Altvögel hingegen müssen wieder dorthin gebracht werden, wo sie gefunden wurden. In den meisten Fällen warten dort noch die Partner auf sie. Nicht nur Luise ist ein Dauergast bei den Reibls, auch die alte Bussarddame Granny hat sich die Voliere als Altersruhesitz ausgewählt. Die Versuche, sie auszuwildern, scheiterten. "Wir brauchen bald mal jemanden, der uns unsere Dauergäste abnehmen kann", sagt Melanie Reibl.

    Thomas Reibl, der hautberuflich als Hufschmied tätig ist, beschäftigt sich seit etwa sechs Jahren mit der Falknerei. Aber der Virus sei schon lange vorhanden, sagt er. Sein Uropa sei Holzfäller gewesen und sein Opa habe immer die Jungvögel, deren Nest sich auf dem gefällten Baum befand, aufgezogen sowie verletzte Vögel wieder aufgepäppelt.

    Somit sei er damit von klein auf aufgewachsen. "Die Falknerei spielt heutzutage jagdlich gesehen keine Rolle mehr, doch für mich ist es ein erhaltenswertes Kulturgut", sagt Reibl. Als Falkner gehe man gemeinsam mit seinem Greifvogel auf die Jagd von Tieren, die dem natürlichen Beuteschema entsprechen. "Ich bin ein Jäger ohne Waffe - alles andere ist nicht natürlich. Zielen und dann einfach abdrücken, finde ich nicht okay."

    Wichtig sei, dass man seinen Jagdvogel bestenfalls im zarten Alter bekomme, so könne eine intensive Bindung entstehen. Doch nur einen Greifvogel für die Falknerei zu halten, sei ihm zu wenig gewesen. Er bekomme soviel von den Tieren, deswegen möchte er ihnen auch etwas zurückgeben, indem er den verletzten und verwaisten Greifvögeln und Eulen eine Möglichkeit gibt, sich bei ihm wieder zu regenerieren.

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