Nicht immer hat die Polizei wie in diesem Fall die Möglichkeit, Maßnahmen zu treffen, um eventuelle "Gaffer" zu identifizieren. Dann bleibt nur der Appell an den menschlichen Verstand.
Bild: Christoph Reichwein/dpa
Nicht immer hat die Polizei wie in diesem Fall die Möglichkeit, Maßnahmen zu treffen, um eventuelle "Gaffer" zu identifizieren. Dann bleibt nur der Appell an den menschlichen Verstand.
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Sie filmen, bleiben unnötig stehen oder ignorieren Absperrungen: die sogenannten Gaffer. Seitdem ein Feuerwehrmann sich nicht mehr zu helfen wusste und bei einem Unfall mit drei Toten in die Menge der Schaulustigen einen Wasserschlauch hielt, gibt es vermehrt Diskussionen. Denn für Rettungssanitäter, Feuerwehr und Verkehrspolizei in der Region ist das Verhalten der Gaffer eine Behinderung ihrer Arbeit.
Unverständlich findet Frank Schönmetzler vom Roten Kreuz in Kempten das Verhalten der Filmer: „Seitdem Smartphones auf dem Markt sind, gibt es immer mehr Menschen, die lieber filmen als Erste Hilfe zu leisten.“ Er befürwortet, dass es seit diesem Jahr schärfere Gesetze für das Behindern von Rettungskräften am Unfallort gibt (siehe Info). An eine unerfreuliche Situation erinnert sich Schönmetzler noch genau: Die Messerattacke im Forum Allgäu 2015. „Da sind kurz darauf Videos von der Situation im Internet kursiert.“
Seitdem Smartphones auf dem Markt sind, gibt es immer mehr Menschen, die lieber filmen als Erste Hilfe zu leisten.
Frank Schönmetzler vom BRK Kempten
Ähnlich sieht das auch der Oberallgäuer Kreisbrandrat Michael Seger: „Meinetwegen hätten die die Strafen noch härter machen können“. Er gibt zu, dass er und seine Kollegen manchmal „ordentlich auf die Zähne beißen müssen“, aus Frust vor Gaffern und Menschen, die Verletzte oder Tote am Unfallort filmen. Zu dem Vorfall mit dem Feuerwehrmann bei Aschaffenburg, der Fahrzeuge von Gaffern mit Wasser bespritzte, hat Seger eine klare Meinung: „Dass dem Mann da die Sicherung durchgebrannt ist, kann ich verstehen.“ Auch wenn das Verhalten an sich „natürlich nicht richtig ist“.
Appell an die Vernunft
Doch wie kann man die Schaulustigen in die Schranken weisen? Laut Michael Hämmer von der Verkehrspolizei Kempten bleibt oft gar keine Zeit, ihre Personalien aufzunehmen. Hinzu komme man an diese oft gar nicht heran, da sie von der Gegenfahrbahn aus etwa filmen würden. Mobile Sichtschutzwände, wie sie momentan in Bayern an zwei Autobahnmeistereien getestet werden, befürwortet er grundsätzlich. „Aber auch so etwas kostet wertvolle Zeit.“ Die Polizei versuche momentan, öffentlich an die Vernunft der Verkehrsteilnehmer zu appellieren. Denn durch das langsame Vorbeifahren auf der Gegenfahrbahn entstehe ein neues Gefahrenpotenzial: „Dann hat man plötzlich zwei Unfälle an einer Stelle.“
Dass dem Mann da die Sicherung durchgebrannt ist, kann ich verstehen.
Kreisbrandrat Michael Seger über seinen wasserspritzenden Kollegen im Spessart
Rettungsgasse schon bei Schrittgeschwindigkeit
Bei dem Thema Rettungsgasse sieht Frank Schönmetzler vom Roten Kreuz eine positive Entwicklung: „Das funktioniert besser.“ Die Rettungsgasse werde auch in Erste-Hilfe-Kursen des Roten Kreuzes geschult. Nachholbedarf sieht er noch bei ausländischen Verkehrsteilnehmern. Denn in Ländern wie Polen ist die Rettungsgasse nicht gesetzlich vorgeschrieben. „Wichtig ist, dass man schon bei Schrittgeschwindigkeit eine Rettungsgasse bildet“, sagt Schönmetzler.
Einig sind sich alle Einsatzkräfte, dass Gaffer auf jeden Fall die Erste Hilfe vor Ort erschweren. Gleichzeitig werde es immer schwieriger, die Würde von Unfallopfern zu wahren. Man sollte sich immer in die Situation der Opfer und Angehörigen hineinversetzen, appelliert Kreisbrandrat Seger an die Schaulustigen.