Nach dem Abi wollte Petra eigentlich Sozialpädagogik oder Psychologie studieren, doch dann entschied sie sich doch für eine Hotelkauffrau-Ausbildung. Ihre Eltern haben früher den Gasthof "Hirsch" in Betzigau geführt, durch ihre Adern fließt also das "Gastro-Blut". Nach ihrer Ausbildung arbeitete sie unter anderem für "Feinkost Käfer" und schmiedete den Plan, mit der Reederei "MS Berlin" für ein paar Monate auf eine Kreuzfahrt zu gehen und an Bord zu arbeiten. Doch das sollte wohl nicht sein, denn Petra wurde mit ihrem ältesten Sohn schwanger, blieb im Allgäu und leitete in der Folge einige Kurhotels in Bad Wörishofen.

Vor über fünf Jahren kam Jürgen Weber, Inhaber der Rösterei Weber, auf Petra zu und bot ihr die leerstehenden Geschäftsräume neben seinem Geschäft an. Das heutige Sissi. Damals war es noch im Rohbau und man konnte sich nicht wirklich vorstellen, wie es mal aussehen würde. Jürgen Weber hatte zu diesem Zeitpunkt schon die Kaffeeröstung "Sissi" auf den Markt gebracht und so entschied sich Petra für den Namen ihres Cafés.
Inspiration? Wiener Kaffeehäuser!
Sie war schon immer ein riesen Fan der Wiener Kaffeekultur: wunderschöne Kaffeehäuser, traditionelle Einrichtung und leckere Kuchen. Außerdem ist Petra schon ihr Leben lang ein Sissi-Fan und liebt die Farbe - wer hätte es gedacht - ROSA! "Die Kombination aus modernem Kitsch und Altbau muss einfach passen." Auch zuhause tobt sie sich dekotechnisch aus. Ihre Küche ist beispielsweise rosa!

Bei der speziellen Einrichtung könnte man eigentlich meinen, dass nur Frauen ins Sissi zum Kaffeeklatsch gehen. Aber nein! "Es sind zwar ungefähr 80 % Frauen, aber wir haben auch sehr viele männliche Stammkunden", verrät sie.
Für die Herren gibt es den nicht ganz so pinken Salon. Die Wände sind grün und die Einrichtung eher traditionell und rustikal. Egal ob jung oder alt, im Sissi ist jeder willkommen. Hier soll sich einfach jeder wohlfühlen.
Wie in den Wiener Kaffeehäusern gibt es im Sissi bis 11.30 Uhr Frühstück, danach den Mittagstisch, mit wechselnden Mittagsgerichten bis 14 Uhr. Und nachmittags gibt es dann Kaffee und Kuchen (was nicht heißt, dass es das nicht auch vormittags oder mittags schon gibt ;))
Sogar die Cupcakes sind hier rosa! Aber keine Angst, die Lebensmittelfarbe ist "Bio". Die süßen Leckereien werden auf einem Bauernhof in Leiterberg selbst gebacken und es werden ausschließlich frische Zutaten verwendet. Petra hat sich für Bio-Lebensmittelfarbe entschieden, da im Allgäu ganz besonders auf nachhaltige Ernährung Wert gelegt wird. "In München oder Berlin wär es den Gästen egal, ob die Farbe jetzt Bio ist oder nicht. Aber die Allgäuer sind da schon eher skeptisch und wollen wissen, was in den Lebensmitteln drin ist."
Auch der pinke Zucker für Tee und Kaffee ist mit Biolebensmittelfarbe eingefärbt worden. Petras Teeliferant hat ihn auf einer Messe entdeckt und wusste sofort, der gehört ins Sissi! Bisher sieht man den rosa Glitzer auch noch nirgendwo sonst in Kempten. Und wenn es nach Petra geht, kann das auch bitte so bleiben!

Der Pinke Faden zieht sich durch
Dass das Gastro-Leben oft stressig und auch ziemlich anstrengend sein kann, weiß eigentlich jeder. Aber Petra geht jeden Tag gerne zur Arbeit und freut sich schon beim Aufstehen auf "ihr Sissi". "Ich habe mir meinen eigenen Traum erfüllt."
Die Deko wird regelmäßig erneuert und erweitert. Ihre Deko-Schätze findet Petra beispielsweise in Italien: "Wir sind zwei bis drei Mal im Jahr in Italien. Auf Flohmärkten in Florenz und Rom gibt es ganz besondere Dinge." Egal ob Kerzenständer, Christbaumkugeln oder Teelichter; hauptsache es ist kitschig und rosa!
Wer schon mal im Sissi Gast war, merkt schnell, dass die Angestellten nicht einfach nur Mitarbeiter in einem Café sind. Sie sind eher eine "große Sissi-Familie". Sie machen regelmäßig Ausflüge gemeinsam und verbringen auch ihre Freizeit miteinander. Denn: "Wirklich JEDER soll sich bei uns wohlfühlen!"

Die Faschingszeit ist im Sissi immer was Besonderes. Die Gastgeber überlegen sich im Vorfeld ein Kostüm, das sie alle tragen und beim Kehraus am Faschingsdienstag geht's dann rund. Alle Tische, Stühle und die Deko-Schätze werden raus geräumt und von 12 Uhr mittags bis Mitternacht wird im Sissi gefeiert, getrunken und dem Fasching Lebewohl gesagt.
Tatsächlich gibt es immer noch Menschen, die zum ersten Mal ins Sissi kommen. Die Reaktionen sind meistens sehr ähnlich. Männer, die von ihren Freundinnen oder Frauen mitgeschleift werden, sind anfangs ziemlich skeptisch und werden von dem vielen Pink und Glitzerblitzer überrumpelt. "Das legt sich aber ganz ganz schnell. Sobald sie dann Kaffee und Kuchen probiert haben, sind auch die größten Mädchen-Kitsch-Muffel überzeugt", sagt Inhaberin Petra lachend.