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Haargenau der richtige Job! Marktoberdorfer zählt zu den besten Friseur-Lehrlingen in Deutschland

"Mo" bei Meisterschaften

Haargenau der richtige Job! Marktoberdorfer zählt zu den besten Friseur-Lehrlingen in Deutschland

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    Mohammed Kheir Mohammed, genannt Mo, hat bei der bayerischen Meisterschaft der Friseure einen dritten und bei der deutschen Meisterschaft einen siebten Platz gemacht., Der 22-Jährige ist Auszubildender beim Friseur Jung in Marktoberdorf.
    Mohammed Kheir Mohammed, genannt Mo, hat bei der bayerischen Meisterschaft der Friseure einen dritten und bei der deutschen Meisterschaft einen siebten Platz gemacht., Der 22-Jährige ist Auszubildender beim Friseur Jung in Marktoberdorf. Foto: Heiko Wolf

    „Sich mal etwas Neues trauen“: Das rät Jung-Friseur Mo vielen seiner Kunden. Auch bei Männern müssten es nicht immer Fassonhaarschnitte sein, etwa der beliebte Undercut. „Es geht nicht darum, was die Straße hat, sondern man muss bei jedem Kunden immer auf den Kopf schauen, ins Gesicht und natürlich die Haare“, sagt der 22-jährige Flüchtling aus Syrien, der mit ganzem Namen Mohammed Kheir Mohammed heißt. Ein Name, den die Branche nun kennt: Denn Mo holte bei der bayerischen Meisterschaft der Friseure den dritten Platz und bei der "Deutschen" danach einen siebten Platz nach Marktoberdorf.

    Voll konzentriert: "Mo" bei der Meisterschaft.
    Voll konzentriert: "Mo" bei der Meisterschaft. Foto: Heiko Wolf

    Darauf ist er selbst stolz, aber auch sein Umfeld. Angefangen bei seinem Vater, der in Mohammed Kheirs Heimatland Syrien selbst Friseur war, bis zu Lehrherrin Simone Hipp beim Friseursalon Jung, die ihn für die Branchenwettbewerbe vorschlug, „weil er so gut ist“. Auch seine Berufsschullehrerin in Kaufbeuren hat sich gefreut: An seiner Schule ist er offenbar der erste Friseurlehrling seit über zehn Jahren, der es bis zum Bundeswettbewerb schaffte.

    Um so weit zu kommen, musste sich Mohammed Kheir selbst etwas „Neues trauen“. Das musste er in seinem Leben – bedingt durch den Bürgerkrieg in Syrien – immer wieder. In Qamischli schaute er als Bub dem Vater im Friseursalon über die Schulter, lernte viel von ihm und schnitt den drei Geschwistern die Haare. Damals hatte er zwar schon Interesse am Friseurberuf. Doch später, als klar war, dass seine Noten gut genug waren für die Uni, wollte Mo lieber studieren. „Da kam dann aber der Krieg dazwischen.“

    18 Jahre alt war er, als er mit seinen Eltern, mit Bruder und Schwestern und seiner Oma aus seiner nordsyrischen Heimat flüchtete. Sechseinhalb Wochen dauerte die Flucht der Mohammeds zu Fuß, Bus und Schiff über die Türkei, mehrere griechische Inseln, Athen und Mazedonien bis nach Donauwörth beziehungsweise, wenig später, ins Ostallgäu. Ein schweißtreibender 28-Kilometer-Fußmarsch in Mazedonien, einer von vielen, hat sich hartnäckig in seine Erinnerungen gebrannt. „Seit drei Jahren und zehn Monaten lebe ich jetzt in Deutschland“, sagt Mo und klingt einfach nur erleichtert.

    Mit seiner Familie wohnte er erst in Bidingen und in der Flüchtlingsunterkunft in der Nordstraße (2016 bis Oktober 18), bis es mit der eigenen Wohnung klappte. Im Allgäu musste sich der junge Mann gleich wieder beweisen beziehungsweise sich etwas trauen. Aber auch hier machte Mo eine gute Figur, hatte nach zwei Jahren Berufsschule Ostallgäu in Biessenhofen („Berufsintegrationsklasse“) im Juli den deutschen Mittelschulabschluss und – gleich auf Anhieb – im August die Lehrstelle beim Friseursalon Jung in der Tasche. Beim Praktikum, das Mo parallel zur Schule machte, hatten sie beim Friseur Jung schnell erkannt, wie viel Talent er hatte.

    Auch vom Typ her ist Mo, der fließend Deutsch spricht und ins einer Freizeit Fußball spielt, für den Job prädestiniert. Er ist gesellig, redet gern. Und beim Friseur gibt es viele Kunden, die sich beim Haareschneiden gern unterhalten. „Es passt einfach sehr gut“, sagt er, zumal es im Friseursalon Jung familiär zugehe. Buchstäblich: Denn neben ihm als Azubi im zweiten Lehrjahr wird seit Herbst auch sein jüngerer Bruder im Salon ausgebildet. „Wenn ich darf, bleibe ich sehr gern hier“, sagt Mo. Wer ihm bei der Arbeit zuschaut, sieht auch sofort, wie gut er sich mit seiner Chefin, Simone Hipp, und den Kolleginnen und Kollegen versteht. Er wird umarmt, es wird gescherzt.

    Auch die Rückendeckung der Friseurinnung Ostallgäu hat Mo. Anlässlich der Wettbewerbe in München und Erfurt sprang die Innung sogar auch für Teilnahme- und Fahrtkosten in die Bresche. Außerdem wurde ihm im Salon von Sandra Gareiß ein Trainingstag mit dem angesehenen Augsburger Coiffeur Dieter Schöllhorn ermöglicht – den Mo dann als Jurymitglied bei der Landesmeisterschaft wiedertraf.

    Mit Farbe und Make-up

    Natürlich durfte er auch bei der Arbeit für die Wettbewerbe üben. Bevor er sich dort mit einigen anderen Friseur-Azubis maß. Aufgeteilt nach Frisur-Kategorien sowie Lehrjahren. 25 Minuten hatte er bei beiden Wettbewerben dann Zeit, seinen Girls Trendlook (kreative moderne Frisur am Medium mit Farbe und Make-up) zu gestalten.

    „Anstrengender war es bei der Deutschen“, sagt Mo, schon allein weil es dort mindestens sechs Leute gab, die ihm über die Schulter schauten, ihn kontrollierten und bewerteten. Alles war größer – und er aufgeregter. „Ich hatte ja nach der Bayerischen Meisterschaft, für die ich drei Monate lang geübt habe, nur noch zwei Wochen Zeit, um mich auf die Deutsche vorzubereiten.“ Außerdem musste er selbst vorne hinstehen, als „Mohammed aus Marktoberdorf“, und auf der Bühne sagen, was er genau gemacht hat. Letztlich entwickelte er dann in Erfurt seinen ohnehin experimentellen Mädchenschnitt – konkav geschnitten mit verschiedenlangem Pony, kurzen und langen Strähnen, Haarfarben schwarz sowie drei Blautöne – einfach weiter.

    Jetzt freut sich Mo darauf, sich nächstes Jahr wieder beim Landeswettbewerb zu beweisen. Da will er dann aber was komplett Neues machen – und statt mit Puppen mit echten Models arbeiten. „Ich bin ja gespannt, ob ich in Marktoberdorf jemand finde, der so etwas Experimentelles mitmacht“, sagt er.

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