Schnell noch die letzte Whatsapp-Nachricht checken, kurz in die Stauinfos gucken oder die Playlist wechseln: Tausende Autofahrer sind mit dem Smartphone am Steuer auf Bayerns Straßen unterwegs. Sie riskieren damit nicht nur einen Unfall, sondern auch das eigene Leben, sagt Magdalena Buchmiller, Polizeioberkommissarin in Kempten. „Es ist manchmal nur ein Augenblick, der sich nicht auf die Straße richtet.“
Und doch schon einer zu viel: „Genau diese Sekunden fehlen in der Reaktionszeit, wenn das Auto plötzlich in den Gegenverkehr gerät, weil die Kurve nicht erkannt wird.“
Handy am Steuer: Zehntausende Verstöße gegen das Handyverbot in Schwaben
Allein in Südschwaben verzeichnen Buchmiller und ihre Kollegen jedes Jahr zwischen 5500 und 7500 Verstöße gegen das Handyverbot. Auch im Bereich Schwaben Nord zählte die Polizei zuletzt gut 4700 pro Jahr. Und im flächenmäßig deutlich größeren Einsatzgebiet Oberbayern Nord wurden sogar mehr als 11.000 Autofahrer mit Handy am Steuer erwischt.
Und das seien nur die Fälle, die von Polizeistreifen und bei Kontrollen geahndet werden, betont Buchmiller. Insgesamt geht die Polizei von einer weit höheren Zahl aus, denn Smartphones am Steuer sind nur schwer nachzuweisen, erklärt die Polizistin. Gerade bei Unfällen bleibe der genaue Hergang oft unklar: „Kaum ein Autofahrer gibt zu, dass er am Handy gespielt hat. Viele sagen, sie waren kurz abgelenkt oder die Sonne hätte sie geblendet.“
Anhand von Unfallstatistiken ist das Problem der Handys am Steuer daher kaum zu bewerten. Viele Fälle gehen in den Zahlen der „Unfälle durch Ablenkung“ auf. Und die sind 2024 im Freistaat um 17 Prozent gestiegen, nämlich auf 3525 Fälle. Bei den Ablenkungsunfällen sind bayernweit 14 Menschen ums Leben gekommen, 1470 wurden verletzt. Innenminister Joachim Herrmann kündigte angesichts der Verkehrsunfallstatistik an, dass das Thema Ablenkung 2025 ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit ist.
Kontrollen in Rheinland-Pfalz: Handy-Blitzer ahnden Ablenkung am Steuer
Schon jetzt gibt es auf Autobahnen und Bundesstraßen Plakate, die auf die Risiken hinweisen. Die Polizei mache auch über Social Media oder bei bayernweiten Aktionstagen auf die Gefahr aufmerksam, sagt Markus Trieb, Polizeisprecher im Präsidium Schwaben Nord. Doch neben der Prävention müsse die Polizei einen bestimmten Überwachungsdruck ausüben und regelmäßig kontrollieren.

Was die Kontrolle des Handyverbots im Verkehr angeht, sind andere Bundesländer einen Schritt weiter. Denn technische Hilfsmittel zur Ahndung von Verstößen gibt es bereits. Nach erfolgreichen Pilotprojekten führt die Polizei in Rheinland-Pfalz flächendeckend Spezialkameras ein. Die „Monocam“ aus den Niederlanden erkennt mithilfe von Künstlicher Intelligenz im fließenden Verkehr, wenn Fahrer während der Fahrt ein Mobiltelefon nutzen. Im Verdachtsfall löst die Kamera automatisch aus und macht ein Foto. Danach bewerten geschulte Kräfte der Polizei die Aufnahmen, bevor sie einen Bußgeldbescheid an die betroffenen Verkehrssünder senden.
Handy-Blitzer in Rheinland-Pfalz: Polizei in Bayern verfolgt Einführung mit Interesse
Bayern plant derzeit nicht, solche „Handy-Blitzer“ zur Kontrolle einzusetzen. Das Bayerische Innenministerium will aber beobachten, wie sich die technische Verkehrsüberwachung entwickelt. Mit Interesse verfolgen auch Magdalena Buchmiller und ihre Kollegen, wie sich die Kontrollen mit Spezialkameras in anderen Bundesländern bewähren: „Es wird sich zeigen, wie gut es funktioniert oder wie fehlerbehaftet das ist.“ Technische Möglichkeiten zur Überwachung gäbe es viele. „Ob und wie wir sie einsetzen, ist eine politische Frage, die im Innenministerium geklärt wird.
Autofahrer, die während der Fahrt auf ihr Handy schauen, begehen in Deutschland eine Ordnungswidrigkeit. Ihnen drohen 100 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg. Werden andere gefährdet, erhöht sich die Buße auf 150 Euro, zwei Punkte und einen Monat Fahrverbot. Entsteht durch die Ablenkung am Handy ein Sachschaden, so sind 200 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot fällig. Fahranfänger riskieren die Verlängerung ihrer Probezeit und ein Aufbauseminar. Und wird jemand verletzt, ist ein Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung möglich – dann können härtere Strafe drohen.
Ob mit KI und Kameras oder mit Polizeistreifen – der Bedarf zu weiteren Kontrollen ist aus Sicht von Buchmiller auf jeden Fall gegeben. Denn das Phänomen werde nicht weniger: „Wenn wir Verstöße ahnden, schaffen wir ein Bewusstsein dafür, dass Handys am Steuer gefährlich sind. Das ist gut so, aber wir müssen dranbleiben, um Unfälle zu verhindern.“
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