Auch mit 71 Jahren zieht Howard Carpendale alle Register, zumindest was das Optische und Akustische seiner Show angeht. Auf einem weitgespannten Tuch, das die Bühne in der riesigen Kemptener Big Box bis unter die Decke verhüllt, steht der Titel seines erst im Herbst veröffentlichten jüngsten Albums „Wenn nicht wir“. Unter anreißenden, lauten Rhythmen fällt es schlagartig in sich zusammen, und Howard Carpendale steigt gleich zu Beginn der Show mit seinen acht Musikern und vier Sängern in den Titelsong seiner neuesten CD ein.
Sein schwarzer Anzug, die fokussierenden Kreise auf der breiten Videoleinwand und kurze Anklänge in der Musik geben dem Auftritt einen James-Bond-Touch, der die 1.600 Fans in der Halle gleich beim ersten Lied von ihren Sitzen aufspringen lässt. Der in Südafrika geborene Sänger gebärdet sich dann allerdings nicht so draufgängerisch wie der Kinoheld, er bleibt mit seinen Songs in gemächlichen, zuweilen sanft geraunten Gefilden.

„Ich möchte Geschichten erzählen, die für mich und viele andere relevant sind,“ sagt Carpendale, der sich schon – sage und schreibe – seit einem halben Jahrhundert im Showgeschäft hält. Vielleicht weil er mit Musik und Text in einem bewährten Muster bleibt und sich nicht immer wieder neu erfindet. Sie bleiben eher im Unverbindlichen. Eine besondere Relevanz ist in den Songs nicht auszumachen – mit Texten wie „Im Hier und Jetzt das Ziel der Zeit. Jeder Moment ist ein Geschenk, das ewig bleibt“.
Ein halbes Jahrhundert-Showbiz
Carpendale gelingt es dennoch immer wieder, seine Fans zu fesseln, etwa mit ganz privaten, fast banalen Selbstbeschreibungen wie „Ich wollt nie mehr auf Tournee gehen, doch das konnte ich nicht durchstehen“ im Song „Na und“. Auch wenn die Leidenschaft fehlt, er stimmlich nicht mitreißt und körperlich auf Sparflamme agiert, kommen seine jüngeren Songs „Das ist unsere Zeit“, „Unter einem Himmel“ und „Samstagabend“ gut an.
Bei den älteren, bekannten Liedern singt das Publikum ganze Textpassagen mit. Auch „Obladi Oblada“ von den Beatles, „Simply the best“ von Tina Turner, „Living next door to Alice“ von Smokie sorgen in Carpendales deutschen Fassungen für ausgelassene Stimmung. Besonders bei seiner Version von Udo Jürgens’ „Mit 66 Jahren“ stürmen viele Frauen aus dem überwiegend älteren Publikum an die Bühnenrampe, um ihrem Star näher sein zu können.
Der durfte erst nach langen Zugabe-Rufen, lautem Trampeln und der Wiederholung von „Unter einem Himmel“ – seinem Lieblingssongs auf dem neuen Album – das Konzert beenden.