Schon als Bub hat Tobias Epple (27) an der Iller geangelt. Jetzt ist der Gewässerbiologe, der seine Doktorarbeit an der Universität Augsburg schreibt, so oft es geht an "seinem" Fluss. Der Abschnitt zwischen Altusried und Memmingen rückt dabei in den Fokus. Dort befinden sich im Abstand von einigen Kilometern fünf Wasserkraftwerke.

Damit die Fische beim Laichen im Frühjahr flussaufwärts schwimmen können, wurden vor drei Jahren neben den Kraftwerken Umgehungsbäche angelegt. Doch nehmen die Fische diese so genannten Fischtreppen, die die Bayerischen Elektrizitätswerke bauen ließen, auch tatsächlich an? Dieser Frage geht Tobias Epple im Rahmen seiner Doktorarbeit nach. Von den Ergebnissen ist er selbst überrascht - und zwar im positiven Sinne. "Fische nutzen die Treppen nicht nur als Wanderhilfe, sondern auch Lebensraum. Sie laichen beispielsweise auch darin. Insgesamt lässt sich sagen: Es rührt sich wieder was! Die Fischtreppen ermöglichen Fischen die wichtige Laichwanderung. Sie vermehren sich wieder von selbst und müssen nicht mehr von Fischern künstlich eingesetzt werden."
Bei den täglichen Kontrollen an fünf eigens gebauten Fischzählbecken machte Tobias Epple mit seinen Helfern der Fischereivereine Memmingen und Neugablonz reine Reihe weiterer Entdeckungen.

+ Die Experten zählten 30 verschiedene Fisch-Arten. Bei etlichen Namen müssen vermutlich selbst viele Einheimischen passen. Oder weißt Du wie Nase, Äsche oder Rutte aussehen?
+ Überraschend landeten in den Zählbecken mehrere Dutzen Barben. Eine Fischart, die er in der Iller nicht (mehr) erwartet hätte. "Ich hätte meine Hand ins Feuer gelegt, dass es keine mehr gibt", sagt Epple.
+ Erstaunt war er auch über gebietsfremde Exoten wie den Sonnenbarsch, der eigentlich in Nordamerika zuhause ist. "Wahrscheinlich hat ihn ein Aquarianer mal in der Iller ausgesetzt", sagt Epple. Der Fremdling bringe das sensible Ökosystem glücklicherweise nicht durcheinander.
+ Anders ist das beim amerikanischen Flusskrebs, der an der Iller - wie in vielen anderen Flüssen und Seen - die heimischen Arten verdrängt.
+ Auch einige ordentliche Oschis wurden gesichtet: Ein Huchen mit einer Länge von 1,18 Meter beispielsweise. Oder einen 1,10 Meter langen Hecht.

Die Fische werden in den Zählbecken nahe der fünf Wasserkraftwerke jeweils auch markiert. Auf diese Art und Weise können die Experten erkennen, wie weit der Fisch flussaufwärts schwimmt. Auch hier gibt es interessante Erkenntnisse. So fielen die Wanderbewegungen von Hechten und Fluss-Barschen größer aus als erwartet. Für eine Verblüffung sorgte die Rotfeder. Der Schwarmfisch aus der Karpfenfamilie fühlt sich für gewöhnlich in Seen, Teichen oder langsam fließenden Gewässern wohl. In der Iller freilich entpuppt er sich als fleißiger Schwimmer gegen die Strömung: 15 bis 20 Kilometer legte er in eineinhalb Wochen zurück.
Noch bis Dezember 2019 läuft die Untersuchung der Illerfische. Tobias Epple wird die Ergebnisse in seiner Doktorarbeit zusammenfassen. Besonderer Bedeutung kommt dabei auch dem Kies zu. Denn: "Ohne Kies kein Leben in der Iller. Er ist nicht nur das Laichhabitat für viele Flussfischarten, sondern auch der Lebensraum von Fisch- und Insektenlarven", sagt Epple. Im Rahmen des EU-Projekts "Isobel" werden derzeit an der Iller Möglichkeit getestet, gute Laichplätze zu schaffen.