Die Tochter von Lucie und Alexander Riegg kam 2006 mit der Krankheit Epidermolysis bullosa (EB) auf die Welt. Durch die extrem seltene genetische Erkrankung ist die Haut stark geschwächt, sie wirft bei kleinster Belastung Blasen, offene Wunden entstehen. Die Haut ist - so könnte man sagen - so verletzlich wie ein Schmetterlingsflügel. Deshalb heißt die Krankheit im Volksmund auch: Schmetterlingskrankheit.
Zwei- bis dreimal am Tag müssen die Verbände gewechselt werden
Die Krankheit begleitet die Familie jeden Tag. Morgens müssen Verbände gewechselt werden, die der Zwölfjährigen in der Nacht verrutscht sind. Zudem werden neue Wunden verarztet. Nachts jucken die Wunden so sehr, dass Michelle unruhig schläft. „Sie kann nicht in der Früh einfach aufstehen, sich anziehen und frühstücken“ erzählt Lucie Riegg. Michelles Morgenroutine dauert insgesamt eineinhalb Stunden - jeden Tag muss sie drei Stunden alleine für den Verbandswechsel einplanen.
Epidermolysis bullosa (EB)
Genetisch bedingte Hautkrankheit.
Ist nicht ansteckend.
Betroffene werden Schmetterlingskinder genannt.
Blasen und Wunden können auf der Haut in der Speiseröhre und an Organen entstehen.
Es gibt verschiedenen Stärken der Krankheit.
Kann erst bei oder nach der Geburt bemerkt werden.
Das bedeutet Stress denn, wie alle Pendler leidvoll wissen: "Der Zug wartet nicht." Michelle geht in Kempten zur Schule. Auch dort gibt es spezielle Absprachen. „Man muss am Anfang einfach offen auf die Leute zugehen“, weiß Lucie Riegg.
Viele haben Angst, dass die Krankheit ansteckend sei. Nicht so Michelles Freunde: "Ich bin sehr dankbar, dass ich sie habe. Bei Fremden ist es manchmal sehr schade, dass sie mich komisch ansehen", sagt das tapfere Mädchen, das nicht nur gegen die Krankheit, sondern auch gegen Vorturteile kämpft. Im Alltag steht sie immer wieder vor Problemen. So gelten beispielsweise für ihre Schultasche besondere Regeln. „Wenn sie den schweren Schulranzen heimtragen müsste, hätte sie den ganzen Rücken über Blasen", erklärt ihre Mutter. Deshalb darf sie einige Bücher auch in der Schule lagern. "Früher hatte sie dafür einen Rolli, aber der ist dann inzwischen schon uncool", erzählt Mama Lucie. Ganz so viele Ausnahmen gibt es aber nicht: "Wir versuchen schon, dass Michelle, trotz Einschränkungen, so normal aufwachsen kann wie nur möglich."
Wichtig im Teenie-Alter: Klassenfahrten! Da kann Michelle mitfahren - allerdings nur mit einer Integrationskraft, die sich bei einer Verletzung um die Schülerin kümmert. Die Familie vertraut den Helfern. "Aber wenn es losgeht, dass Michelle mal auf eine Klassenfahrt nach Athen oder so will, würde ich wahrscheinlich am liebsten selbst mitfliegen“, gesteht Lucie Riegg. Da die Krankheit so unbekannt ist, können größere Verletzungen in fremder Umgebung fatal sein.
Weil die Kinder damit aufwachsen, haben sie ein sehr gutes Körpergefühl und gehen meistens recht bedacht damit um.Lucie Riegg über Schmetterlingskinder
In Deutschland gebe es etwa 4.000 Fälle der Schmetterlingskrankheit; aber vor allem bei leichten Formen sei die Dunkelziffer vermutlich höher, meint Lucie Riegg. Nur wenige Spezialisten würden sich mit der Hautkrankheit auskennen und Erkrankte müssten oft mit bürokratischen Hürden kämpfen. Das weiß Lucie Riegg nur zu gut. Sie erzählt, dass sie einen Brief der Krankenkasse bekommen hat, in dem sie darauf hingewiesen wird, dass ihr Verbrauch an Verbandsmaterialien zu hoch sei...
Solche Kleinigkeiten, in denen sie persönlich keine Hilfe erhalten hat, haben sie vor zwei Jahren dazu bewogen, "Care 4 Butterfly Children" zu gründen. Das in Pforzen (Ostallgäu) ansässige Unternehmen unterstützt Familien, organisiert die Wundversorgung, bietet sogar eine 24-Stunden-Notfall-Hotline. Lucie Riegg weiß aber auch: "Auch Schmetterlingskinder kann man nicht in Watte packen."

Natürlich macht sich die Mutter Sorgen um ihre Tochter, wenngleich sie weiß, dass Michelle tapfer mit ihrer Krankheit umgeht. Sie hat ein sehr gutes Körpergefühl. Viel dazu beigetragen hat eine Pferdetherapie.
Michelle liebt Pferde
In ihrer Freizeit ist Michelle viel mit ihren zwei besten Freundinnen draußen. Sie mögen die Pferderomane "Ostwind" und "Sternenschweif" und könne sich stundenlang gegenseitig Pferdegeschichten erzählen. Michelle reitet nach wie vor sehr gerne. Ebenfalls gut gegen die Krankheit ist ihr Klavierspiel. Durch die flinken Bewegungen bleiben die Finger so geschmeidig wie eben möglich. Ganz ohne Hilfe geht es trotzdem nicht. Aber auf eines kann sich Michelle immer verlassen: Ihre Familie wird sie unterstützen.