Der frühere Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller sprach in einem Interview davon, dass hinter Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie eine finanzkräftige Elite stecken würde.
"Leute, die auf dem Thron ihres Reichtums sitzen", sehen angeblich "eine Chance jetzt, um ihre Agenda durchzusetzen", wie der 73-Jährige behauptete. Es gebe ein gewisses Chaos, "auch geboren aus dem Willen, die Gelegenheit zu nutzen, die Menschen jetzt gleichzuschalten, einer totalen Kontrolle zu unterziehen, einen Überwachungsstaat zu etablieren ..."
Kardinal Müller verbreitet im Interview Verschwörungstheorien zur Corona-Pandemie
Das katholisch-konservative "St. Bonifatius Institut" aus Österreich hatte vorige Woche von dem Gespräch mit dem früheren Chef der Glaubenskongregation ein 2:19 Minuten langes Video gewittert.
Müller bestätigte der Deutschen Presse-Agentur per E-Mail die Echtheit des Interviews. Der Vatikan reagierte auf dpa-Anfrage zunächst nicht. Die Deutsche Bischofskonferenz kommentierte die Aussagen nicht und verwies auf ihren Aufruf, sich impfen zu lassen.
Solche Formulierungen kommen in Verschwörungstheorien vor und werden auf die Corona-Pandemie übertragen. Der Politikwissenschaftler und Experte für solche Theorien Jan Rathje sagte der dpa zu Müllers Behauptungen: "Die Aussagen lassen sich größtenteils verschwörungsideologisch werten."

Geistlicher zieht Vergleich zum Nationalsozialismus
Durch den Begriff "Gleichschaltung" ziehe er "einen Vergleich zum Nationalsozialismus, der dadurch verharmlost wird", sagte der Experte des Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS). Darüber hinaus erwähnt Müller in seiner Rede den jüdischen Geschäftsmann George Soros, "was als antisemitische Chiffre gewertet werden kann", sagte Rathje.
Müller sagte, er wolle "eigentlich nicht geschaffen und erlöst werden" von Leuten wie dem früheren Microsoft-Chef Bill Gates oder Klaus Schwab, dem Chef des Weltwirtschaftsforums in Davos. Die beiden Männer tauchen so wie Soros häufig in Verschwörungsmythen auf.
Gerhard Ludwig Müller: Der umstrittene Kardinal war Bischof in Regensburg
Der 73-jährige Müller war nach seiner Bischofszeit in Regensburg vom damaligen Papst Benedikt XVI. als Chef der Glaubenskongregation in den Vatikan geholt worden. Dort schied er nach nur einer Amtszeit von fünf Jahren aber schon wieder aus. Papst Franziskus berief den gebürtigen Rheinland-Pfälzer im Juni 2021 in das höchste Gericht der römischen Kurie, die Signatura Apostolica (Apostolische Signatur).
Müller schrieb der dpa in der Email, dass er die Logik zurückweise, dass "wenn jemand die Finanzelite kritisiert, er automatisch auf der falschen Seite ist". Er sprach erneut von einer "nicht legitimierten Einflussnahme der superreichen Eliten in verschiedenen Ländern".
Nicht der erste Skandal um den Ex-Regensburger Bischof Müller
Der Kardinal hatte schon Anfang 2020 ein Manifest eines Erzbischofs gegen die Corona-Beschränkungen unterschrieben, in dem Narrative aus Verschwörungstheorien vorkommen. Die Rede war vom "Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht". (Lesen Sie auch: Elfjähriger zündelt im Beichtstuhl)
Müller sagte danach, dass der Text bewusst missverstanden wurde. Für Empörung hatte seine Kritik am Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland gesorgt, deren Entscheidungsfindung der Kardinal mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten verglichen hatte. (Lesen Sie auch: Zum Skifahren ins Tannheimer Tal? Diese Regeln gelten jetzt für die Einreise nach Österreich)