Der Buckel, die Hakennase, das Kopftuch – diese Hexe scheint direkt einem Märchenbuch entsprungen zu sein. Angst muss vor der hässlichen Alten aber kein Kind haben. Vielleicht Respekt, das schon. Wenn die Hexe aus ihrem Knusperhäschen tritt, die Lebkuchen aus ihrem Beutel holt und die Eltern ihre zögernden Kinder ein paar Schritte nach vorne schicken, dann ist das Eis ganz schnell gebrochen. Heuer werden die Kaufbeurer diese lieb gewonnene Tradition am alten Zollhäusle in der oberen Schmiedgasse allerdings nicht erleben. Das steht nun endgültig fest. Denn auf dem Platz lagern nach wie vor Baumaterial und Geräte von der Fußgängerzonen-Sanierung.
Schade sei dies, aber nicht zu ändern, sagt Margret Aschenmeier vom Kaufbeurer Heimatverein, der erstmals im Jahr 2003 ihrem Domizil, dem alten Zollhaus, mit hölzernen Lebkuchen und zahlreichen Fichten ein malerisches Aussehen gab. Seitdem wurde der romantische Blickfang am Ende der Fußgängerzone jeweils an den vier Adventswochenenden zu einem Ziel für Klein und Groß.
Dass der Besuch der Hexe heuer nicht sicher sein würde, hat sich bereits früh angedeutet. Die endgültige Entscheidung, diesmal darauf zu verzichten, fiel aber kurzfristig. Die Fußgängerzone wurde nach ihrer Sanierung zwar bereits mit großem Programm vor zwei Wochen wiedereröffnet, so ganz fertig ist Kaufbeurens gute Stube aber noch nicht. Vor allem in der oberen Schmiedgasse gibt es noch Probleme mit den Kanälen, die dafür sorgen, dass dort ein Teil noch immer nicht neu gepflastert ist. Zudem lagern Container der Baufirma Hubert Schmid nach wie vor am Kemptener Tor, das nicht neu gepflastert wird, aber das direkte Umfeld des Zollhäusles darstellt.
Fuzo soll nächste Woche fertig sein
Dieser Tage werden nun die Kanalbauarbeiten abgeschlossen, sagt Bauleiter Raimund Reichle. Bis Ende nächster Woche dürfte somit das letzte Stück Fußgängerzone gepflastert sein. „In der Zwischenzeit werden nach und nach die Container und das Material abgezogen“, sagt Reichle. Bis alle Geräte verschwunden sind, wird es aber noch einige Tage dauern. Keine schöne Kulisse für das Hexenhäuschen...
Das sehen jedenfalls Rainer Hesse, Geschäftsführer von Kaufbeuren Marketing, und Margret Aschenmeier so. „Es wäre natürlich sehr schön, wenn wir heuer wieder das Hexenhäuschen hätten“, sagt Hesse. „Aber es ist eine Abwägungssache.“ Eine Dekoration des alten Zollhäuschen und ein Auftritt der Hexe vor der Kulisse der Baumaschinen – das würde wohl niemand begeistern. „Wir brauchen ja auch etwas Vorlauf, damit uns der Bauhof die Fichten aufstellt und damit wir das Haus dekorieren können“, sagt Margret Aschenmeier. „Das wäre zeitlich alles sehr eng.“
Alles kann man jedoch nicht den Bauarbeiten in der Fußgängerzone anlasten. Denn der Heimatverein hat auch einen personellen Engpass. Ein Mitglied des Heimatvereins, das bislang die Hexe gemimt hat, hört nach vielen Jahren auf. Einen Ersatz gibt es derzeit nicht. Möglicherweise hätte der Verein heuer also ohnehin improvisieren müssen, wenn das Hexenhäuschen zum Leben erwacht wäre. „Wir freuen uns auf nächstes Jahr“, sagt Margret Aschenmeier. Und auch Rainer Hesse freut sich schon: „2018 wird es wieder ein Hexenhäuschen geben, und das an der neuen Fußgängerzone.“