In der Szene der Spieler kann sich Kempten sehen lassen. Damit sind nicht diejenigen gemeint, die am Roulette-Tisch auf den großen Geldgewinn hoffen, sondern jene, die bei Strategiespielen an ihrer Taktik feilen. Diejenigen, die auf dem Bildschirm Wettbewerbe austragen. Und die, die bei Rollenspielen in Fantasiewelten eintauchen.
Knapp 350 Besucher kamen am Wochenende zur „Gamesvention“ ins Jugendhaus und in die Caritas. 48 Stunden am Stück waren dort Spiele aller Art aufgebaut.
Fabian Emmanouel (32) und Michael Breuning (26) geben sich die Hand. Gerade eben saßen sie noch vor einem großen Bildschirm und wetteiferten um den Sieg bei „Pokémon Tekken“. Hinter ihnen eine Gruppe Zuschauer. „Es macht einfach super Spaß“, sagt Breuning, der die Runde verloren hat. Von Frust aber keine Spur.
Was fasziniert sie am Spielen? „Für mich steht der Spaß mit Freunden im Vordergrund“, sagt Emmanouel. Der Kaufbeurer mag Strategiespiele besonders gern, bei denen der Zufall möglichst keine Rolle spielt. „Man will nicht verlieren, nur weil der Gegner Glück hat.“
Und Breuning? Ihn fasziniert das Eintauchen in eine andere Welt, sagt er. „Das ist wie beim Fernsehen, nur dass man nicht nur passiv dabei sitzt.“ Der gebürtige Kemptener lebt in Würzburg. Zur dritten Auflage der „Gamesvention“ ist er extra angereist. Wie andere Besucher lobt auch er die aktive Szene in Kempten. "Wenn man bedenkt, wie klein die Stadt ist, und man sieht, was hier aufgestellt ist - gigantisch."

Rainer Wagner-Ballner (24) aus Königsbrunn würde gern am Beispiel Kemptens etwas ähnliches in Augsburg aufbauen. Bislang sei das Angebot dort nicht vergleichbar.
Hinter der Veranstaltung stehen zwei Vereine – die Skyforgers und die V-Gamers – sowie der Spieleladen Heldenschmiede. Die Stadt unterstützt die Organisatoren, indem sie das Jugendhaus zur Verfügung stellt.
In diesem Jahr sind mehr junge Besucher da, hat Dr. Maximilian Kalus (42) beobachtet, der für die Öffentlichkeitsarbeit des 48-Stunden-Spielmarathons zuständig ist.
Einer von ihnen ist Cederic aus Heiligkreuz, den seine Mutter begleitet. Der Elfjährige sitzt neben einem Gleichaltrigen vor einem Bildschirm. Mit Lenkrädern steuern sie ihre Autos, die Füße auf Gas- und Bremspedal positioniert. Im Keller fuchtelt ein junger Mann mit seinen Händen in der Luft herum. Er trägt eine Brille, die ihn in die virtuelle Realität entführt. Um ihn herum sitzen gut zehn Zuschauer, die auf dem Bildschirm beobachten, wie er sich durch eine Fantasiewelt fortbewegt.
In einem anderen Raum benötigen die Spieler nicht viel mehr als Würfel, Stifte und Papier. Sie schlüpfen in Rollen, sind zum Beispiel Zauberer, Elfen oder Zwerge. Gemeinsam entwickeln sie eine Geschichte. Aber auch Brettspiele erfreuen sich bei der „Gamesvention“ großer Beliebtheit. Daniel Gruber hat zu „Colt Express“, bei dem es um Zugräuber geht, sogar eine passende Landschaft gebaut.
Längst werden die „Spieler“ nicht mehr als Außenseiter abgestempelt, hat Kalus festgestellt. Auch Rollenspiele seien mittlerweile gesellschaftsfähig. Er erklärt sich das mit dem Erfolg von Filmen wie „Herr der Ringe“ oder der Serie „Big Bang Theory“, in der es um eine Gruppe junger Wissenschaftler geht. Und was macht die in ihrer Freizeit? Spielen.