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Kempten macht's anders als Memmingen: Lasertag-Arena-Chef "schießt" gegen Stadtverantwortliche

Aus für Arena in MM

Kempten macht's anders als Memmingen: Lasertag-Arena-Chef "schießt" gegen Stadtverantwortliche

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    Die Code Red Lasertag Arena in Memmingen gibt's nicht mehr. Jetzt erhebt Geschäftsführer Kim Geiger Vorwürfe gegen die Jugendbehörde der Stadt, die ihn laut eigener Aussagen "weghaben wollte".
    Die Code Red Lasertag Arena in Memmingen gibt's nicht mehr. Jetzt erhebt Geschäftsführer Kim Geiger Vorwürfe gegen die Jugendbehörde der Stadt, die ihn laut eigener Aussagen "weghaben wollte". Foto: Code Red Lasertag Arena Memmingen/Geiger (Collage: Rist)

    Der Streit entzündete sich an einem Bescheid des Memminger Jugendamtes. Anfang 2017 gab die Behörde vor, dass die Lasertag-Arena im Memminger Norden nur noch ab 16 Jahren betreten werden darf. Ausnahme: 14- und 15-Jährige sollten noch spielen dürfen, wenn ein Elternteil im selben Team des Kindes mitspielt. Eröffnet hatte die Anlage aber bereits im Oktober 2015 – unter anderen Voraussetzungen, wie Geiger versichert: "Wir haben durch das Ordnungsamt der Stadt damals eine Freigabe zum Spielen ab 12 Jahren bekommen. Ich habe im Vorfeld extra das Gespräch mit der Stadt gesucht, um mich abzusichern. Hätte man mir damals gesagt, dass erst ab 16 freigegeben wird, wären wir nie nach Memmingen gegangen."

    Beim Lasertag treten mehrere Spieler zumeist in Teams in einem Schwarzlicht-Parcours gegeneinander an. Ausgestattet mit sogenannten "Phasern" versuchen die Akteure, sich gegenseitig mit einem Infrarotsignal zu markieren. Jeder Spieler trägt eine Weste mit Sensoren an seinem Körper. Wird ein Sensor von einem Infrarotstrahl getroffen, wertet der Computer diesen Treffer aus und der Spieler bekommt einen Punktabzug oder scheidet aus dem Spiel aus. Außerdem müssen in dem Parcours Hindernisse überwunden und zusätzliche Treffer gesetzt werden.

    Nach der Eröffnung sei das Angebot laut Geiger sehr gut angenommen worden. Insgesamt hätten rund 60.000 Spieler die Arena besucht, sagt der Geschäftsführer im allgaeu.life-Interview. Im Januar 2017 habe er dann eine E-Mail vom Jugendamt bekommen. Nach einer Ortsbegehung erging der Bescheid der Behörde. Danach sei der Umsatz massiv eingebrochen. Auf rund 300.000 Euro beziffert Geiger seinen entstandenen Schaden. "2018 hatte ich keine 6.500 Besucher. Es sprach sich herum, dass man nur noch ab 16 hin darf, der Imageschaden war enorm." Gegen den Bescheid hat er geklagt, eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg steht trotz Eilantrags aber noch aus.

    Was den Geschäftsführer besonders stört: Anfang 2017 hatte er fast zeitgleich zur Entscheidung des Memminger Jugendamtes eine ähnliche Anlage in Kempten eröffnet. Dort bekam er vom Amt für Jugendarbeit die Zusicherung, dass ab 14 Jahren gespielt werden darf, wenn eine schriftliche Einverständniserklärung der Eltern vorliegt. "In Kempten lief alles sauber und transparent ab. Ich war von Anfang an im Gespräch mit den Behörden. Ich halte mich an meine Auflagen, und das Amt hält sich an seine Zusicherung."

    Das vieldiskutierte Facebook-Statement:

    In Memmingen hingegen habe er seit dem ersten Kontakt mit dem Jugendamt das Gefühl gehabt, dass der Behördenleiter "mich weghaben wollte." Geiger sagt: "Ich hatte den Eindruck, dass sein Urteil schon vor der Begehung gefällt war. Auch auf diverse Kompromissangebote und Lösungsvorschläge wurde nicht eingegangen. Ich bot beispielsweise eine sogenannte Blastertag-Alternative an, bei der mit Schaumstoffgeschossen gespielt wird. In Kempten bekam ich das innerhalb von 24 Stunden genehmigt. In Memmingen wurde auch das monatelang verzögert und nicht freigegeben."

    Jede Kommune bewertet anders

    Bleibt die Frage, wieso in Kempten der Alterszugang anders gehandhabt wird als in Memmingen, zumal Geiger versichert, dass in beiden Arenen exakt nach demselben Prinzip gespielt wird? In ähnlichen Einrichtungen in Neu-Ulm und München darf man mit Einverständnis der Eltern sogar ab 12 Jahren spielen. Memmingens Oberbürgermeister Manfred Schilder (CSU) verweist im allgaeu.life-Gespräch auf eine Vorgabe des bayerischen Familienministeriums und des Landesjugendamtes. Dort heißt es, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren sei die Teilnahme an Lasertagspielen gemäß Paragraph 7 des Jugendschutzgesetzes zu untersagen, da sie ihre psychische und soziale Entwicklung gefährden können. Geiger hält dem ein Gutachten aus einem Rechtsstreit in Hannover entgegen, das bei dem gleichen System wie in Memmingen und Kempten eine Empfehlung ab 10 Jahren aussprach.

    Das Problem: Bei Lasergames gibt es unterschiedliche Spielmodi und Ausprägungen, weshalb die Kommunen die einzelnen Anlagen überprüfen müssen und von der Altersfreigabe ab 16 abweichen können – nach oben wie nach unten. Bewertet wird unter anderem, ob die Phaser echten Waffen ähnlich sehen, ob ein Kampf- oder Kriegsszenario in dem Parcours heraufbeschworen wird, aber auch wie sich Dunkelheit, etwaige Stroboskopeffekte oder spannungserzeugende Hintergrundmusik auf das Spiel auswirken.

    Mag sein, dass der ein oder andere Amtsleiter das etwas lockerer sieht, wir bewerten es eben etwas strenger. Das Wohl des Kindes steht für uns über den gewerblichen Interessen des Betreibers.Memmingens Oberbürgermeister Manfred Schilder

    Das Kemptener Amt für Jugendarbeit teilt auf Anfrage schriftlich mit: "Eine rechtliche Bestimmung für eine Altersfreigabe, die generell bei allen Lasertaganlagen gilt, gibt es nicht." Man habe die Anlage im Ursulasrieder Gewerbegebiet in Absprache mit dem Bayerischen Landesjugendamt überprüft und strebe aktuell keine Änderungen bezüglich der Altersfreigabe an, da die Bedingungen eingehalten würden.

    "Mag sein, dass der ein oder andere Amtsleiter das etwas lockerer sieht, wir bewerten es eben etwas strenger. Das Wohl des Kindes steht für uns über den gewerblichen Interessen des Betreibers", sagt Memmingens OB Schilder und verweist darauf, dass er keinen großen Unterschied zwischen Kempten und Memmingen sehe. "Wir haben halt gesagt, wenn Kinder ab 14 Jahren dorthin gehen, muss ein Erziehungsberechtigter dabei sein, der eingreifen kann, wenn das Kind überfordert ist. Uns reicht nicht aus, wenn Mama oder Papa einen Zettel unterschreiben. Die Hürde ist etwas höher, ansonsten sind wir mit Kempten fast deckungsgleich."

    Kim Geiger widerspricht: "Eben nicht. Es ist ein Riesenunterschied, ob die Eltern mitspielen müssen oder nicht. Uns sind in Memmingen die gemischten Gruppen weggebrochen. Sobald einer unter 16 ist, mussten meine Mitarbeiter ihm die Teilnahme am Spiel verwehren, oft sind die Leute dann wieder abgezogen. Auch Vereine mit Jugendlichen kamen nicht mehr." Entsprechend dick sei sein Hals auf die Verantwortlichen der Memminger Behörden. "Kurz nach der Eröffnung habe ich am Telefon eine Mitarbeiterin des Jugendamtes eingeladen, vorbeizukommen und sich unsere Anlage anzuschauen. Doch erst 2017 sind sie gekommen. Ich habe als Theologe und Pastor gearbeitet, mache seit 21 Jahren Jugendarbeit. Hätte ich in der Arena in Memmingen wirklich etwas Jugendgefährdendes veranstaltet, müsste man mal fragen, weshalb mich das Jugendamt über ein Jahr lang damit laufen ließ. Dann sollte man den Zuständigen schnellstmöglich von seinem Posten entfernen."

    Hätte ich in der Arena in Memmingen wirklich etwas Jugendgefährdendes veranstaltet, müsste man mal fragen, weshalb mich das Jugendamt über ein Jahr lang damit laufen ließ.Geschäftsführer Kim Geiger

    Ein Vorwurf, den Schilder so nicht stehen lassen will. "Meines Wissens nach haben wir Anfang 2017 Werbematerial in die Hände bekommen, auf dem für Kindergeburtstage in der Halle geworben wurde. Daraufhin ist das Jugendamt sofort tätig geworden und hat sich an den Geschäftsführer gewandt. Einige Wochen später wurde der Bescheid erlassen." Den Oberbürgermeister ärgert die zum Teil heftige Diskussion, die auf Facebook unter dem Video von Kim Geiger entstanden ist. Etliche Nutzer greifen die Stadtverantwortlichen in ihren Kommentaren an und beklagen, dass es immer weniger attraktive Freizeitangebote in Memmingen gäbe. "Typisch Memmingen. Wie bei IKEA und den Bädern…", schreibt ein User, und eine andere beklagt: "Memmingen wird wie ein Dorf, in dem man kaum was (...) machen kann."

    "Rentnerstadt" Memmingen? Der Oberbürgermeister widerspricht entschieden

    "Da werden Sachen in einen Topf geworfen, die nichts miteinander zu tun haben", findet OB Schilder. Er wünscht sich, dass ihm junge Menschen konkret sagen, was ihnen in der Stadt fehlt. "Ich habe wiederholt Anläufe genommen, mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Aber das ist schwierig. Zu Veranstaltungen kommt meist keiner und wenn man mal gezielt fragt, was wünscht Du Dir, dann kommt meist als Antwort: So ein pfiffiger Club wäre doch toll. Aber wie soll die Stadt für einen Club sorgen?" In naher Zukunft möchte der Rathauschef im Stadtrat eine Art Kinder- und Jugendparlament ins Leben rufen, um mit jungen Memmingern wieder mehr ins Gespräch zu kommen.

    Für Kim Geiger hat sich das Thema Memmingen dagegen erledigt. Er setzt nun auf seinen Code Red Action Park in Kempten, in dem es neben Lasertag auch Blastertag ab 10 Jahren, Escape Rooms und Schwarzlicht-Minigolf gibt. "Meine rund 2.000 Mitglieder aus Memmingen habe ich nach Kempten eingeladen. Sie bekommen dort ein Jahr lang eine kostenlose Mitgliedschaft, damit sie dort spielen können."

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