Im Unterricht von Tobias Berlinger – Wirtschafts- und Erdkundelehrer am Hildegardis-Gymnasium in Kempten – herrscht eine lockere Atmosphäre. Da fällt auch mal ein Witz von Schülerseite. Auch Berlinger lacht mit. Ihn bringt so schnell nichts aus der Ruhe, er strahlt eine natürliche Autorität aus.
Am heutigen Montag bekommt er den „Deutschen Lehrerpreis 2017“ in der Kategorie „Schüler zeichnen Lehrer aus“. Insgesamt werden in dieser Kategorie 15 Lehrer deutschlandweit ausgezeichnet – vier Preise gehen an Lehrer in Bayern. Der Wettbewerb wird vom Deutschen Philologenverband und der Vodafone Stiftung Deutschland ausgerufen, um „herausragende pädagogische Leistungen“ zu ehren.

Berlinger ist ein respektvoller Umgang im Klassenraum wichtig. Dazu gehören auch Regeln: Pünktlich zum Unterrichtsbeginn sind die Schüler auf ihren Plätzen, die Tafel ist gewischt und zur Begrüßung stehen alle auf. Disziplin ist dem 44-Jährigen genauso wichtig wie der Spaß am Lernen und Lehren. Die Schüler des Hildegardis-Gymnasiums schlugen Berlinger selbst für den Lehrerpreis vor. In einem zehnseitigen Papier begründeten sie ihre Wahl. Dabei fällt der Name Berlinger immer wieder im Zusammenhang mit der Hilde-Bigband. Denn die Musik ist sein großes Hobby.
Er überträgt uns viel Verantwortung und lässt uns selbstständig arbeiten.Schüler von Tobias Berlinger
2009 gründete er die Schul-Bigband, die mit ihren etwa 280 Mitgliedern nach eigenen Angaben das größte Blasorchester mit Gesang in ganz Deutschland ist. Ein Schulprojekt, das alle Jahrgangsstufen verbindet. Auch vom Unterricht sind die Schüler begeistert.
„Er überträgt uns viel Verantwortung und lässt uns selbstständig arbeiten“, sagen die Elftklässler seines Projekt-Seminars. Aber auch im Erdkunde- und Wirtschaftunterricht fällt das Résumé positiv aus. „Er macht super Hefteinträge und sein Unterricht ist strukturiert – da lernen alle gern.“
Den Unterricht versucht Berlinger abwechslungsreich zu gestalten. „Reiner Frontalunterricht bringt nichts“, sagt er. Er setzt auf Gruppen- und Partnerarbeit. Die Mischung mache es aus. „Teamfähigkeit ist auch für das spätere Berufsleben wichtig.“ Die Tafel und der Tageslichtprojektor haben weitestgehend ausgedient. Dafür arbeitet Berlinger mit Filmausschnitten, Beamer und Laptop. „Man wächst mit der Digitalisierung und probiert daher immer etwas Neues aus.“
Für den Erdkundeunterricht seien Wandkarten und der Atlas aber weiterhin unerlässlich. Sein erklärtes Ziel: „Die Schüler sollen gern in den Unterricht kommen und Spaß haben.“ Am schönsten seien für ihn die „Aha-Erlebnisse“ seiner Schützlinge, wenn er merkt: „Jetzt haben es alle verstanden.“ Bekannt ist er für sein Grundwissens-Konzept. Wichtige Begriffe und Definitionen gehören zum Basiswissen. Damit können sich die Schüler bei einer Abfrage ein paar Punkte sichern – vorausgesetzt sie haben gelernt. Der schulische Erfolg seiner Schüler liegt Berlinger am Herzen. Trotzdem gibt es bei ihm nicht nur gute Noten, er erwartet Leistung und Motivation.
Zu seinen Schülern hat er ein gutes Vertrauensverhältnis – dennoch gilt er auch als streng. Klassenclowns haben bei ihm keine Chance. Mit ihnen sucht Berlinger das Vier-Augengespräch. Kommunikation sei das A und O. Berlinger hört zu und begegnet ihnen auf Augenhöhe. Das kommt bei den Schülern gut an.
Kommunikation ist wichtig
Berlinger war selbst übrigens ein guter Schüler – nur in Kunst haperte es. Geprägt hat ihn zu Schülerzeiten damals sein eigener Geo- und Wirtschaftslehrer. „Das war ein Lehrer, der uns im Griff hatte und trotzdem ein besonderes Schüler-Lehrer-Verhältnis hatte.“
Den bekannten Witz „Lehrer haben vormittags recht und nachmittags frei“ hat auch Berlinger in seinem Sprüche-Repertoire und kann darüber lachen. Seine Einstellung ist jedoch anders: „Ich kann von den Schülern auch noch etwas lernen.“ Und mit den Vorbereitungen für das Konzert der Hilde-Bigband hatte er zuletzt kaum eine freie Minute – geschweige denn einen Nachmittag.