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Killt Bürokratie die Allgäuer Milchtankstellen?

Bauern fürchten Mehrkosten

Killt Bürokratie die Allgäuer Milchtankstellen?

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    Milch per Knopfdruck: 21 sogenannte Milchtankstellen gibt es inzwischen im Allgäu.
    Milch per Knopfdruck: 21 sogenannte Milchtankstellen gibt es inzwischen im Allgäu. Foto: Andreas Arnold/dpa

    "Das Thema Milchtankstelle ist in den letzten zwei Jahren, seit der Milchpreis so unter Druck steht, für viele Landwirte deutlich interessanter geworden", sagt Alfred Enderle, Bezirkspräsident des Bauernverbandes in Schwaben. Im Allgäu gibt es derzeit 21 Automaten.

    Doch die bundesweite Mess- und Eichverordnung könnte den Landwirten einen Strich durch die Rechnung machen. Diese schreibt vor, in den Milchtankstellen Messgeräte zu installieren und für die Milch einen Kassenbeleg auszugeben. Das würde hohe Kosten für die Umrüstung oder die Neuanschaffung der Automaten bedeuten.

    Landtagsabgeordneter Dr. Leopold Herz (Wertach) von den Freien Wählern fordert daher nun mit einem Dringlichkeitsantrag die Staatsregierung auf, die Milchautomaten von dem Gesetz auszunehmen. Sonst sehe er "das Aus" für viele Milchtankstellen. Landwirt Thomas Kögel kann diese Verordnungen nicht nachvollziehen. "Typisch deutsch", sagt er. Seine Reaktion darauf: Abwarten.

    Zugewinn, aber kein Geschäftsmodell

    Denn Thomas und Stefanie Kögel haben positive Erfahrungen mit der Milchtankstelle gemacht. Sie gehörten zu den ersten, die vor fünf Jahren im Oberallgäu einen 24-Stunden-Milch-Automat aufgestellt haben. Täglich kämen etwa 40 Leute, die sich einen Liter Milch abfüllen. Für die Landwirte ist es ein Zugewinn, aber kein Konzept, von dem sie leben könnten. Die Kunden seien vor allem Leute, die auf regionale Produkte wertlegen, sagt Stefanie Kögel.

    Die Vorteile der Automaten sind klar: keine Personalkosten und faire Milchpreise. Familie Kögel verlangt 1,20 Euro je Liter Milch. "Das rentiert sich, kompensiert aber die niedrigen Preise der Molkereien nicht", sagt Thomas Kögel. Denn über den Automaten verkaufe er nur einen Bruchteil seiner Milch. Pro Jahr produziere er 200.000 Liter, davon fließen etwa 14.000 Liter in den Automaten.

    Täglich eine zusätzliche halbe Stunde Arbeit

    Auch die Hygiene-Vorschriften sind streng. Die Automaten müssen täglich gereinigt und gespült werden. Jeder Landwirt, der einen Automat auf seinem Hof aufstellt, muss dies dem Landratsamt melden. Die Milchtankstelle ist damit aber kein Selbstläufer. Das Befüllen, Reinigen, Werbung machen und Kundenkontakte pflegen sei zeitintensiv, sagt Kögel. Täglich plane er dafür eine halbe Stunde ein.

    Eine weitere Vorschrift: Der Hinweis "Rohmilch vor dem Verzehr abkochen" muss angebracht werden. Dies stört Landwirt Andreas Blank aus Attenhausen (Unterallgäu) besonders. Für seinen Geschmack wirke diese Vorsichtsmaßnahme zu abschreckend. Der Milchautomat ist für den Landwirt mehr ein "Zuckerl für die Kunden" als ein Geschäftsmodell. Aber der Automat werde immer mehr zur bürokratischen Hürde, sagt Blank in Bezug auf die Verordnungen.

    Rohmilch

    Rohmilch ist Milch von Kühen, die nicht erhitzt wurde. Sie hat mit bis zu vier Prozent einen höheren Fettgehalt. Im Supermarkt wird die Rohmilch als Vorzugsmilch verkauft.

    Es heißt, dass unbehandelte Milch krankmachende Bakterien enthalten könne. Deshalb muss die Milch den Hinweis „Vor Verzehr abkochen“ tragen. Früher war es jedoch ganz normal, die

    Milch direkt vom Bauern zu holen.

    Anzahl der Milchtankstellen: Kempten (2), Kaufbeuren (1), Memmingen (0), Oberallgäu (5), Unterallgäu (6), Lindau (3), Ostallgäu (4).

    Über den Automaten verkaufe er zwischen sechs und 30 Liter am Tag. "Es ist nicht so, dass man damit das große Geld verdient", sagt Blank. Es decke aber gerade so die Kosten. Seine 6.000-Euro-Investition in den Automaten habe er durch den Verkauf der Rohmilch wieder reingeholt. Mittlerweile kosten die Milchtankstellen aber je nach Ausstattung zwischen 13.000 und 15.000 Euro. Trotz der hohen Anschaffungskosten gibt es immer mehr Landwirte, die diesen Vertriebsweg wählen. Die Automatenhersteller wie Regiomat, Risto Vending und Milch Concept sind ausgelastet.

    Das Unternehmen Milch Concept hat sich auf den Milchverkauf vor Supermärkten spezialisiert. Da dort die verkaufte Menge bis zu 600 Liter sein könne, seien die Automaten bereits geeicht und gäben auch Belege aus, sagt Geschäftsführer Peter Fograscher. Er könne sich nicht vorstellen, dass sich die Eichbehörde für Automaten, die täglich bis zu 40 Liter ausgeben, interessieren.

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