Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Krippenmuseum Mindelheim: Warum das wohl älteste Christkind der Welt aus dem Allgäu kommt

Spannendes zu Weihnachten

Krippenmuseum Mindelheim: Warum das wohl älteste Christkind der Welt aus dem Allgäu kommt

    • |
    • |
    Das schwäbische Krippenmuseum wurde fast vier Jahre lang neu gestaltet. Mittlerweile gibt es neben den Krippen auch viele Mitmachstationen und Filme - und natürlich die wohl älteste Christkind-Figur der Welt!
    Das schwäbische Krippenmuseum wurde fast vier Jahre lang neu gestaltet. Mittlerweile gibt es neben den Krippen auch viele Mitmachstationen und Filme - und natürlich die wohl älteste Christkind-Figur der Welt! Foto: Tobias Hartmann, Verlag Hans Högel KG

    Ein wenig Stolz schwingt in der Stimme von Christian Schedler mit. "Wir bilden hier die Krippenlandschaft in ganz Bayerisch-Schwaben ab“, erzählt der Leiter des Kulturamts in Mindelheim. Und die ist gar nicht so leicht zu überblicken, schließlich gehören Krippen seit langem zur schwäbischen Tradition - besonders in Mindelheim.

    Als Kunsthistoriker und Leiter des Kulturamtes in Mindelheim gehört es zu Christian Schedlers Aufgaben, zu den Krippen zu forschen.
    Als Kunsthistoriker und Leiter des Kulturamtes in Mindelheim gehört es zu Christian Schedlers Aufgaben, zu den Krippen zu forschen. Foto: Marlene Marz

    Es heißt, hier wurde die erste Krippe in Schwaben aufgebaut. Den Anfang machten die Jesuiten den Überlieferungen nach am Weihnachtsfest 1618, als sie in der Jesuitenkirche die ersten Teile einer Krippe mit "bekleideten kindsgroßen Figuren" aufgebaut haben. In der Kirche kann man heute noch jedes Jahr die etwa einen Meter großen Figuren bestaunen.

    Die Krippe ist demnach eine Erfindung der Jesuiten. Im Zuge der Reformation wollte der Orden die Gläubigen über „visuelle Kommunikation“ zurückgewinnen. „Die Jesuiten versuchten, die Menschen bei ihrer Schaufreude zu packen“, erzählt Schedler. Zu dieser Zeit entstand der opulente Kirchenbarock, aber eben auch die Krippe, um die Inhalte der Weihnachtsbotschaft bildlich darzustellen.

    Beliebte Beschäftigung und identitätsstiftend

    Mit der Zeit fand die Krippe größere Verbreitung. Überall wo die Jesuiten hinkamen, brachten sie die Krippe mit. Doch nicht nur die religiöse Symbolkraft war wichtig für den Erfolg der Krippen. Vielmehr packten die Figuren die Menschen auch bei ihrem Spieltrieb. Krippen zu gestalten war eine beliebte Beschäftigung.

    Diese barocke Theater aus Mindelheim ist Schedlers Lieblingsstück im Krippenmuseum: Es zeigt den Besuch der Königin von Saba bei König Salomo.
    Diese barocke Theater aus Mindelheim ist Schedlers Lieblingsstück im Krippenmuseum: Es zeigt den Besuch der Königin von Saba bei König Salomo. Foto: Gregor Lengler

    Dazu kam laut Schedler auch so etwas wie familiäre Identität. Viele Geflüchtete aus den deutschen Ostgebieten nahmen 1945 ihre Krippe mit, weil sie Familie und Heimat bedeutete. Schedler ist sich sicher: „Diese Integrationskraft steckt heute irgendwie immer noch in der Krippe drin.“

    Heute haben Krippenbegeisterte ganz unterschiedliche Motive: von religiösen Gründen über den klassischen Hobby-Krippenbauer oder einfach, weil es dazugehört und schön aussieht. Die Krippe strahlt immer eine ganz besondere Stimmung aus. Die merkt man auch im Museum, das über 40 Krippen und einige Medienstationen beinhaltet.

    Ähnlich ergeht es einem beim Betrachten des bekanntesten Ausstellungsstückes: dem ältesten bekannten Christkind der Welt. Darstellungen, wie die kleine Figur sie zeigt, verbreiteten sich eigentlich erst ab dem späten 15. Jahrhundert, doch das Kindlein sollte einer Legende nach viel älter sein. Umso überraschender war das Ergebnis eines Radiokarbontests, der die kleine Figur auf die Zeit um 1300 datierte. Bemerkenswert ist auch die kindliche Darstellung, denn zu dieser Zeit wurden Kinder als Miniaturerwachsene gezeigt. Kindlichkeit war in der Kunst noch kein Thema.

    Das Jesusfigürchen, das mittlerweile auch ältestes bekanntes Christkind der Welt genannt werden darf, ist sicher hinter Panzerglas untergebracht.
    Das Jesusfigürchen, das mittlerweile auch ältestes bekanntes Christkind der Welt genannt werden darf, ist sicher hinter Panzerglas untergebracht. Foto: Gregor Lengler

    Auch der Hintergrund der Figuren ist überraschend: Frauen, die damals in ein schwäbisches Kloster eigetreten sind, bekamen eine Christkindfigur. Dieser Brauch hat sich mit der Zeit verbreitet. “Wir können wirklich so plakativ sagen, schwäbische Frauen haben zwischen 1300 und 1500 das Christkind als Figur erfunden“, meint Schedler.

    Wir können wirklich so plakativ sagen, schwäbische Frauen haben zwischen 1300 und 1500 das Christkind als Figur erfunden.Christian Schedler

    Seit 30 Jahren gibt es in Mindelheim das Schwäbische Krippenmuseum, das nun fast vier Jahre lang aufwendig renoviert wurde. Das neue Museum wurde Ende letzten Jahres eröffnet. Eine besondere Herausforderung war der Grund für die Erneuerung. Als ein neuer Scheinwerfer installiert werden sollte, fiel durch Zufall auf, dass Balken marode und das Gebäude statisch gefährdet war. Das Museum musste sofort geräumt werden. Schedler sieht dennoch das Positive: die Renovierung erlaubte die Gestaltung eines ganz neuen Krippenmuseums.

    Die Besucherzahlen nach der Eröffnung haben alle Erwartungen übertroffen. Es sind sogar Gäste aus Frankfurt und Hamburg gezielt ins Krippenmuseum gekommen. Ein Eintrag im Gästebuch berührt besonders: „Wir haben einen Eintrag gefunden, da steht in krakeliger Kinderschrift 'Es hat mir so gut wie ein Herz gefallen' - und dann ist noch mit roter Farbe ein Herz reingemalt.“ Für die Zukunft wünscht sich Schedler, dass das Museum noch bekannter wird - und natürlich noch mehr solcher Einträge im Gästebuch.

    Öffnungszeiten: Das Krippenmuseum hat Dienstag bis Sonntag von 10-17 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet. Der Eintritt beträgt 2,50 Euro. Führungen finden Sonntagnachmittag und auf Anfrage statt. Weitere Infos findest Du hier: https://www.mindelheim.de/das-neue-schwäbische-krippenmuseum-mindelheim

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden