Der Sondergast hat sich lange nicht mehr in Deutschland blicken lassen: Rick Springfield. Er macht seinem Namen gleich alle Ehre, springt ins Zuschauerfeld, hüpft über die leeren Stuhlsitze und klatscht dabei dutzende Fanhände ab. Nachdem er seine größten Hits abgegrast hat, schreddert der Poprocker zum Schrecken des Publikums zwei Blumensträuße mit den Gitarrensaiten, dass die roten Blüten in die vorderen Fanreihen fliegen.
Den handwerklichen Höhepunkt setzt dann Steve Lukather. Der Toto-Gitarrist und Sänger garniert jeden seiner Titel mit flinken, prickelnden Extra-Soli auf der Elektrischen. Bei dem Fast-Instrumental „Little Wing“ von Jimi Hendrix kann der versierte Saitenzieher zeigen, was er drauf hat. Das Besondere bei Lukather: Er holt nicht nur Cello und Violine nach vorne, sondern bindet auch einzelne Chorsänger in sein Set ein. Eine deutlich schwangere Tiffany Kirkland veredelt mit ihrer kräftigen Soulstimme „Hold the Line“.

Schwer, einen draufzusetzen
Jetzt hat es Don Felder schwer, noch einen draufzusetzen. Tatsächlich wirkt der Ex-Eagle etwas starr und blass. Im Gegensatz zu den bombastisch aufgebrezelten Toto-Stücken spielt das Bohemian Symphony Orchestra Prague unter der Leitung von Wolf Kerschek bei Felder mehr begleitend nebenher als integrierend. Der Zuckerguss der Streicher scheint sich mit dem filigranen Gitarrenklang zu beißen, während der Chor dem feinen Eagles-Sound eine satte Cremehaube aufsetzt. Dann, beim fulminanten Gitarrensolo von „Hotel California“, das Don Felder 1977 zusammen mit Joe Walsh abzog, schnappt sich Felder in Kempten Tom Naumann aus der Mat Sinner Band, und die Kinnladen der Rockfans klappen nach unten.
Erhebende Momente gab es auch schon vorher. Mit den britischen Urgesteinen, den Sänger-Gitarristen-Gespannen Catley/Clarkin (Magnum) und Shaw/Box (Uriah Heep), nahm der Abend an Fahrt auf – durchbrochen von kurzen Zwischenspielen des Orchesters (Mozarts „Eine kleine Nachtmusik“ und die James-Bond-Titelmelodie zu „Skyfall“). Ganz am Beginn gedachte man den beiden kürzlich gestorbenen Mitgliedern der Rock-meets-Classic-Familie, John Wetton (Asia) und Rick Parfitt (Status Quo) in Bild und Ton.
Kinnladen in Bewegung
Beim finalen Eagles-Song „Take it easy“ laufen sämtliche Musiker des Abends auf – mit der Zahl von sieben Lead- und Rhythmus-Gitarren, was erneut die Kinnladen in Bewegung setzt. Der Rockabend endet entspannt, andächtig fast.
Nachdem im letzten Jahr ein allzu mächtiges Staraufgebot große Betriebsamkeit auf der Bühne ausbrechen ließ, wendet sich die Großproduktion wieder dem ursprünglichen Konzept zu: Fünf Künstler marschieren nacheinander ein. Diese klare Struktur tut der Musik gut und lässt ihr Raum zur Entfaltung. Bei der hohen Stardichte hätte das Konzert aber ruhig noch ein paar Songs mehr vertragen. Drei Stunden können so kurz sein.