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Luftfahrt-Legende vor Comeback: In Bayern wird die Do328 wiederbelebt

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Luftfahrt-Legende vor Comeback: In Bayern wird die Do328 wiederbelebt

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    So soll die Wiederauflage der Dornier 328 als D328eco einmal aussehen. Unsere Computer-Simulation zeigt das Flugzeug schon einmal in der Luft.
    So soll die Wiederauflage der Dornier 328 als D328eco einmal aussehen. Unsere Computer-Simulation zeigt das Flugzeug schon einmal in der Luft. Foto: Deutsche Aircraft

    Die Dornier 328 oder kurz Do328 ist eine Luftfahrt-Legende. Das Flugzeug mit 32 Sitzen hob erstmals 1991 in die Lüfte ab. Die steil aufsteigende Maschine mit dem großen Flugkomfort gilt als letztes Verkehrsflugzeug, das hierzulande entwickelt und produziert wurde. Airbus-Flieger sind Schöpfungen verschiedener Nationen. In dem deutsch-französischen Luftfahrt-Konzern werden Sektionen aus unterschiedlichen Ländern zusammengebaut. Das Ende der Produktion der Do328 vor rund 20 Jahren war ein einschneidendes Datum, ging doch zunächst die Fähigkeit verloren, Verkehrsflugzeuge in Deutschland in Eigenverantwortung zu fertigen. 

    Industriepolitisch war das ein Nackenschlag für die Wirtschaftsnation, auch wenn in Tussenhausen-Mattsies bei Mindelheim von der Firma H3 Grob Aircraft nach wie vor komplette Flieger gebaut werden. Dabei handelt es sich aber um kleinere Trainings- und eben nicht größere Regional-Maschinen wie die Do328. Auch wenn schon lange keine neuen Dornier-Flugzeuge mehr produziert wurden, ist die Legende nie vom Himmel und den Flugplätzen verschwunden. Daran hat die Insolvenz der Nachfolge-Firma Fairchild Dornier im Jahr 2002 nichts geändert. Die Flieger werden nach wie vor gehegt und gepflegt. Der ADAC betreibt zwei der Maschinen in der Jet-Version als Intensiv-Stationen. Die Kabine ist so hoch, dass das Personal im Stehen arbeiten kann.

    Nico Neumann ist Chef der in Oberpaffenhofen sitzenden Firma Deutsche Aircraft.
    Nico Neumann ist Chef der in Oberpaffenhofen sitzenden Firma Deutsche Aircraft. Foto: Deutsche Aircraft

    Die Verantwortlichen der deutschen Fluggesellschaft Private Wings schätzen ihre neun Do328-Maschinen in der Turboprop-Ausführung. Das Unternehmen fliegt Beschäftigte des Volkswagen-Konzerns von Standort zu Standort. Werks-Shuttle heißt das im VW- und Audi-Jargon. Fußball-Mannschaften vertrauen ebenso auf Private Wings und damit die Do328-Flugzeuge. Die größte Flotte mit 21 Maschinen betreibt allerdings die U.S. Air Force. Die Flieger werden von Spezialisten der Firma Deutsche Aircraft in Amerika und bei größeren Instandsetzungen in Oberpaffenhofen im Landkreis Starnberg, dem Sitz des Unternehmens, gewartet. Die Firma kann auf große Erfahrung im Umgang mit den Maschinen verweisen, schließlich zeichnet sie für Wartung und Service von gut 150 Flugzeugen der noch aktiven Do328-Flotte verantwortlich. Die Flieger kommen, wie andere Regional-Flugzeuge mit weniger als 50 Sitzplätzen, in die Jahre. Viele der Flugzeuge müssen ersetzt werden. 

    Deutsche Aircraft will einmal 48 Flieger pro Jahr bauen

    Deutsche-Aircraft-Chef Nico Neumann und sein Team haben einen interessanten Nischenmarkt erkannt und sich entschlossen, die Do328 als D328eco wiederauferstehen zu lassen. Sie wollen einmal 48 der neuen Flieger pro Jahr bauen, die um 2,1 Meter gegenüber dem bisherigen Modell verlängert werden und so 40 statt 32 Sitzplätze bieten. „Wir sind kein Start-up, verfügen wir doch bereits über umfassende Zertifizierungen und Erfahrungen, was das Flugzeug betrifft“, sagt der 43-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion. Das Unternehmen mit derzeit rund 550 Beschäftigten besitzt die benötigten Zulassungen und auch noch alte Rümpfe der Do328, was die weitere Entwicklung bis zum Erstflug im kommenden Jahr beschleunigen dürfte. 

    So soll die D328eco einmal fliegen.
    So soll die D328eco einmal fliegen. Foto: Deutsche Aircraft

    Die ersten neuen Flugzeuge sollen ab Ende 2027 ausgeliefert werden. Woraus schöpft Neumann in wirtschaftlich angespannten Zeiten den Mut, in Deutschland ein Verkehrsflugzeug für den Weltmarkt zu bauen? Der aus dem niedersächsischen Wolfenbüttel stammende Mann überlegt nicht lange und sagt: „Irgendwo muss das Wachstum in Deutschland wieder herkommen.“ Seinen Optimismus stützt er auch auf Marktstudien, die für die kommenden Jahre eine große Nachfrage nach einem modernen Regionalflugzeug mit rund 40 Sitzen voraussagen. Der Manager glaubt: „In diesem Segment haben wir viel Kompetenz und wenig Konkurrenz.“ Dabei stimmt es ihn auch zuversichtlich, dass etwa Private Wings Interesse am Kauf der erneuerten Regional-Flieger bekundet hat. Die Verkaufskampagne sei gut angelaufen, es gebe erste Absichtserklärungen. Neumann beteuert: „Meine Erwartungen sind bereits übertroffen worden.“ 

    Wiederauflage des „Mercedes der Lüfte“

    Die Wiederauflage des einst „Mercedes der Lüfte“ genannten Fliegers findet neben Bayern in Sachsen statt. Dort wird die Produktion am Leipziger Flughafen aufgebaut. An dem neuen Standort sollen 250 bis 350 Arbeitsplätze entstehen. Der Freistaat Sachsen fördert die Ansiedlung mit 6,5 Millionen Euro. Die Deutsche Aircraft und ihre Projektpartner investieren rund 100 Millionen Euro in Leipzig. Insgesamt liegen die Aufwendungen für Entwicklung und Zulassung des neuen Fliegers bei 500 bis 700 Millionen Euro, wobei Deutschland einen Entwicklungskosten-Zuschuss von 125 Millionen Euro für die Maschine der beiden Freistaaten Bayern und Sachsen gewährt hat. Wenn sich Erfolg einstellt – und davon geht Neumann aus – müssen die Kredite zurückgezahlt werden. 

    So sieht das Cockpit des neuen Flugzeugs D328eco aus.
    So sieht das Cockpit des neuen Flugzeugs D328eco aus. Foto: Deutsche Aircraft

    Warum werden die D328eco-Flugzeuge nicht in Bayern gebaut? Das würde Ministerpräsident Markus Söder, der ein Luftfahrt-Fan ist, sicher freuen. Er will am 28. Mai bei der Vorstellung des Fliegers in Oberpfaffenhofen dabei sein. Aus Sicht Neumanns spricht vieles für Leipzig, schließlich kann dort jeden Tag rund um die Uhr geflogen werden. Die Autobahn- wie die Zuganbindung gelten ebenfalls als optimal. Und Fachkräfte sind in Leipzig leichter zu finden als in München mit seinen extrem hohen Mietpreisen.

    Die Flugzeuge werden in Leipzig gebaut

    Die ersten zwei Testflugzeuge werden in Oberpfaffenhofen gebaut, das dritte in Leipzig, wo danach auch die Serien-Produktion anläuft. In Oberpfaffenhofen verbleiben die Firmenzentrale sowie die Wartung und die Forschungsabteilung. Die Deutsche-Aircraft-Mannschaft hat sich für die Turboprop-Variante entschieden, weil sich mit der Technik auf Regionalstrecken gegenüber Jets ein Drittel CO₂ einsparen lasse. Die Do328-Neuauflage kann sowohl mit Kerosin als auch mit klimafreundlicheren synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Zudem verfolgen die Ingenieure die Entwicklungen im Wasserstoffbereich. Aktuell ist diese Technologie noch nicht ausgereift und zu teuer. Am Ende muss sich der Bau der Flugzeuge für die Deutsche Aircraft und die Betreiber rechnen. Neumann verspricht: „Mit unserem neuen Flugzeug lassen sich 30 bis 40 Prozent Treibstoff gegenüber Regional-Jets derselben Klasse einsparen.“ 

    Weil die Maschinen auf kurzen, schmalen und nicht asphaltierten Bahnen starten und landen können, eignen sie sich auch für entlegenere Regionen, etwa in Nord-Norwegen, Kanada, den USA, Afrika oder Asien. „Das steht alles auf sehr soliden Beinen“, versichert Neumann. Dazu trägt sicher bei, dass die Deutsche Aircraft zum amerikanischen Luft- und Raumfahrtkonzern Sierra Nevada Holding Company gehört, hinter dem das aus der Türkei stammende Ehepaar Fatih und Eren Ozmen steht. Die D328eco ist nicht nur ein Freistaats-Flieger, sondern auch ein deutsch-amerikanisches Projekt. Die Globalisierung lebt – Trump hin oder her. 

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