Luis Vorbach ist ein Phänomen: Ob frech, traurig, nachdenklich, beleidigt, zornig oder lustig – von einem Moment auf den anderen kann der Elfjährige ein anderes Gesicht aufsetzen. Und er macht dies so überzeugend, dass man unmittelbar mit ihm mitfühlt. Im Kino-Kinderfilm „Auf Augenhöhe“ zeigt Vorbach eindrucksvoll seine Verwandlungskunst: Denn dort spielt er den zehnjährigen Michi, der nach dem Tod seiner alleinerziehenden Mutter in einem Kinderheim lebt und durch Zufall die Adresse seines Vaters herausbekommt. Doch der ist nicht der erhoffte Held und Beschützer, sondern ein kleinwüchsiger Mann (gespielt von Jordan Prentice), der von seinem Vaterglück nichts wusste. Für Michi beginnt eine Achterbahnfahrt der Gefühle.

Bei der Verleihung des deutschen Filmpreises 2017 in Berlin wurde „Auf Augenhöhe“ als „Bester Kinderfilm“ ausgezeichnet. Als Vertreter der Filmcrew durfte der Allgäuer die Lola-Trophäe auf der Bühne des Palais am Funkturm entgegennehmen.
„Als es losging, bin ich schwitzig geworden“, erzählt der Elfjährige, den der Preis riesig freut. Denn der Konkurrent – Andreas Dresens Neuverfilmung des Kinderbuchklassikers „Timm Thaler“ – galt als Favorit. Eine Jury hatte 14 Kinderfilme für den Filmpreis ausgewählt, die Filmakademie dann daraus sechs, von denen „Timm Thaler“ und „Auf Augenhöhe“ in die Endnominierung kamen, erzählt Bettina Vorbach, die ihren Sohn nach Berlin begleitete. Für den gab es auf der Bühne kein Halten mehr. Mit den Regisseuren Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf strahlte er um die Wette.
„Luis hat unsere Erwartungen stets übertroffen. Von Tag zu Tag wurde er noch professioneller und heißer aufs Drehen.“Regisseurin Evi Goldbrunner über die Dreharbeiten zum Film „Auf Augenhöhe“
Bei der Party traf er viele Prominente wie die Schauspielerinnen Katja Riemann und ChrisTine Urspruch. Mit seinem unterlegenen Kollegen, dem Timm-Thaler-Darsteller Arved Friese, verdrückte Luis Vorbach sein Leibgericht: Curry-Wurst mit Pommes. „Mein Rekord liegt bei zehn Currywürsten in 24 Stunden“, sagt der 1,45 Meter große Allgäuer und grinst.
Durch einen Zufall kam Luis Vorbach zum Filmgeschäft: Seine Mutter hat in Neugablonz eine Modeschmuckfirma. Zu ihren Kunden zählen auch Filmleute, die bei einem Besuch 2013 den damals siebenjährigen Luis und seinen vier Jahre älteren Bruder Johannes spielen sahen. Sie luden die beiden zu einem Casting für eine kleine Rolle im Fernsehfilm „Die Gruberin“ ein. Die Rolle ergatterte Luis. Und dann purzelten die Anfragen ins Haus: 2014 spielte er in der Folge „Briefe an den Weihnachtsmann“ aus der ZDF-Reihe „Weißblaue Geschichten“ die Kinderhauptrolle. Und im gleichen Jahr ging es nach Prag. Nicht nur für Luis waren die Dreharbeiten zum ARD-Zweiteiler „Die Himmelsleiter“ ein großes Abenteuer. Seine Mutter sagte ursprünglich ab, als sie erfuhr, dass die Dreharbeiten auf 28 Tage angesetzt waren. „Für einen Siebenjährigen ist das zuviel.“

Doch Luis wollte unbedingt. Nach Gesprächen mit Regisseur Carlo Rola wagten die beiden das Projekt, bei dem Luis an der Seite von Stars wie Axel Prahl, der späteren Emmy-Preisträgerin Christiane Paul und Henning Baum die Kinder-Hauptrolle übernahm. Bei einem seiner unkonventionellen Ausflüge abseits des Drehorts entdeckte Luis Vorbach auf einem umzäunten Areal einen Panzer. „Das war cool, da musste ich natürlich rein“, erzählt er. Die Museumsaufsicht war weniger begeistert, schließlich, hätte man dafür Geld bezahlen sollen.
Dass beim Film immer nur kürzere Texteinheiten zu lernen sind, kommt Vorbach entgegen. „Texte lernen, ist nicht so mein Ding.“ Er hat keine Angst vor Neuem – was Filmschaffende freut. Für „Auf Augenhöhe“ musste er Basketball spielen. „Das kann ich nicht, aber ich kann es lernen“, sagte er den Regisseuren. Und so versenkt er im Film regelmäßig den Ball im Korb.
Ausdauer zeichnet den Allgäuer, der ein begeisterter Schwimmer ist, aus. „Das hat er durch den Sport gelernt“, sagt seine Mutter. An diesem Wochenende verteidigt er seinen schwäbischen Meistertitel im Freistil (über 800 Meter ist er auch bayerischer Vizemeister). Schmerzen scheint Vorbach keine zu kennen: Letztes Jahr passte er an der Brotschneidemaschine nicht auf und schnitt sich die Kuppe und einen Teil des Knochens des rechten Zeigefingers ab. „Schau“, sagt er. „Ist wieder nachgewachsen, ein wenig kürzer ist er jetzt halt.“
„Lieber Luis, wenn du erst etwas größer und fetter geworden bist, fresse ich dich auf. Pass bloß auf, dass du nicht vorher gefressen wirst.“Schauspielerin Suzanne von Borsodys Eintrag in Luis Vorbachs Filmtagebuch
Luis Vorbach ist hart im Nehmen und weiß sich durchzubeißen: Bei der Premierenfeier von „Fack ju Göhte II“ sah er sein Idol Elyas M’Barek umringt von Bodyguards. Er drängte sich zwischen den Muskelmännern hindurch und ergatterte ein Selfie mit dem Star. Auch Oscar-Preisträger Tom Hanks und Action-Held Dwayne Johnson (Fast & Furious, Central Intelligence) gehören zu Luis Vorbachs Vorbildern.
Ein großes Filmprojekt pro Jahr, das ist unsere Abmachung, sagt Bettina Vorbach, die ihren Sprössling stets zu den Drehabreiten begleitet. Froh ist sie, dass Cornelia Klocke-Lipinski, die Leiterin der Sophie-La-Roche-Realschule in Kaufbeuren, für die filmischen Ausflüge des Fünftklässlers Verständnis zeigt.
Letztes Jahr stand Luis Vorbach für die erste Realverfilmung des Otfried-Preußler-Klassikers „Die kleine Hexe“ mit Karoline Herfurth und Suzanne von Borsody vor der Kamera (Start: Januar 2018). Letztere spielt die Wetterhexe Rumpumpel und schrieb ihm eine Widmung in sein Filmtagebuch: „Lieber Luis, wenn du erst etwas größer und fetter geworden bist, fresse ich dich auf. Pass bloß auf, dass du nicht vorher gefressen wirst.“ Und welches Filmprojekt steht heuer an? Luis Vorbach überlegt, und sagt dann schon ganz wie ein Profi: „Ich darf noch nicht darüber reden.“