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„Männer sind auch ein bisschen schwanger“

Schwangerenberater in KF

„Männer sind auch ein bisschen schwanger“

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    Bernd Bönsch war der erste männliche Schwangerenberater  bei Donum Vitae in Bayern. Inzwischen gehören drei Männer zum Team.
    Bernd Bönsch war der erste männliche Schwangerenberater bei Donum Vitae in Bayern. Inzwischen gehören drei Männer zum Team. Foto: Mathias Wild

    Es gibt Berufe, die auch heute noch überwiegend geschlechterdominiert sind. Einer dieser Bereiche ist die Schwangerenberatung. Dort betrat Bernd Bönsch vor 14 Jahren Neuland, denn er war der erste Mann, der in Bayern bei Donum Vitae, einem bürgerlich-rechtlichen Verein mit katholischen Wurzeln, als Berater angefangen hat. Seit April dieses Jahres leitet er die Zweigstelle in Kaufbeuren.

    Wie kamen Sie dazu, als Schwangerenberater zu arbeiten?

    Schwangere Frauen seien oft überrascht, wenn ein Mann sie berät, sagt Bernd Bösch. Ablehnung habe er jedoch noch nier erfahren.
    Schwangere Frauen seien oft überrascht, wenn ein Mann sie berät, sagt Bernd Bösch. Ablehnung habe er jedoch noch nier erfahren. Foto: Alexander Kaya

    Bernd Bönsch: Ich wurde jung Vater, mit 22 Jahren, und weil meine Frau studiert hat, habe ich gearbeitet. Anfangs war ich Maler und Lackierer, später auch als Elektroinstallateur, Gärtner oder Postbote tätig. Aber ich wollte eigentlich immer mit Menschen arbeiten und habe dann über den zweiten Bildungsweg die Fachhochschulreife gemacht und später Sozialpädagogik studiert. Meine Diplomarbeit handelte von Sexualität und Tabus. Währenddessen habe ich schon als Honorarkraft bei Donum Vitae gearbeitet, danach haben sie mir einen Vollzeitjob angeboten.

    Sie waren der erste männliche Schwangerenberater bei Donum Vitae in Bayern und sind heute noch einer von sehr wenigen. Wie ist das für Sie?
    Bönsch: Damals war mir gar nicht klar, dass die Branche frauendominiert ist. Das habe ich erst über die Zeit gemerkt. Es ist herausfordernd, aber auch spannend. Ich bringe durch mein Geschlecht eine andere Perspektive rein und vermittle oft zwischen der Sicht der Frauen und der Männer, einfach weil ich die männliche Rolle kenne.

    Ich bringe durch mein Geschlecht eine andere Perspektive rein und vermittle oft zwischen der Sicht der Frauen und der Männer.Bernd Bönsch

    Was meinen Sie mit: „vermitteln zwischen den Sichtweisen“?
    Bönsch: Frauen unter sich haben eher den Blick für Frauen. Ich kenne auch die Perspektive des Vaters und versuche, sie herauszuheben. Männer werden als Väter oft unterschätzt.

    Wie reagieren Frauen, wenn Sie sie beraten?
    Bönsch: Sie sind im ersten Moment oft überrascht, wenn da ein Mann vor ihnen sitzt, aber ich habe noch nie Ablehnung erfahren. Und nach dem Gespräch sind sie noch einmal überrascht, wenn ich sie gut beraten habe.

    Fällt es Ihnen nicht schwer, sich in eine schwangere Frau hinein zu versetzen?
    Bönsch: Nein. Wir haben zwar nicht die gleichen biologischen Voraussetzungen, aber es geht bei unserer Arbeit ja um den emotionalen Raum, den wir unseren Klienten bieten, und nicht um Körperlichkeiten. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass Männer auch ein bisschen schwanger sein können, wenn sie das nah bei ihrer Partnerin miterleben.

    Sie arbeiten in Ihrem Team ausschließlich mit Frauen zusammen. Knallt es da auch mal?
    Bönsch: Selten, denn wir arbeiten ja inhaltlich miteinander. Aber durch mich werden manchmal Stereotypen aufgebrochen. Wir hatten zum Beispiel einmal einen Konflikt, als das Unterhaltsrecht geändert und das Väterrecht gestärkt wurde. Da waren meine Kolleginnen entrüstet, weil sich dadurch auch die Situation der Frau geändert hat. Ich habe das positiv gesehen, darüber haben wir diskutiert.

    Merken Sie sonst, dass die Kolleginnen wegen Ihres Geschlechts anders mit Ihnen umgehen?
    Bönsch: Manchmal sprechen sie informell miteinander und ich habe das Gefühl, außen vor zu sein. Aber das ist nicht gerade oft so.

    Die Rolle der Väter wächst, Männer haben mehr Anteil an Schwangerschaft, Geburt und Erziehung.Bernd Bönsch

    Haben Sie speziell als Mann in diesem Job etwas für sich dazu gelernt?
    Bönsch: Ja. Zum einen, dass die Welt bunter ist als ich gedacht habe. Zum anderen war ich überrascht, dass Frauen auch patriarchal auftreten und dominant sein können. Das hat mir gezeigt, dass Menschen nicht nach Geschlechtern unterschieden werden sollten, sondern nach ihrem individuellen Charakter.

    Was für ein Typ Mann sollte man für diesen Beruf sein?
    Bönsch: Männer müssen in dem Job Irritationen aushalten, also Konfrontation mit den Kolleginnen. Außerdem ist es hilfreich, kommunizieren zu können, weil sie im Team und mit den Klienten viel sprechen müssen. Da brauchen Männer eine gewisse Flexibilität. Es ist aber auch wichtig, seine Rolle zu reflektieren und seine Handlungen immer wieder zu hinterfragen.

    Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
    Bönsch: Dass unser Beruf für Männer attraktiver wird und sie mehr Lust bekommen, in diese Branche zu gehen. Denn die Rolle der Väter wächst, Männer haben mehr Anteil an Schwangerschaft, Geburt und Erziehung.

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